Profi-Fußball:Unter den Klubs herrscht gespannter Betriebsfrieden

Treffen der Fußball-Clubs in Frankfurt

Erklärt sich am Frankfurter Flughafen: Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern München.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Die Nicht-Einladung von vier Bundesligisten zum Treffen in Frankfurt zeigt Wirkung - eine inhaltliche Botschaft geht aus der Sitzung auch hervor.

Von Philipp Selldorf

Teilnehmer des Treffens im Frankfurter Airport-Club berichten, über die circa dreistündige Zusammenkunft ließen sich im Wesentlichen zwei Dinge sagen: Dass sich die Anwesenden bestens verstanden hätten, und dass der inhaltliche Erkenntnisgewinn überschaubar blieb. Am Ende beschlossen die Vertreter der 15 Bundesligavereine, die Karl-Heinz Rummenigge und seine Verbündeten zur Beratung zusammengerufen hatten, was ohnehin längst beschlossen ist: Nämlich, dass es dem Präsidium der Deutschen Fußball Liga (DFL) obliegt, die Verteilung der Einnahmen aus dem nächsten Fernsehvertrag zu regeln. Es geht dabei um Honorare für vier Spielzeiten und insgesamt 4,4 Milliarden Euro, unter besonderer Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedürfnisse und Ansprüche der 36 DFL-Anteilseigner.

All das war auch vor dem Meeting bekannt, und es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass sich mancher weit angereiste Gast fragte, warum er die Mühe auf sich genommen hatte. Aus Sicht der Veranstalter war allerdings jeder einzelne der 15 Vereinsvertreter unentbehrlich, und zwar deshalb, weil ihre Anwesenheit im Kontrast zur Abwesenheit jener Klub-Repräsentanten stehen sollte, die nicht auf der Gästeliste standen. Die Nichtgeladenen sollten daraus lernen, dass sie es mit einer geschlossenen Allianz zu tun haben.

Die Geste der Ächtung scheint ihre gewünschte Wirkung nicht verfehlt zu haben. Schon vor dem Treffen war aus dem Kreis der betroffenen vier Erstliga-Klubs, die sich vor ein paar Wochen mit eigenen Vorstellungen zur Aufteilung des TV-Geldes hervorgewagt hatten, kein Kommentar zu vernehmen. Und auch am Donnerstag haben der FC Augsburg, der VfB Stuttgart, Mainz 05 und Arminia Bielefeld keine Erklärungen zu der Sache abgegeben bzw. abgeben wollen, obwohl ihnen Rummenigge mit seiner Stellungnahme nach der Sitzung genügend Anlass geboten hatte. Unter anderem hatte der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern erklärt, das Quartett habe durch seine Sonderüberlegungen "den Solidarpakt gebrochen" sowie "den Fehdehandschuh hingeworfen".

Zeugen aus dem Kreis der beteiligten Klubs finden zwar, dass es dieser Rhetorik nicht bedurft hätte, sie wundern sich aber auch nicht darüber. Für sie war es klar, dass der FC Bayern und die anderen Liga-Größen zeigen wollten, dass es wichtigere Stimmen gibt als die aus Mainz, Augsburg, Stuttgart und Bielefeld. Rummenigge sei es "um ein mediales Zeichen gegangen", der demonstrative Vorgang mit 15 Einladungen und vier Nicht-Einladungen auch eine Form von "Symbolpolitik": Nicht um eine Konfrontation zu schaffen, sondern um die Konfrontation zu unterdrücken. Hinter dem besagten Quartett und ihrem sogenannten Impulspapier, das einen alternativen Weg zur Aufteilung der Beute vorschlägt (zu Ungunsten der Spitzenklubs), hatten sich auch zehn Zweitligaklubs versammelt. Dass Rummenigges Manöver nicht sympathisch rüberkommt, das ist einigen Teilnehmern seiner Runde allerdings auch aufgefallen. Jetzt sieht es so aus, als sei die Solidargemeinschaft der beiden Ligen durch einen hässlichen Streit ums Geld entzweit.

Ex-DFL-Funktionär Andreas Rettig erkennt "eine gewisse Pikanterie"

Dennoch herrscht einstweilen gespannter Betriebsfrieden unter den 36 Vereinen. Außer Fortuna Düsseldorfs Vorstandschef Thomas Röttgermann übte lediglich noch der ehemalige Vereins- und DFL-Funktionär Andreas Rettig Kritik an der Aktion. Hier sei die Meinungsvielfalt und -freiheit unterdrückt worden, findet er. An den Gastgeber richtete er persönliche Kritik. "Schmunzeln muss ich natürlich, wenn Herr Rummenigge sich über Geheimtreffen echauffiert oder Geheimpapiere", sagte er dem Sender "Sky", schließlich hätten die Bayern in Sachen europäischer Superliga oder in der Kirch-Krise "nicht nur geheime Gespräche geführt, sondern auch geheime Verträge abgeschlossen. Also dass jemand mit dieser Vita sich dann so aus dem Fenster lehnt, das muss ich sagen, entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie."

Jenseits von Polemik und Machtkämpfen geht aus der Sitzung eine klare Botschaft hervor: Am verabredeten Prozess wird nicht gerüttelt. Das DFL-Präsidium, dem neben den DFL-Männern Christian Seifert und Ansgar Schwenken drei Erstliga- und drei Zweitligavertreter angehören sowie der vormalige Schalke-Vorstand Peter Peters, wird seine Diskussionen über die Verteilung der Fernsehgelder fortsetzen und am 7. Dezember eine Lösung präsentieren. Es hat bisher vier Beratungen gegeben, drei weitere folgen. Aus dem Kreis des Präsidiums hat am Mittwoch auch niemand an der Sitzung im Airport-Club teilgenommen, es ist für die Delegierten der Vereine ohnehin schwierig genug, ihren Job zu machen: Einerseits müssen sie in dem Gremium ein Modell erarbeiten, das für alle 36 Klubs passt, andererseits müssen sie den Interessen ihres eigenen Klubs gerecht werden.

Logisch, dass Steffen Schneekloth als Präsident von Holstein Kiel andere Sichtweisen hat als Jan-Christian Dreesen, der Finanzchef des FC Bayern. Mit großen Reformen bei der Definition des Verteilungsweise ist im Übrigen nicht zu rechnen. Vor allem deshalb, weil weniger Geld zur Verfügung stehen wird als bisher, und weil alle Beteiligten wegen ihrer langfristigen Verpflichtungen und Kalkulationen darauf angewiesen sind, mit wenigstens ähnlichen Summen zu arbeiten wie bisher. Für eine revolutionäre Umverteilung ist angesichts der Corona-Krise nicht der richtige Zeitpunkt. So wird es zumindest in berufenen Kreisen gesehen.

Bisher hat das DFL-Präsidium immer einen einstimmigen Beschluss gefasst. Damit waren dann vielleicht nicht alle Erst- und Zweitligisten glücklich, aber sie mussten es hinnehmen. Das Präsidium bestimmt sozusagen hoheitlich darüber, was mit dem vielen Geld geschieht. Selbst Karl-Heinz Rummenigge wird es akzeptieren müssen.

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