Fußball-Transfers:Im Schwarzen Loch

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Die Affäre um den Ex-Bremer Klubchef Jürgen Born und Claudio Pizarro ist im Fußball kein Einzelfall. Der Transfermarkt ist wie der anarchische Dschungelkapitalismus.

Thomas Kistner

Auch von hier ein herzliches Dankeschön an Senora Fiorella Faré im fernen Lima, Verflossene des größten Spielervermittlers der Andenregion, Carlos Delgado. Dem lodernden Zorn der verprellten Ex verdankt der Profifußball nun erhellende Einblicke in den zentralsten Geschäftsbereich. Wobei die Branche das Licht gar nicht schätzt, weil es auf den Spielertransfermarkt fällt. Sprich: Auf ein riesiges, sehr effektiv mit der gewerbeüblichen Omertá geschütztes Korruptionsfeld.

Claudio Pizarro soll Mit-Inhaber der Spieleragentur Image sein - gemäß den Statuten ist das verboten. (Foto: Foto: ddp)

Die Bremer Affäre um anrüchige Geldtransfers zwischen Ex-Klubchef Born und Delgados Spieleragentur in Peru, die statutenwidrig in Mitbesitz von Werder-Stürmer Pizarro sein soll, ist nur eine Betriebspanne - und keineswegs ein Einzelfall, wie der Fußball das Publikum nun gern glauben machen würde. Fiorellas Geplauder stützt sich auf Tausende Seiten, da dürfte einiges zusammenkommen aus dem realen Transfergeschäftsleben - sofern nicht bald jemand einen Batzen Geld locker macht, um die Lady zu besänftigen.

Der Transfermarkt im autonomen Sport ist, was die globale Finanzwirtschaft bis vor kurzem war: Schwarzes Loch für alle Außenstehenden, in dem trickreich dies- und jenseits der Legalität operiert wird und das unfassbare Summen aufzusaugen weiß, ohne Sinn und erkennbaren Nutzwert. Wie der anarchische Dschungelkapitalismus selig zieht auch der völlig unkontrollierte Athletenhandel das Gelichter an. Immer öfter sind es Milieugrößen, die für die mehr fürs Ballspiel geschaffenen Profis als Menschenhän-, pardon: Agenten und Berater auftreten.

Mit dieser Spezies von Brokern, die gern über cash reden und pro Transfer bis zu 20 Prozent einstecken, müssen Trainer und Kluboffizielle verhandeln. Eine unabhängige Aufsichtsinstanz, der Zahlbelege oder ähnliches vorzulegen sind, hat der Fußball nicht, dafür all die schönen Offshore-Häfen dieser Welt zur Verfügung: Wer da niemals die Verführung spürte, beim Transfer selbst ein bisserl was mitzuverdienen, dürfte schon hoffnungslos naiv sein.

Hinweise, dass die Branche keineswegs naiv ist, gibt es zuhauf. Dubiose Zahlungswege werden stets erkennbar, wann immer Polizei und Steuerfahnder ins geschlossene System hineinpieksen. Auch ist die legendäre Vernetzung mancher Trainer, Manager, Klubs mit gewissen Agenten, auf deren Spielerpark sie wie fremdgesteuert zurückgreifen, recht eindeutig: Ob ein Spieler in ein Klubaufgebot passt, hat nichts mit der netten Art der Berater zu tun.

Letzteren wird das Handwerk nicht gelegt werden. Um so hilfreicher ist, dass Fiorellas Rache den Blick auf eines der Systemprobleme im Sport neben Doping, Spiel- und Wettbetrug lenkt: Die Praxis der stillen Teilhabe von Kluboffiziellen.

© SZ vom 17.03.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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