Fußball-Transfers:Das Monopoly geht weiter

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Nach der Verpflichtung von Paul Pogba durch Manchester United für offiziell "nur" 105 Millionen Euro zieht Manchester City nach - und sorgt mit 55 Millionen für Verteidiger Stones für einen englischen Rekord.

Von j. CÁCERES, Berlin

Der teuerste Transfer der bisherigen Geschichte des Weltfußballs sorgte auch am Tag nach seiner Bestätigung für Gesprächsstoff; wie hätte es auch anders sein können. Das lag allein schon daran, dass die börsennotierte Juventus Football Club S. p. A. am Dienstag in einer knappen Mitteilung mit Details zu dem Geschäft des Sommers aufwartete - und dabei ein paar Zahlen zurechtrückte.

Auf 120 Millionen Euro war der Wert des Transfers von Paul Pogba zum englischen Premier-League-Klub Manchester United von den Medien taxiert worden. Nun teilten die Italiener mit, das Volumen der Transaktion sei geringer ausgefallen. Der Preis für den 23-jährigen französischen Mittelfeldspieler habe bei lediglich 105 Millionen Euro gelegen, erfolgsabhängig könnten jedoch weitere fünf Millionen Euro fließen. Der "positive wirtschaftliche Effekt" für Juventus betrage "circa 72,6 Millionen Euro", die Juve-Aktie gab am Dienstagmittag dennoch um 0,48 Prozent nach. Andererseits: Was macht das schon, wenn das Wertpapier in den letzten sechs Monaten mehr als 20 Prozent zugelegt hatte? So oder so: Der Pogba-Transfer bleibt auch mit 105 Millionen ein Weltrekord.

Pogba, der bisher zu allem geschwiegen hatte ("aus rechtlichen Gründen", wie er nun erklärte), meldete sich am Dienstag ebenfalls zu Wort, mit rührenden und schmachtenden Worten, in denen er den Juve-Fans versicherte, sie immer in ihren Herzen tragen zu wollen: "Addio bedeutet nichts, wichtig ist die Zeit, die wir gemeinsam verbracht haben." Nun aber sei der Moment gekommen, "zurück und nach vorn zu gehen" - ein Verweis darauf, dass er schon einmal, vor vier Jahren, bei seinem neuen Klub Manchester United gespielt hatte. Auch an die United-Sympathisanten wandte er sich, in einem Interview mit dem klubeigenen Propagandasender MUTV. "Ich kann es nicht erwarten, sie glücklich zu machen", sagte er. Den Meistertitel wolle er gewinnen, das war ihm vor 2012 versagt geblieben, und "natürlich die Champions League", fügte er hinzu. Darauf wird er aber noch etwas warten müssen, United hat sich nur für die Europa League qualifiziert. Dafür freut sich Pogba auf die Zusammenarbeit mit dem neuen Trainer José Mourinho.

Der Franzose Paul Pogba (li.) ist vorerst der teuerste Fußballer der Geschichte, John Stones immerhin der bislang teuerste Brite sowie der teuerste Verteidiger. (Foto: AP, Reuters)

Nur Gutes hätten ihm sein früherer Juventus-Kollege Álvaro Morata sowie sein französischer Nationalmannschafts-Kamerad Raphael Varane (beide bei Real Madrid) über Mourinho erzählt - obwohl dieser gerade erst wieder seinen Ruf als Mobbing-Monster untermauert hatte. Vor gut einer Woche hatte Mourinho den noch immer bei Manchester United angestellten, früheren deutschen Nationalmannschaftskapitän Bastian Schweinsteiger rüde ausgemustert. Er sei sich sicher, versicherte Pogba, dass Mourinho ihn zu einem besseren Spieler und - Achtung! - "zu einem besseren Menschen machen kann". Unabhängig davon befand der frühere englische Nationalspieler und heutige TV-Experte Gary Lineker, dass der Einkauf Pogbas für die gesamte englische Premier League einen "Wendepunkt" darstelle. "Erstmals kommt ein gigantischer ausländischer Star in seiner Blüte nach England. Angesichts des Wohlstands der Premier League werden weitere Größen kommen - und nicht mehr nur zu Barça und Madrid gehen. Interessante Zeiten."

Das sind sie in der Tat, zumindest sorgen sie für eifrige Debatten, unter anderem über die Frage, ob United nun ein gutes oder schlechtes Geschäft getätigt hat. Weniger wegen der monopolyesk anmutenden Summe, die von Manchester nach Turin wanderte, sondern auch, weil Uniteds Stadtrivale Manchester City am Dienstag ebenfalls mit einem Rekordtransfer aufwartete - der dann in den einschlägigen Foren gleich in Relation zu Pogba gesetzt und in die unabwendbare Betrachtung des Duells von Mourinho und City-Trainer Pep Guardiola gesetzt wurde. Cityverpflichtete nämlich Abwehrspieler John Stones, 22, vom FC Everton, für 55 Millionen Euro. Damit ist Stones, der einen Sechsjahresvertrag unterschrieb, immerhin der teuerste innerbritische Transfer der Geschichte - und der bisher teuerste Abwehrspieler. Er ist insofern ein atypischer britischer Verteidiger, als er technisch beschlagen ist, das Spiel gut lesen und unfallfrei eröffnen kann.

Bisher haben die Vereine aus Manchester 375 Millionen für ihre Transfers ausgegeben

Mit den beiden Transfers haben die beiden Vereine aus Manchester den Umfang ihrer Transferausgaben in diesem Sommer auf 375 Millionen Euro gehoben. Manchester United holte neben Pobga den Verteidiger Éric Bailly (Villarreal/38 Millionen Euro), Zlatan Ibrahimovic (PSG/ablösefrei) sowie Henrikh Mkhitaryan (Borussia Dortmund/42 Millionen). City wiederum verpflichtete Leroy Sané (Schalke/50 Millionen), Ilkay Gündogan (Dortmund/30 Millionen), Nolito (Celta de Vigo/18 Millionen), Oleksander Zinchenko (FK Ufa/zwei Millionen), Marlos Moreno (Atlético Nacional/fünf Millionen) und Gabriel Jesús (Palmeiras/30 Millionen), der aber erst im Januar zur Verfügung stehen wird. Damit zeichnen United und City für mehr als ein Drittel aller bisherigen Premier-League-Ausgaben verantwortlich, die gemäß dem Portal transfermarkt.de bei geschätzt 915 Millionen Euro liegen. Die Bundesliga und Spaniens Primera División nagen - ebenfalls geschätzt - jeweils an der 390-Millionen-Euro-Grenze, Italiens Serie-A-Klubs haben 538 Millionen Euro in den Markt gepumpt. Klar ist schon jetzt, dass es bei diesen Summen nicht bleiben wird, das Zeitfenster, in denen Transfers getätigt werden dürfen, schließt erst am Ende des Monats. Das Monopoly geht weiter.

© SZ vom 10.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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