Fußball: Torhüter:Allein im Kasten

Es heißt, Torhüter und Linksaußen sind die mit der Macke. Und weil es kaum noch Linksaußen gibt, fallen die Torhüter umso mehr auf. Die schönsten Geschichten aus dem Tor.

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jens lehmann

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Es sind turbulente Zeiten, die Jens Lehmann in diesen kalten Dezembertagen durchlebt: Die sportliche Krise des VfB Stuttgart im Herbst 2009 konnte auch er nicht verhindern und so musste er mit ansehen, wie die Fankurve der Schwaben Trainer Markus Babbel aus dem Job hetzte.

Lehmanns lautstarke Kritik am Vorstand für die Entlassung wegen "ein paar pubertären Jugendlichen in der Kurve" beschert dem Torwart-Veteranen eine saftige Geldstrafe vom Verein. Der ehemalige Nationalkeeper weigert sich, zu bezahlen und riskiert so sogar seinen Rauswurf. Und dann ...

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... das Spiel in Mainz: Der Stuttgarter Torhüter kriegt sich mit dem Mainzer Stürmer Aristide Bancé (liegend) in die Haare. Erst rammt Bancé Lehmann, dann revanchiert sich Lehmann kurz vor Schluss mit einem satten Tritt auf Bancés Fuß - Stuttgarts Nummer eins fliegt vom Platz, Mainz gleicht per Strafstoß aus.

Lehmann scheint auch mit 40 Jahren noch nichts von seiner Unbeherrschtheit eingebüßt zu haben. Dabei ist Lehmann nun wahrlich nicht der erste Paradiesvogel seiner Zunft.

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Frantisek Planicka wird auch heute noch genannt, wenn es um die besten Torhüter aller Zeiten geht - dabei wäre seine Karriere beinahe verhindert worden. Im September 1923 war Plánicka noch Mitglied des Vereins SK Bubenec, wollte aber unbedingt für Slavia Prag spielen. Weil die Freigabe fehlte, trat er beim Spiel gegen Slovan Wien unter dem Pseudonym Frantisek Jakubek an. Die Sache flog auf, Slavia musste 300 Kronen Strafe und 800 Kronen Ablöse bezahlen.

Eine Legende wurde Plánicka indes durch seinen Einsatz im Viertelfinale der WM 1938 gegen Brasilien. Bei Stand von 1:1 brach er sich den Arm, spielte weiter und sicherte seiner Mannschaft mit zahlreichen Paraden das Unentschieden. Das Rückspiel verlor die Tschechoslowakei mit 1:2 - ohne den verletzten Plánicka.

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Der Brasilianer Paulo Maocyr Barbosa Nascimento gehörte zwar während seiner Karriere nicht zu den verrückten Vögeln - verrückt ist eher, was mit ihm nach einem verlorenen Spiel passierte. Es war bei der WM 1950, die brasilianische Nationalelf unterlag in der Finalrunde überraschend gegen Uruguay. Barbosa wurde die Schuld am Siegtreffer durch Alcides Ghiggia gegeben, er galt noch Jahre später in Brasilien als Persona non grata.

So soll bei der WM 1994 der damalige Nationaltrainer Carlos Alberto Parreira seinem Torhüter Claudio Taffarel verboten haben, Kontakt zu Barbosa zu haben. Beim WM-Spiel gegen Uruguay verwies ihn ein brasilianischer Funkionär des Stadions mit den Worten: "Schafft ihn fort, er bringt nur Pech!" Barbosa kommentierte sein Schicksal so: "In Brasilien sieht das Gesetz 30 Jahre Haft für einen Mord vor. Es ist weit mehr als diese Zeit seit dem Finale von 1950 vergangen und ich fühle mich noch immer eingekerkert."

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Es könnte damit zu tun haben, dass sein Vater ein berühmter Folkloresänger war - anders ist die musikalische Karriere des Petar Radenkovic ("Bin i Radi, bin i König") kaum zu erklären.

Als Torwart wurde Radenkovic nicht nur wegen seiner Paraden und Erfolge (1964 DFB-Pokalsieger, 1965 Endspielteilnahme am Europapokal der Pokalsieger und 1966 Deutscher Meister mit 1860 München) bekannt, sondern wegen seiner Ausflüge bis die gegnerische Spielhälfte hinein. Als Sänger prägte er einen Satz, den sich vor allem Torhüter zu Herzen nehmen sollten: "Steh ich so im Tor, kommt mir manchmal vor: Leute nehmen Spiel zu ernst, haben nicht Humor."

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Die "Katze von Anzing" war einer der besten Torhüter aller Zeiten - vor allem aber war Sepp Maier ein verrückter Vogel. Er jagte auf dem Spielfeld einer Ente hinterher oder gab bei Mannschaftsabenden eine Interpretation von Karl Valentin zum Besten - und prägte immer wieder genialische Sprüche. Eine Auswahl:

"Der Junghans wird bei uns noch zum Althans." (über Ersatzkeeper Walter Junghans)

"Bin i Radi, bin i Depp - König ist der Maier-Sepp!" (eine Persiflage auf das Lied "Bin i Radi, bin i König").

"Ein Torwart muss Ruhe ausstrahlen. Aber auch aufpassen, dass er dabei nicht einschläft."

"Morgens um sieben ist die Welt noch in Dortmund ..."

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Der Mann, der sich da gerade waagerecht in die Luft legt, ist René Higuita. Beim Freundschaftsspiel zwischen Kolumbien und England am 6. September 1995 im Wembley-Stadion zeigte er eine der spektakulärsten Paraden der Fußballgeschichte. Er fing den Ball nicht, sondern wehrte ihn mit einen "Scorpion Kick" ab. Legendär waren auch seine Ausflüge außerhalb des Strafraums - einen davon startete er während des Achtelfinales bei der WM 1990 gegen Kamerun. Mit der Hacke wollte El Loco (der Verrückte) den Ball an Roger Milla vorbeispielen - doch der stibitzte das Spielgerät und schob es ins leere Tor.

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Jorge Campos (im Bild bei der WM 1998 beim Spiel gegen Deutschland) war offiziell Torhüter - doch er selbst sah sich vielmehr als Allrounder und Stürmer. "Ein Torhüter muss Tore verhindern, ein Stürmer welche schießen - ich kann beides", sagte der Mexikaner einmal. Im Laufe seiner Karriere schoss er 38 Tore - und zwar keine Elfmeter oder Freistöße wie andere Torhüter, sondern Treffer aus dem Spiel heraus.

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Nein, das ist keine Fotomontage, das ist José Luis Chilavert bei einem Freistoß während der WM 2002. Der Paraguayer war nicht nur einer der besten Torhüter seiner Zeit - 1998 etwa wurde er zum "Welttorhüter des Jahres" gewählt - sondern auch formidabler Freistoßschütze. Mehr als 60 Tore erzielte er für seine Vereine - und in 74 Spielen für die paraguayische Nationalelf schaffte er acht Treffer. Bei der WM 1998 schoss er beim Gruppenspiel gegen Bulgarien einen Freistoß an die Latte - es wäre das erste Feldtor eines Torwarts bei einer Weltmeisterschaft gewesen. Legendär war auch seine jahrelang andauernde Feindschaft mit dem Argentinier Martín Palermo - die so weit ging, dass bei den Spielen der beiden gegeneinander keine Wetten auf mögliche rote Karten angenommen wurden.

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Uli Stein war einer der besten deutschen Torhüter - er absolvierte dennoch nur sechs Länderspiele und kam bei keinem großen Turnier zum Einsatz. Das könnte an den wilden Aktionen des Torwarts gelegen haben. Während der WM 1986 bezeichnete er Bundestrainer Franz Beckenbauer als "Suppenkasper" und wurde nach Hause geschickt. Beim DFB-Pokal-Spiel 1986 seines Hamburger SV beim FC Augsburg zeigte er den Zuschauern den Stinkefinger und beim Supercup-Spiel gegen Bayern München streckte er Jürgen Wegmann, der gerade ein Tor erzielt hatte, mit einer rechten Gerade nieder (Bild).

Legendär war auch sein Auftritt am ersten Spieltag der Saison 1988/89. Saisonübergreifend war Stein auf dem Weg, den Rekord für die meisten Minuten ohne Gegentor zu brechen - als er einen Treffer kassierte und sich daraufhin an die Werbebande lehnte und nicht ins Tor zurückkehren wollte. Schiedsrichter Wittke gab ihm die gelbe Karte, Stein applaudierte höhnisch - und wurde vom Platz gestellt.

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Das ist Harald Schumacher, auch bekannt als "Toni" oder "Tünn". In Erinnerung geblieben sind nicht nur Paraden und Erfolge, sondern vor allem jene Szene beim WM-Halbfinalspiel 1982 zwischen Deutschland und Frankreich. Schumacher rannte Patrick Battiston um, der sich einen Wirbel brach und zwei Zähne verlor. Schumachers Reaktion nach dem Spiel: "Ich zahl dem die Jacketkronen." Später entschuldigte sich Schumacher bei Battistion, der diese auch annahm.

Schumacher war aber auch zur Selbstironie fähig, über seine Leistung beim WM-Finale 1986 gegen Argentinien sagte er: "Ich hab gehalten wie 'ne Wurst!"

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Ein bunter Vogel der Bundesliga war auch Tomislav Piplica, der von 1998 bis 2009 für Energie Cottbus spielte. Bekannt wurde er durch Ausflüge außerhalb des Strafraums, zwei verschiedene Autogrammkarten (mit verschiedenen Frisuren) - und natürlich wegen eines der kuriosesten Eigentore der Bundesliga-Geschichte. Eine Bogenlampe eines Gladbacher Spielers prallte an Piplicas Kopf und von dort ins Tor. Für diese Aktion wurde er mit dem "Raab der Woche" ausgezeichnet - und dass er den Preis selbst in der Sendung "TV Total" abholte, zeigt die Selbstironie von Piplica.

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In der Saison 2007/08 sorgte Bremens Torwart Tim Wiese mit diesem "Kung-Fu-Tritt" gegen Hamburgs Ivica Olic für viele Diskussionen. Wiese gilt als einer der wenigen Torhüter, die nicht nur sportlich, sondern auch emotional die Nachfolge von Oliver Kahn antreten können. A propos Kahn:

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Das Torwartduell um den Stammplatz bei der WM 2006 hatte Lehmann gegen Oliver Kahn zwar gewonnen, nicht aber das Duell um die meisten Auffälligkeiten auf dem Spielfeld. Der "Titan" war zu seiner aktiven Zeit berüchtigt für seine Ausraster. 2007 schüttelte er den Schalker Sören Larsen mächtig durch, ...

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... 1998/99 knabberte er am Hals seines Dortmunder Gegenspielers Heiko Herrlich, und ...

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... im selben Spiel attackierte er mit gestrecktem Bein die Gesundheit von Stéphane Chapuisat.

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Aachens Sascha Rösler war nicht der Einzige, der von Kahn am Schopfe gepackt wurde. Auch Thomas Brdaric und sogar der ehemalige Mitspieler Andreas Herzog können etwas über die Fingerkraft des langjährigen Bayern-Keepers erzählen.

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Manchmal streiten die Torhüter auch untereinander: Nach einer Rangelei beim Elfmeterschießen zwischen dem Rostocker Torwart Mathias Schober (2.v.r.) und dem Offenbacher Torwart Sead Ramovic (r.) und dem Platzverweis für Ramovic im DFB-Pokal im Jahr 2005 gab es viele Proteste.

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Aber Jens Lehmann muss auch da die Konkurrenz nicht scheuen, er gehört zu den Torhütern mit den meisten Ausrastern. Das erfuhr Mitspieler Khalid Bouhlarouz (r.) im vergangenen Jahr im Uefa-Pokal-Spiel gegen Zenit St. Petersburg, als Lehmann nach einer Torchance auf ihn zustürmte, um ihm das Stirnband vom Kopf zu reißen.

Vielleicht sollte Lehmann mal das Lied von Petar Radenkovic und vor allem die Textzeile hören: "Steh ich so im Tor, kommt mir manchmal vor: Leute nehmen Spiel zu ernst, haben nicht Humor."

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