Timo Werner bei RB:Die WM zu Gast in Leipzig

Timo Werner bei RB: Zurück in Leipzig: Timo Werner.

Zurück in Leipzig: Timo Werner.

(Foto: Roger Petzsche/Imago)

Ein Schwabe, der nach Sachsen heimkehrt, um von da nach Katar aufzubrechen - das ist die Geschichte von Timo Werner. Sie steht auch stellvertretend dafür, wie die nahende Winter-WM den Transfermarkt beeinflusst.

Von Christof Kneer

Zum Beispiel habe sich sein Englisch verbessert, hat Timo Werner geantwortet, als am Mittwoch jemand wissen wollte, was er in den zwei Jahren in England gelernt habe. Vor Wechseln ins Ausland sagen Spieler ja oft, dass sie eine neue Sprache lernen wollen, was meist nur ein Code ist für "ich will übrigens viel mehr Geld verdienen". So gesehen, fällt der Wechsel des Fußballspielers Timo Werner vom FC Chelsea zu RB Leipzig völlig aus dem Rahmen.

Nach allem, was zu hören ist, wird Werner in Leipzig deutlich weniger Gage erhalten als zuvor in London, und die Sprache, die vom Vorgesetzten am neuen Ort gepflegt wird, kann er eh schon. "Wir sind ja beide Schwaben, da können wir uns also schon mal verständigen", sagte Werner über den Trainer Domenico Tedesco, den er ebenso wie den Assistenztrainer Andreas Hinkel aus seinen Jugendfußballertagen beim VfB Stuttgart kennt.

Ein Schwabe, der nach Sachsen heimkehrt, um von da nach Katar aufzubrechen, das ist im Grunde die Geschichte, in der aber auch ein Mann aus Bammental/Nordbaden eine Hauptrolle spielt. Hansi Flick habe die Idee, nach Leipzig zurückzukehren, "sehr gut" gefunden, räumte Werner bei seiner Präsentation am Mittwoch ein. Was er nicht sagte, was man sich aber gefahrlos dazu denken darf: dass der Bundestrainer für diese Entscheidung - mindestens - ebenso wichtig war wie der Vereinstrainer Tedesco.

Der Grund, warum Werner wechselt, ist auch der Grund, warum Nkunku und Olmo bleiben

Es gab noch nie eine WM in Katar, das ist das eine, aber es gab auch noch nie eine WM im November/Dezember, und immer mehr lässt sich erkennen, welche Auswirkungen das auf die internationalen Märkte hat. Zahlreiche Transferbewegungen und Nichtbewegungen werden von diesem Termin beeinflusst: Spieler wie Werner, die sich sonst vielleicht noch eine Saison Zeit gegeben hätten, verlassen ihre Vereine, weil sie maximal noch zweieinhalb Monate haben, um ihre Nationaltrainer zu überzeugen.

Timo Werner bei RB: Bei Paris Saint-Germain nicht mehr wirklich berücksichtigt: Julian Draxler und Thilo Kehrer (rechts) dürften den französischen Klub verlassen wollen.

Bei Paris Saint-Germain nicht mehr wirklich berücksichtigt: Julian Draxler und Thilo Kehrer (rechts) dürften den französischen Klub verlassen wollen.

(Foto: Guido Kirchner/dpa)

Ähnliche Gedankengänge sind von den DFB-Kollegen Thilo Kehrer und Julian Draxler überliefert, für die Paris Saint-Germain erklärtermaßen keine Verwendung mehr hat; Kehrer, so ist zu hören, könnte bei West Ham United Unterschlupf finden. Selbst der große Cristiano Ronaldo sucht nicht nur deshalb einen neuen Klub, weil Manchester United ohne Champions League selbstverständlich mehrere Sixpacks unter seiner Würde ist. Für die WM braucht auch Ronaldo Praxis und Flow, und das idealerweise bei einem Verein, der sich dieser fantastischen Idee unterordnet.

Auf diese Weise ist die WM auch in Leipzig, an Timo Werners altem, neuen Ort, täglich präsent, auch in der umgekehrten Logik. So haben sich der Spanier Dani Olmo und der Franzose Christopher Nkunku leichter überzeugen lassen, die aktuelle Saison bei RB zu verbringen, weil ihnen die dort garantierte Spielpraxis in die WM-Aufgebote ihrer Länder verhelfen dürfte.

Er wolle niemandem dem Platz streitig machen und keine Hierarchien zerstören, sagt Werner

Zu dritt könnten sie nun eine aufregende Leipziger WM-Offensive bilden, mit einer Rollenverteilung allerdings, die sich bei den Profilen der Spieler nicht von selbst ergibt und die dem Trainer Tedesco noch ein paar Tüfteleien abverlangen dürfte. Das Projekt dürfte immerhin dadurch erleichtert werden, dass Werner kein Ronaldo ist, der Gehorsam, Opferbereitschaft und die tägliche Politur seines Denkmals verlangt. Er wolle niemandem dem Platz streitig machen und keine Hierarchien zerstören, sagte Werner, "so war ich nicht und so will ich auch nicht sein". Schließlich habe er in seiner ersten Leipziger Zeit ausgezeichnet mit Nkunku harmoniert, "ich habe ihm ein paar Tore aufgelegt und er mir gefühlt alle meine Treffer. Das kann alles funktionieren".

Dem Bundestrainer Flick dürfte Werners Auftritt am Mittwoch schon mal gefallen haben. Zumindest auf dem Podium gelang es dem als sensibel bekannten Stürmer auf unspektakuläre Weise, selbstbewusst und selbstkritisch zu wirken. "Mit nun 26 Jahren weiß ich, dass Trainingsarbeit eine höhere Priorität hat", sagte er über die Zeit in Chelsea, in der ihn der anspruchsvolle Trainer Thomas Tuchel maximal gefordert hat. Werner bestand am Mittwoch darauf, dass sein erstes Jahr in England deutlich besser war, als die Geschichtsschreibung das notiert, aber das zweite Jahr hat er keinesfalls schöngeredet. Da war er mit ulkiger Chancenverwertung aufgefallen und einem "Rekord in VAR-Entscheidungen gegen mich"; diesen Rekord, meint Werner, werde "auch so schnell niemand brechen".

Wenn es nach ihm, Timo Werner, geht, wäre er am Samstag schon bereit, im Heimspiel gegen Köln. Er hat keine Zeit zu verschenken. Bald ist WM.

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