Fußball:Supermario ganz brav - und nett

Mario Balotelli training session with OGC Nice

Guter Laune: Mario Balotelli (links) scherzt mit seinem neuen Teamkollegen in Nizza, Dante.

(Foto: dpa)

Nach vier vergeudeten Jahren landet Mario Balotelli bei Lucien Favre in Nizza und gibt sich lammfromm. Nur sein Berater wettert heftig gegen Jürgen Klopp.

Von Filippo Cataldo

Mario Balotelli hätte es schlimmer treffen können. Wolverhampton, englische zweite Liga. Oder Port Vale, auch England, aber noch eine Liga tiefer. Auch der US Palermo, obwohl italienische erste Liga: nicht unbedingt reizvoll. Chronisch klamm, chronisch in der Krise, chronische Trainer- und Ideenwechsel. Stattdessen: OGC Nizza, erweiterte Spitze in Frankreich, schönes Stadion in einer schönen Stadt mit lebendigem Nachtleben, Europa League, netter, guter Trainer und der fröhlichste Fußballspieler des Planeten als Mannschaftskollege. Wenn Lucien Favre und Dante nun Balotelli nicht wieder hinkriegen, dann niemand mehr.

"Ciao Nizza, Garibaldi schickt mich", lautete der erste Gruß an seine neue Mannschaft vom vielleicht überschätztesten, vielleicht auch großartigsten, auf jeden Fall aber lautesten und sich selbst am meisten im Weg stehenden Mittelstürmer unserer Zeit. Balotelli, 26, hat Abitur; dass Giuseppe Garibaldi aus Nizza stammt, hätte er aber wahrscheinlich auch so gewusst.

In all seiner üblichen Balotelli-Großmauligkeit war es doch auch ein nettes Bild: So, wie Garibaldi einst aus Nizza zog, um zum Helden zweier Welten, zum Freiheitskämpfer in Südamerika und zum Einiger Italiens zu werden, kommt Balotelli nun an die Côte d'Azur, um sich selbst zu befreien - nach vier Jahren, die für alle Beteiligten enttäuschend und ernüchternd verliefen: bei Manchester City (eine Titelseite im Time Magazine, ein paar Tore, viele Skandale), Milan (einige Tore, ein paar Skandale), Liverpool (keine Tore, wenige Skandälchen) und wieder Milan (keine Tore, viele Verletzungen).

Die italienischen Reporter ignoriert er bei seiner Vorstellung

"Ich bin kein Risiko. Ich denke, dass dieses Jahr sehr gut werden wird", sagte er nach seiner Ankunft. Und dann noch: "Ich hatte andere Angebote, auch von Titelkandidaten, aber dieses Projekt hat mir gefallen. Die Verantwortlichen glauben an mich. Der Fußball hat mir gefehlt, und um glücklich zu sein, brauche ich den Fußball und meine Tochter."

Die italienischen Reporter ignorierte Balotelli bei seiner Vorstellung in Nizza weitgehend, ansonsten aber waren seine Antworten von ausgesucht leichter Höflichkeit. Beim anschließenden Training lachte er, der selbst beim Torjubel am liebsten die Lippen zusammenpresst, viel mit seinen neuen Mannschaftskollegen herum, allen voran natürlich mit Dante, dem fröhlichsten Fußballer der Welt. Supermario ganz brav und nett - dass man das noch erleben durfte!

"Klopp ist nicht korrekt gewesen"

Für das Getöse sorgte dann aber wenig später Balotellis Berater Mino Raiola. Und zwar richtig. Jürgen Klopp nämlich, der Balotelli im Juli unmissverständlich mitgeteilt hatte, dass der keine Zukunft mehr in Liverpool haben werde, habe sich benommen wie ein "Stück Sch...", teilte er der Gazzetta dello Sport mit. Man muss davon ausgehen, dass Raiola die fehlenden Buchstaben durchaus ausgesprochen hat während des Gesprächs, der Mann flucht gerne. Einmal in Rage, zweifelte Raiola auch Klopps fachliche Fähigkeiten an. "Am Ende hat die Liverpool-Führung zugegeben, dass Klopp nicht korrekt gewesen ist. Ich beurteile ihn nicht als Trainer, auch wenn er für mich kein großer Trainer ist, aber mir scheint, dass ihm nicht klar war, dass wir uns da über einen Menschen unterhalten haben. Mario hat sich vorbildlich verhalten. hat sich nie beklagt, allein zu trainieren. Dass Klopp nicht korrekt war, ist noch untertrieben."

Man wüsste natürlich allzu gern, ob Balotelli genauso denkt. Grundsätzlich pflegen der mächtige niederländisch-italienische Spielerberater und er seit jeher eine ähnlich symbiotische Beziehung, wie sie Raiola sonst nur mit seinem Super-Kumpel Zlatan Ibrahimovic hat. Vielleicht hat sich Balotelli aber auch tatsächlich geändert. Von ihm gab es in den vergangenen Wochen tatsächlich kein böses Wort in Richtung Klopp. Nur noch Raiola toben zu lassen und selbst Tore zu schießen, wäre schon mal ein guter Anfang für den vielleicht letzten Neustart seiner Karriere.

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