Fußball: Supercup:WM-Loch? Welches WM-Loch?

Der FC Bayern gewinnt mit einer überzeugenden Leistung den Supercup gegen Schalke 04 - und die Erkenntnis, dass die WM-Teilnehmer ihre Form mit nach München gebracht haben.

Jürgen Schmieder

Sollte sich Louis van Gaal nach seiner erfolgreichen Trainerkarriere dazu entschließen, ein Buch über Fußball zu schreiben, dann wird der Spielzug, den der FC Bayern in der 74. Minute des Supercups gegen Schalke 04 inszenierte, im Kapitel "Mein perfekter Angriff" vorkommen. Zwei Minuten lang passten sich die Münchner Spieler den Ball zu, dann spielte Danijel Pranjic steil auf Mirsolav Klose. Der gewann das Laufduell gegen den herauseilenden Manuel Neuer und spitzelte das Spielgerät zu Thomas Müller, der zum 1:0 einschob. Weil Klose sechs Minuten später das 2:0 erzielte, sicherte sich der FC Bayern den ersten Titel der neuen Spielzeit.

Fußball: Supercup: Nur kurz am Boden: Thomas Müller beim Spiel des FC Bayern gegen Schalke 04.

Nur kurz am Boden: Thomas Müller beim Spiel des FC Bayern gegen Schalke 04.

(Foto: APN)

Beide Trainer hatten vor der Partie in Augsburg nicht so recht gewusst, was sie halten sollten von dieser Veranstaltung. Louis van Gaal erklärte zwar, dass er diesen ersten Titel der Saison gerne gewinnen würde, er jedoch eigentlich lieber in München am Feinschliff für die kommende Spielzeit arbeiten würde. Auch als Generalprobe wollte er die Begegnung mit Schalke nicht betrachten, die absolviert der FC Bayern am kommenden Freitag gegen Real Madrid.

Das Computerprogramm "ImpSoccer 3D" hatte van Gaal die Aufstellung eingeflüstert. "Früher musste ich mit dem Auge entscheiden", sagte van Gaal, "heute weiß ich alles über Schnelligkeit, Fitness und so weiter vom Computer." Aufgrund der berechneten Werte hat er festgelegt, wer fit genug ist für dieses Spiel - und weil im Supercup im Gegensatz zu Freundschaftsspielen nur drei Mal gewechselt werden darf, ergab die Auswertung für Spieler wie Mark van Bommel, Mario Gomez oder Frack Ribéry, dass sie nicht in Augsburg spielen durften, sondern am Sonntag ran müssen bei einem Benefizspiel gegen Wintersportler wie Felix Neureuther und Georg Hackl oder ehemalige Kicker wie Lothar Matthäus.

Auf Schalke brauchte Felix Magath vor dem Spiel keinen Computer, um zu wissen, dass er in diesem Spiel Raúl präsentieren musste, den prominenten Zugang von Real Madrid - zum einen, weil sich der Spanier einspielen sollte mit den neuen Kollegen; zum anderen, weil Magath die stärkste Elf aufbieten wollte, um den Supercup zu holen.

"Es wird Zeit, dass dieser Pokal nach Schalke kommt. Wir sind sehr gut drauf und gut für den Supercup vorbereitet", hatte Magath vor dem Spiel gesagt und darauf verwiesen, dass seine Mannschaft schon länger zusammen trainiere als die Akteure des FC Bayern: "Diesen Vorteil wollen wir nutzen", hatte Magath gesagt, aber wie van Gaal erklärt, dass er gegen eine Trainingseinheit anstatt des Spiels auch wenig einzuwenden gehabt hätte.

Dem FC Bayern war zu Beginn der Partie anzumerken, dass sich die Elf in einer schwierigen Phase der Vorbereitung befindet, dass sie allerdings aufgrund des Fehlens prägender Zugänge derart eingespielt ist, um auch ohne zahlreiche gemeinsame Übungseinheitenschöne Angriffe zu inszenieren. Die Elf von Felix Magath bewies in der Defensive, dass Zugänge wie Christoph Metzelder bereits formidabel integriert sind und nur wenige Gelegenheiten zulässt - und dass sie bereits gelernt hat, wie Raúl in Szene zu setzen ist.

WM-Teilnehmer in Form

Nach sechs Minuten präsentierte der spanische Angreifer einen Laufweg, den die Anhänger von Real Madrid wohl im Schlaf beschreiben können, der Münchner Verteidiger Martin Demichelis offenbar nicht einmal, wenn er wach ist. Raúl ließ sich im Mittelfeld anspielen und rückte dann schnell in den Strafraum, um eine Flanke von Per Kluge zu erwarten. Demichelis gab den erstaunten Zuseher beim Kopfball, der knapp am Tor vorbeihüpfte. Wenige Minuten später lief Thomas Müller allein auf das Tor von Manuel Neuer zu, musste jedoch erkennen, dass die Sprinterfähigkeiten der Schalker Verteidiger schon stärker ausgebildet sind als die eigenen nach drei Wochen Pause.

DFL-Supercup - Bayern München - FC Schalke 04

Das 1:0: Miroslav Klose legt den Ball auf Thomas Büller, der nur noch einzuschieben braucht.

(Foto: dpa)

Nach diesen beiden Gelegenheiten legten beide Teams eine spielerische Pause ein, die bis zur Halbzeit dauern sollte. Alle 20 Feldspieler versuchten, mindestens einen Fehlpass zu spielen, was jedem einzelnen gelang. Die Anzahl der intensiv geführten Zweikämpfe (geschätzte drei) wurde nur unterboten von der Anzahl der Torschüsse (geschätzte null). In diesem Moment dürften sich Felix Magath und Louis van Gaal gewünscht haben, wieder auf dem jeweiligen Trainingsgelände zu sein und die Spieler zu Strafrunden schicken zu können.

Die zweite Halbzeit begann ähnlich flott wie der erste Durchgang. Zuerst spielte Bastian Schweinsteiger steil auf Klose, der drehte sich geschickt um seinen Gegenspieler und schoss den Ball an den Pfosten (50.). Nur eine Minute später gab Demichelis gegen Raúl erneut den staunenden Begleiter, Torhüter Thomas Kraft konnte den Kopfball des Spaniers jedoch parieren.

In dieser Halbzeit verzichteten beide Mannschaften auf die kreative Pause, sondern zeigten eine sehenswerte Partie mit schönen Angriffen, jedoch ohne allzuviele Torchancen herauszuspielen. Schalkes Chancen resultierten aus den Fehlern der Münchner bei Standardsituationen (62., 66., 71.), die Gelegenheiten des FC Bayern entstanden, wenn die Akteure nicht kontrolliert quer, sondern mutig und schnell nach vorne spielte. Bei der besten Chance drang Philipp Lahm nach Zuspiel von Altintop in den Strafraum ein, seine Hereingabe fing Neuer vor dem einschussbereiten Klose ab (68.).

Kurz darauf fiel der Treffer, den Louis van Gaal begeistert in sein Lexikon aufnahm - und kurze Zeit später gab es noch einen Angriff, den van Gaal gerne in sein Buch aufnehmen wird: Lahm spielte auf Ivica Olic, der Kroate vollführte zunächst geschätzte acht Übersteiger und spielte dann auf Klose, der den Ball nur noch ins Tor schieben musste.

"Man hat gemerkt, dass Schalke in der zweiten Halbzeit müde wurde", sagte Bastian Schweinsteiger nach dem Spiel. "Bei uns hat man gesehen, dass wir im Urlaub nicht allzu viel verloren haben." Miroslav Klose ergänzte: "Die Leistung überrascht mich nicht, weil wir schon aus dem Vorjahr eingespielt sind - auch im Training läuft der Ball sehr gut."

Der FC Bayern gewann das Spiel mit 2:0 und dazu die Erkenntnis, dass sich die WM-Teilnehmer Schweinsteiger, Lahm, Müller und Klose keineswegs in einem Loch befinden. Felix Magath dagegen musste einsehen, dass seine Mannschaft trotz der vielen Trainingseinheiten nicht eingespielt genug ist, um die Münchner ernsthaft in Verlegenheit zu bringen.

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