Fußball - Stuttgart:VfB-Chaos: Vogt will Wahl verschieben

Baden-Württemberg
VfB-Präsident Claus Vogt nimmt an einer Pressekonferenz teil. Foto: Tom Weller/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Stuttgart (dpa/lsw) - Der Machtkampf des VfB Stuttgart erreicht die nächste Stufe. Im Alleingang strebt Präsident Claus Vogt angesichts der noch nicht aufgeklärten Datenaffäre an, die für den Frühling geplante Mitgliederversammlung um knapp ein halbes Jahr zu verschieben. Seine Präsidiumskollegen stellen sich ihm in den Weg.

Vogt kündigte am Mittwochvormittag an, die für den 18. März geplante Veranstaltung "im Interesse des Vereins" nicht einzuberufen. Er hält es für richtig, die Wahl des Präsidenten auf die nächste Mitgliederversammlung am 5. September zu legen. Der Führungsstreit beim VfB würde sich damit noch lange hinziehen. Zu lange in den Augen der weiteren Präsidiumsmitglieder Bernd Gaiser und Rainer Mutschler: "Ein Fortdauern des aktuellen Zustandes bis September halten wir gegenüber dem Verein für nicht zumutbar", erklärten sie am Abend.

Es sei "Fakt, dass das Präsidium am 2. November 2020 einstimmig einen Beschluss zur Durchführung der nachzuholenden Mitgliederversammlung 2020 am 18. März 2021 gefasst hat", schreibt das Duo. "Eine der akzeptierten Optionen war eine digitale Veranstaltung. Dieser Beschluss ist bindend und wurde von allen Mitgliedern des Präsidiums seitdem in zahlreichen Vorbereitungssitzungen bestätigt." Über diese Beschlussfassung könne sich "niemand, auch nicht der Präsident, hinwegsetzen, ohne gegen die Satzung zu verstoßen".

In einem acht Seiten langen Brief hatte Vogt zuvor ausführlich Stellung genommen und eingeräumt, dass seine Entscheidung "ungewöhnlich" sei. Insbesondere deswegen, weil sie "gegen den erklärten Willen meiner beiden weiteren Präsidiumsmitglieder erfolgt". Mit den beiden Schreiben nehmen die Turbulenzen im Umfeld des Erstliga-Rückkehrers weiter zu. Im Vorfeld des wichtigen Heimspiels am Freitag (20.30 Uhr/DAZN) gegen den FSV Mainz 05 führen wieder mal Schritte der Führungsebene zu Diskussionen.

Vogts Interesse ist es, beim schwäbischen Traditionsverein im Amt zu bleiben. Vorstandschef Thomas Hitzlsperger hatte sich klar gegen ihn positioniert und mit seiner Bewerbung für den Präsidentenposten dargelegt, dass er ihn loswerden will. Vogt zeigte sich wie Hitzlsperger zuletzt zwar in den Stadien. Öffentlich geäußert hatte er sich seit seinem Konter auf die harsche Kritik des früheren Nationalspielers an Silvester bis zu diesem Mittwoch aber nicht mehr. Drei Tage nachdem sich sein Widersacher Hitzlsperger in einer extra einberufenen Pressekonferenz gegen Kritik gewehrt hatte, zeichnete Vogt nun ein düsteres Bild der Unruhen beim VfB.

"Ich befürchte, wir befinden uns in der größten internen Krise, die dieser Verein in seiner auch in der Vergangenheit lebhaften Geschichte erlebt hat", schrieb er. Es sei Druck auf ihn ausgeübt worden, die Mitgliederversammlung früh einzuberufen und damit eine "quasi unwiderrufliche Festlegung" zu treffen. Deswegen erwarte er nun "hohe Schadensersatzforderungen", schrieb Vogt.

Gaiser und Mutschler wollten auf "die Vielzahl" vom Präsidenten vorgebrachten Vorwürfe nicht weiter eingehen. Es bestehe aber "seit geraumer Zeit" ein "Dissens" zwischen Vogt auf der einen und den weiteren Präsidiumsmitgliedern auf der anderen Seite - "auch schon deutlich vor dem Aufkommen der Datenaffäre im vergangenen Oktober".

Schon von Fanseiten waren zuletzt die Rufe lauter geworden, die Mitgliederversammlung zu verschieben. Vogt begründete seinen Beschluss zum einen damit, dass eine digitale Veranstaltung nicht die "offene, transparente, direkte und ehrliche Kommunikation" wie eine Präsenzveranstaltung ermögliche. Er erinnerte dabei an das Desaster im Sommer 2019 rund um seinen Vorgänger Wolfgang Dietrich, als eine WLAN-Panne zum Abbruch der Mitgliederversammlung führte.

Zum anderen argumentiert Vogt mit der Datenaffäre. Der Club soll in der Vergangenheit wiederholt Mitgliederdaten weitergegeben haben. Der Abschlussbericht der Kanzlei Esecon, die mit der Aufklärung beauftragt ist, wird für Anfang Februar erwartet. Vogt fürchtet, dass die rechtliche Bewertung des Abschlussberichts aber frühestens kurz vor dem 18. März erfolgen könnte.

Ursprünglich sollte die Mitgliederversammlung im vergangenen Herbst veranstaltet werden, die Corona-Krise ließ dies aber nicht zu. Nach den Bewerbungen von Vogt, Hitzlsperger und von Unternehmer Volker Zeh aus dem Remstal kündigte der Vereinsbeirat an, dass ein Personaldienstleister weitere Kandidaten suchen soll. Wer vom Vereinsbeirat zur Wahl zugelassen wird, steht noch gar nicht fest.

© dpa-infocom, dpa:210127-99-196471/3

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