Fußball:Slapstick in Belek

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Im Blickpunkt: Die Referees bei den Testspielen in der Türkei. (Foto: Thomas Eisenhuth/dpa)

Mutmaßliche Wettbetrüger beschäftigen erneut den deutschen Fußball. Diesmal geht es um einen möglichen Betrug bei einem Testspiel.

Mutmaßliche Wettbetrüger beschäftigen erneut den deutschen Fußball - und wieder ist die türkische Riviera der Schauplatz. Vier Jahre nach einem offenkundig verschobenen Testspiel von Werder Bremen im Winter-Trainingslager in Belek ist nun das Testspiel zwischen dem Fußball-Drittligisten SV Wehen Wiesbaden und der Reserve von Borussia Mönchengladbach (3:1) ins Visier der Ermittler geraten. Vor dem Spiel, das am Samstag über die Bühne ging, wurden auffällige Wetten registriert.

Der Manipulationsverdacht erhärtet sich, weil der türkische Schiedsrichter Ali Can Soudal zwei äußerst strittige Elfmeter für Wehen gab. Zumindest einen dieser Strafstöße hätte man niemals geben dürfen, sagte Wehens Trainer Sven Demandt. "Alle haben sich angeguckt und gefragt: Was ist denn jetzt?", berichtete der langjährige Bundesliga-Profi. Erkan Ak, mit seiner Reiseagentur ("Bluebird") Mitorganisator des Wehener Trainingslagers, sprach von einem "Schockmoment", den die Manipulationsvorwürfe bei ihm ausgelöst hätten. Der Geschäftsmann widersprach aber Meldungen, wonach "Bluebird" den Referee organisiert habe. Darum habe sich eine andere Agentur gekümmert, sagte Ak.

Auch der Deutsche Fußball-Bund hat sich eingeschaltet. Beim Verband wartete man am Montag allerdings auf den Bericht der Sportradar AG, einem Schweizer Unternehmen, das im Auftrag des DFB und der Deutschen Fußball Liga (DFL) den internationalen Wettmarkt beobachtet. Sportradar hatte auf Auffälligkeiten hingewiesen. "Aktuell versuchen wir, den Spielbericht zu bekommen", sagte ein DFB-Sprecher.

Konkret sollen in Asien hohe Beträge auf eine bestimmte Anzahl von Toren in dieser Partie gewettet worden sein. Von "Slapstick-Elfmetern" sprach Gladbachs Trainer Arie van Lent zu einem Zeitpunkt, als noch nichts von einem Manipulationsvorwurf bekannt war. Die Sportradar AG selbst beruft sich auf eine Verschwiegenheitsklausel gegenüber den Verbänden - weitere Informationen gibt sie öffentlich nicht heraus. Beim DFB wird der Kontrollausschuss den Bericht von Sportradar auswerten. Die Zuständigkeit liege allerdings nur beim Verband, wenn Spieler, Trainer oder Offizielle eines deutschen Klubs sportwidrig gehandelt hätten, erklärte der DFB-Sprecher. Ansonsten werde der Vorgang an den Fußball-Weltverband Fifa abgegeben.

An der türkischen Riviera trainieren derzeit sieben deutsche Erstligaklubs in und um Belek, hinzukommen Zweit- und Drittligisten. Rund 700 Vereine aus verschiedenen Ländern sind jährlich in der Region. Die Organisation von Testspielen und von Schiedsrichtern ist eine logistische Herausforderung. Es sei zwar "Spekulation", so Andreas Kranich, Mitglied der Geschäftsführung von Sportradar, dass Testspiele besonders gefährdet seien für Manipulationsversuche. Dafür spreche aber, dass sie weniger in der öffentlichen Wahrnehmung stehen. Grundsätzlich gelte, dass solche Fälle zugenommen hätten: "Es kommt öfter zu Spielmanipulationen, die Probleme sind nicht weniger geworden."

Mit der Wettmafia habe man die Elfmeter zunächst nicht in Verbindung gebracht, meinte Wehens Trainer Demandt, dessen Team am Montag in einem weiteren Test 1:2 gegen Hannover 96 unterlag. Hannovers neuer Trainer Thomas Schaaf hatte 2012 selbst Erfahrung gemacht mit mutmaßlichen Manipulationen im Fußball - ebenfalls in der Türkei. Damals war Schaaf noch Trainer von Werder Bremen, als ein Referee im Test gegen AZ Alkmaar unter anderem eine vollkommen überzogene zehnminütige Nachspielzeit verhängte. Später kam heraus, dass der Referee aus Bulgarien eigentlich gesperrt war. "Bei dem Spiel damals wurde zum Schluss klar, dass was schief läuft. Da wussten wir anschließend schnell, dass Kriminalität dahintersteckt", sagte Schaaf jetzt.

© SZ vom 12.01.2016 / dpa, sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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