Fußball: Schalke bleibt oben dran:Bauern, Läufer, Könige

Der FC Schalke spielt Schach mit den Rivalen: Zur Planung einer Magath-Meisterschaft gehört es, aus dem Windschatten zu kommen und am Ende die richtigen Züge zu setzen.

Jörg Marwedel

Der Schachspieler Felix Magath hat sich ja eine Mannschaft zusammengebastelt, in der die Bauern wie Joel Matip oder Lukas Schmitz wirklich nur konsequent abdecken und zuarbeiten, während Läufer wie Ivan Rakitic und Alexander Baumjohann oder der König Kevin Kuranyi für die entscheidenden Züge verantwortlich sind. Das einzige Problem: Anders als beim Duell am Brett muss der Trainer seinen Figuren am Schluss die Ausführung des Auftrags selber überlassen. Und gerade die jungen Spieler - also etwa die Hälfte des Teams - "haben das Bedürfnis, sich zurückzuziehen, wenn sie etwas verlieren können", wie der Psychologe Magath erkannt hat.

Auf diese Weise haben die Schalker am Sonntag in Hamburg die neunminütige Tabellenführung mit einem 2:2 wieder eingebüßt. Weil sie nach den Treffern von Kuranyi (62.) und Rakitic (68., Elfmeter nach van Nistelrooys Foul an Baumjohann) nicht mehr konsequent versuchten, das dritte Tor zu erzielen. So ergaben sich für die Hamburger doch noch Chancen - und nach dem 2:2 durch Jonathan Pitroipa (77.) nach wunderbarer Flanke von Piotr Trochowski sogar noch Möglichkeiten, die Partie trotz gravierender Abwehrschwächen zu gewinnen.

Nicht die Laune verderben lassen

Dabei hatten die Schalker nach dem grandiosen HSV-Tor durch van Nistelrooy (40.), der eine missglückte Faustabwehr von Manuel Neuer quasi mit der hochgezogenen Hacke ins Netz beförderte, durchaus gezeigt, dass sie mehr sein können als eine begabte Kontermannschaft. Magath, in der Hansestadt immer noch als Europacup-Held des HSV gefeiert und vom Stadionsprecher und Sänger Lotto King Karl mit einem Trikot empfangen, hat sich diesmal aber überhaupt nicht die Laune verderben lassen. Anders als bei manchen Siegen, nach denen er die Wut des Perfektionisten auslebte. Er sei "glücklich und zufrieden mit der Leistung meiner Mannschaft", sagte er.

Vielleicht gehört es bei der Planung einer Magath-Meisterschaft ja dazu, dass man - wie vor einem Jahr in Wolfsburg - bis zum 30. Spieltag im Windschatten fährt. Verblüffend am perfekten Strategen Magath ist allerdings immer wieder, auf welchen Gebieten er seinen Profis die alleinige Verantwortung überlässt. Niemals, so ließ er hinterher wissen, würde er den Elfmeterschützen bestimmen. Das solle derjenige übernehmen, der sich im jeweiligen Moment wirklich sicher fühle. Als sich Ivan Rakitic die Kugel schnappte, "hatte ich kein sicheres Gefühl", sagte der Coach - und offenbarte mal wieder demonstrativ Zweifel an seinem Personal. Weil er "Ivan nicht ganz so kernig" gesehen hatte wie in den vorangegangenen Spielen. Es ging trotzdem gut, so wie fast alles gut ging zuletzt.

Besser hatte der Schalker Chef dagegen "Baumi" gesehen, wie er den zur Halbzeit für Peer Kluge eingewechselten Spielmacher Baumjohann nennt. Man kann sich immer noch kaum vorstellen, dass der gestrenge Übungsleiter seine Profis mit ihrem Spitznamen anredet. Aber dieser Baumjohann hat es ihm offenbar angetan. Er sorgte dafür, dass das Schalker Spiel zügiger wurde. Auch beim 1:1 hatte er die Vorlage gegeben, die allerdings noch vom insgesamt verheerenden HSV-Verteidiger David Rozehnal per Kopf auf Kuranyi verlängert wurde. Später hatte Baumjohann noch einen Lattenkracher aus 25 Metern im Repertoire. Es sei schwierig, während der Saison den Spielmacher zu wechseln, sagte Magath hinterher über den vom FC Bayern heimgekehrten Baumjohann. Aber nach Einwechslungen, "wenn der Gegner schon etwas müder ist", könne er dem Schalker Spiel einiges geben.

Pokalspiel gegen Bayern als Highlight

Nach dem Auslaufen in der Hamburger Arena blickten die Gelsenkirchener dann schon voraus, auf das Halbfinal-Spiel im DFB-Pokal am Mittwoch gegen den FC Bayern im heimischen Stadion. Das werde "das große Highlight für uns", meinte König Kuranyi, er hoffe aber nicht, "dass es das letzte Highlight des Jahres für uns wird". Auch Felix Magath, der Stratege, hat sich mit diesem Match natürlich schon auseinandergesetzt. Ob man den Bayern ein Bein stellen wolle, fragte eine Dame in der Pressekonferenz. "Nein", sagte der beschwingte Magath, "wir wollen nur ins Finale nach Berlin und es auch gewinnen."

So fröhlich-offensiv hat man den Trainermanager in dieser Saison noch nicht oft erlebt. Der Kollege Bruno Labbadia wirkte da schon etwas angestrengter, als er erklärte, seine Mannschaft habe "das Ding im Griff gehabt" gegen die Schalker. Vielleicht hat der HSV-Coach ja weggesehen, als seine Abwehrspieler Rozehnal und Joris Mathijsen mal wieder ihre Aussetzer hatten. Wie zuletzt schon in Leverkusen und Anderlecht - nur dass es diesmal wenigstens nur zwei statt vier Gegentore gab.

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