Fußball-Routiniers:Mit 30 zu alt für die Bundesliga

Kevin Kuranyi trainiert in Saarbrücken

Kevin Kurányi hielt sich beim Regionalligisten Saarbrücken für sein Comeback fit. Hoffenheim ist seine dritte Bundesliga-Station nach Stuttgart und Schalke.

(Foto: dpa)
  • Piotr Trochowski und Kevin Kurányi gelingt es erst nach langem Kampf, einen Platz in einer Bundesliga-Mannschaft zu ergattern.
  • Die beiden sind nicht die einzigen Akteure, die Anfang 30 schon um ihren Job fürchten.
  • Das Vertrauen in ältere Spieler nimmt stetig ab. Das liegt auch an der Arbeit der Fußballakademien.

Von Tim Brack

Jetzt ist Kevin Kurányi also wieder da - die Bundesliga begrüßt einen Ehemaligen zurück. Als Stürmer schoss sich der frühere Stuttgarter und Schalker bis in die Nationalelf. Nach seiner Zeit in Russland lancierte er vor kurzem geschickt in den Medien, dass er gerne wieder in der Bundesliga spielen würde. Nach vergeblichen Versuchen in Hannover, Augsburg und Leverkusen hat der gebürtige Brasilianer mit Hoffenheim einen neuen Klub gefunden. Dort will der 33-Jährige seine Torjägerqualitäten beweisen.

Es ist der Versuch, im fortgeschrittenen Alter ein Bundesliga-Comeback zu wagen. Und Kurányi ist nicht allein: Piotr Trochowski ackert mit 31 Jahren für seine Rückkehr in Augsburg und Emir Spahić will sich nach seinem unrühmlichen Abschied in Leverkusen mit 34 Jahren in Hamburg beweisen. Für alle drei ist es vielleicht die letzte Chance, denn Routiniers haben es in der Liga schwer wie nie.

Dass gestandene Nationalspieler um einen Platz bei einem Bundesligisten betteln müssen, hat einen Grund: Ältere Spieler sind nicht mehr gefragt. Mit Anfang 30 gehören die Kicker heute zu den Auslaufmodellen. In den Fußballakademien reifen junge deutsche Talente schneller zu Bundesligaspielern heran als Dortmunds Flügelstürmer Pierre-Emerick Aubameyang 100 Meter sprintet.

"Es ist der Lauf der Dinge, dass die jungen Spieler nachrücken, aber es gibt erschreckende Beispiele, dass Fußballer Ende 20 schon zum alten Eisen gehören", sagt Carsten Ramelow. Als ehemaliger Bundesliga-Profi kennt er die Problematik. Der 41-Jährige engagiert sich als Vizepräsident bei der Fußball-Gewerkschaft "Vereinigung der Vertragsfußballspieler" (VdV), die unter anderem Trainingslager für vertragslose Fußballer organisiert, damit sie den Anschluss nicht verlieren. Die Teilnehmer sind nicht so prominent, kämpfen aber mit denselben Zwangslagen: "Wenn man als Fußballer an die 30 kommt, wirst du schnell fallengelassen. Das ist einfach so", kritisiert Ramelow.

Eine Frage quält die Routiniers

Den altgesottenen Bundesliga-Profis bleibt nur, selbst die Initiative zu ergreifen. Es gibt verschiedene Wege, sich zurückzukämpfen: Trochowski empfahl sich über ein Probetraining für das Comeback, Kurányi fuhr eine clevere Medienkampagne. Doch es gibt andere Beispiele: Marcell Jansen und Simon Rolfes traten lieber gleich zurück mit Anfang 30. Eine Überlegung, die Ramelow für sinnvoll hält: "Ich muss mich fragen, ob der Anschluss gelingt. Da gilt es, mit Anfang 30 ehrlich gegenüber sich selbst zu sein. Wenn Kurányi oder Trochowski meinen, das ist ihr Weg, dann ist das in Ordnung. Man muss jede Möglichkeit ausschöpfen."

Wie lange lässt sich eine Profikarriere ausdehnen? Diese Frage quält die Fußballer zusehends früher. Die Profis befinden sich in der Zwickmühle, denn das Werben in eigener Sache ist nicht unproblematisch - schnell wirken die Versuche verzweifelt. Trotzdem müssen sich die Akteure am Karriereende den Klubs anbiedern. Ihre Leistungen aus der Vergangenheit zählen im Hier und Jetzt kaum etwas und so spielen sie in den Überlegungen vieler Verantwortlicher keine Rolle mehr.

Selbst ein Weltmeister wie Bastian Schweinsteiger muss sich mit 30 Jahren Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit anhören. Nach seinem Wechsel zu Manchester United sagte Franz Beckenbauer: "Es ist mutig, in diesem Alter den Schritt zu wagen. Einen Wechsel in die USA hätte ich eher verstanden."

Es gibt Erklärungen für den schonungslosen Umgang mit älteren Spielern. Ramelow macht die gute Jugendarbeit der Vereine für die mangelnde Faszination für die Altgedienten verantwortlich. "Wir haben in den vergangenen Jahren tolle Fußballer in unseren Leistungszentren hervorgebracht. Die Jungs spielen mittlerweile schon mit 18 Jahren in der Bundesliga", sagt Ramelow. Er betont aber auch die Wichtigkeit von Spielern Ende 20, die den jüngeren oft zur Seite stehen: "Sie verleihen die nötige Stabilität. Mit den Talenten geht das oft zu schnell. Die brauchen mehr Zeit."

Kurányi und Trochowski können bei ihren neuen Klubs beweisen, dass sie ihre Teams verstärken. Für Emir Spahić kommt es gleich zur Bewährungsprobe gegen den Rekordmeister FC Bayern München. Vier Tage später wird der Bosnier 35 Jahre alt.

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