Fußball-Regionalliga„Topformat“ in Turbulenzen

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Geldsorgen: Die SpVgg Bayreuth (rechts Eroll Zejnullahu im Spitzenspiel gegen Schweinfurts Valentin Schmitt) braucht zügig eine halbe Million Euro.
Geldsorgen: Die SpVgg Bayreuth (rechts Eroll Zejnullahu im Spitzenspiel gegen Schweinfurts Valentin Schmitt) braucht zügig eine halbe Million Euro. (Foto: Frank Scheuring/Imago)

Der Bayerische Fußball-Verband steht dem Vorstoß der Nordost-Klubs für eine Regionalliga-Reform offen gegenüber - unter der Maßgabe, dass seine Klubs in einer Staffel vereint bleiben. Vom DFB wird der Vorstoß schon ausgebremst. Und es gibt noch mehr Baustellen in der vierten Liga.

Von Christoph Leischwitz

Aus Bayern gab es einst einen „Wendelsteiner Anstoß“, im Jahr 2017 folgte die „Wendelsteiner Vorlage“, aktuell gibt es einen Vorstoß aus dem Nordosten des Landes, dem der Bayerische Fußball-Verband (BFV) aber erst einmal recht defensiv begegnet. Nachdem vor ein paar Wochen 17 der 18 Klubs der Regionalliga Nordost aufs Neue eine Diskussion über den Aufstieg aus der vierten in die dritte Liga entfachten, scheint allerdings nur eines sicher zu sein: Die ganze Sache wird in eine Verlängerung gehen, von der niemand sagen kann, wie lange sie dauern wird.

Am Samstag beginnt in Bayern wieder der Spielbetrieb, die gute Nachricht lautet: Rein sportlich ist die Regionalliga spannend wie lange nicht. Und das in einem Jahr, in dem direkt aufgestiegen werden darf. Im Grünwalder Stadion steigt gleich das Spitzenspiel des FC Bayern München II gegen den FC Schweinfurt. Es handelt sich um eine Nachholpartie des 13. Spieltags, in der nun der Zweite den Ersten empfängt.

BFV-Präsident Christoph Kern ärgert sich, dass er nicht dabei sein kann, er hat am Samstag Geburtstag und feiert mit der Familie. Er räumt aber ein, die Augen am Nachmittag eher auf den Liveticker vom Spiel zu richten. Der bald 42-jährige Präsident nennt die Regionalliga Bayern immer noch ein „Topformat“. „Wir würden die Regionalliga Bayern gerne erhalten, unsere Position zu etwaigen Reformen ist bekannt“, sagt er im Gespräch mit der SZ. Schon in der „Wendelsteiner Vorlage“ ist folgende Position festgehalten: „(…) eine Vereinigung der Regionalliga Bayern mit den nordostdeutschen Regionalliga-Mannschaften aus Sachsen und Thüringen zu einer Regionalliga Südost und eine Vereinigung der Regionalliga Nord mit den nordostdeutschen Regionalliga-Mannschaften aus Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern“.

Kern bekräftigt jetzt auf Nachfrage, solch eine Reform mitzutragen. „Es gäbe das eine oder andere zuschauerträchtige Spiel mehr“, sagt er und denkt dabei an mögliche Begegnungen wie Bayreuth gegen Jena, die sicherlich mehr Auswärtsfahrer anziehen dürfte als Bayreuth gegen Buchbach. Wichtig ist Kern aber bei einer wie auch immer gearteten Reform, „dass Bayern ganz bleibt“, dass also Illertissen und Buchbach erst einmal in derselben Liga spielen. Überdies lässt der bayerische Verband durchblicken, dass sich bei einer Zusammenführung die Zahl der teilnehmenden Vereine aus dem jeweiligen Bundesland in der Premierensaison nach der Zahl der Mitglieder richten müsse – Bayern würde demnach zunächst rund zwei Drittel der Teams stellen. Dabei ist allerdings davon auszugehen, dass reine Amateurklubs sich den Aufwand aufgrund der weiten Reisen auf Dauer kaum leisten könnten. Zwischen Buchbach und Jena zum Beispiel liegen 371 Kilometer.

Das nächste Urteil im Verfahren um die U23-Regel-Verstöße von Schwaben Augsburg steht an

Von Seiten des Deutschen Fußball-Bundes wird der Vorstoß sowieso schon ausgebremst. Insgesamt sehe man keine Lösung in Sicht, erklärte Manuel Hartmann, Geschäftsführer Spielbetriebe beim DFB, in einem Interview mit dem MDR. Hinter vorgehaltener Hand halten viele den Vorstoß für unausgegoren: Er käme von Vereinen, nicht einmal von den Verbänden, deren Delegierte im Herbst auf dem nächsten DFB-Bundestag darüber abstimmen müssten. Die drei Reformvorschläge seien nicht neu und zugleich unlogisch, heißt es. Ein Beispiel: Die Aktion wurde unter dem Hashtag #meistermüssenaufsteigen angestoßen. Einer der Vorschläge lautet aber, dass fünf Regionalliga-Meister im Modus Jeder gegen Jeden vier Aufsteiger ausspielen.

Die Frage aus bayerischer Sicht lautet: Ist eine rein bayerische vierte Liga immer noch sinnvoll und attraktiv genug? Vergangene Saison wollten die zwei besten Mannschaften aus der Bayernliga Süd gar nicht am „Topformat“ teilnehmen, weil sie die Auflagen nicht erfüllen konnten oder wollten. Kern selbst räumt ein, dass es „nicht besonders schön“ sei, wenn Heimspiele einer Bundesliga-U21 „gerade mal 150 Zuschauer“ hätten, aber: „Die Zahl ist das eine, die sportliche Qualität das andere.“ Insgesamt sieht er aber immer noch eine große Attraktivität der Liga. So zeigt sich der BFV zum Beispiel auch mit den Zuschauerzahlen zufrieden, die viele Spiele im Streamingdienst erreichen.

Die bayerische Regionalliga hat zurzeit allerdings noch viele weitere Baustellen. Mit der SpVgg Bayreuth ist ein Traditionsverein offensichtlich in finanzielle Schieflage geraten, der wahrscheinlich von einer Reform profitieren würde. Der Klub hat nun zu einer Crowdfunding-Aktion aufgerufen, eine halbe Million Euro müsse bis zum Frühsommer zusammenkommen. Für die Altlasten bei der Altstadt kann die Regionalliga erst einmal nicht viel, die meisten Schulden stammen überwiegend aus Drittliga-Zeiten. Allerdings zeigt der Fall auf, dass ein Profifußball-Modell wie in Bayreuth unter den bestehenden Bedingungen kaum rentabel ist: Auf der einen Seite geht der Verein ins Risiko und verpflichtet als Tabellendritter in Jermain Nischalke sogar noch einen ehemaligen Zweitligaspieler; auf der anderen Seite tut er sich schwer, die Beiträge für die Berufsgenossenschaft zu zahlen.

In den Schlagzeilen war die Regionalliga zudem wegen eines Rechtsstreits, der sie aktuell noch spannender macht, als sie sein sollte. Das nächste Urteil im Verfahren um die U23-Regel-Verstöße von Schwaben Augsburg steht an, wahrscheinlich wird es sogar vor dem kommenden Wochenende veröffentlicht. Allerdings ist das Urteil dann immer noch nicht rechtskräftig, und der FC Schweinfurt wird am Samstag beim Anpfiff nicht genau wissen, ob er einen oder vier Punkte Vorsprung auf den Gegner FC Bayern II hat. „Natürlich sind wir interessiert daran, so schnell wie möglich Klarheit für alle zu haben“, sagt Kern. Der Jurist betont zugleich, sich nicht in das Verfahren einmischen zu wollen. Einen Liveticker gibt es dazu nicht, aber auch hier wird er den weiteren Verlauf mit Spannung verfolgen.

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