Süddeutsche Zeitung

Fußball-Regionalliga:Nicht so spaßig

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Nach 418 Ligaspielen tritt Buchbachs Trainer Anton Bobenstetter ab - wehmütig ist er aber nicht.

Von Christoph Leischwitz

Er hat das selbst recherchiert, sagt Anton Bobenstetter. In den 92 Fußballvereinen in ganz Deutschland, die Gründungsmitglieder der fünf Regionalligen 2012 waren, ist nur noch ein einziger Trainer übrig, der von Anfang an dabei war: Anton Bobenstetter. Pathos ist also völlig berechtigt, wenn man sagt: Am Samstag, 18. Mai, dem 34. Spieltag der Saison, geht in Buchbach eine Ära von 314 Spielen zu Ende. Der 57-Jährige beendet seine Trainerkarriere beim TSV, und der Zeitpunkt ist natürlich mit Bedacht gewählt.

Er wäre auch schon in der vergangenen Saison der dienstälteste Coach in der vierten Spielklassenebene gewesen, aber da konnte er beim besten Willen noch nicht aufhören. Bobenstetter verkündet seinen Weggang grundsätzlich schon in der Winterpause. Aber: "Bei Abstiegssorgen kann man nicht im Winter sagen, man hört auf", findet Bobenstetter - und in den beiden vorigen Spielzeiten stand die Mannschaft recht weit unten in der Tabelle.

So hatte er das bei seinem vorletzten Wechsel auch schon gehalten, als er 2010 von Falke Markt Schwaben zurückkehrte nach Buchbach: Als der Ebersberger Landesligist Tabellenletzter war, wollte und konnte Bobenstetter nicht einfach so aufhören. Als er letztlich ging, waren die Spieler richtiggehend traurig, darunter übrigens auch ein gewisser Florian Niederlechner, heute beim SC Freiburg.

Die aktuelle Restrunde ging Bobenstetter vergleichsweise unbeschwert an. "Die letzten Wochen waren sehr freundschaftlich", sagt er. "Es hat mich gefreut, dass mich in den Pressekonferenzen bei Auswärtsspielen alle so nett verabschiedet haben." Gut, die 0:3-Derbyniederlage gegen Wacker Burghausen war schwer verdaulich. Doch die Mannschaft zehrte davon, dass sie vor und nach der Winterpause in acht Spielen in Serie gerade einmal zwei Gegentore kassiert hatte. Für Bobenstetter ein Zeichen mannschaftlicher Geschlossenheit, denn: "Wenn die Abwehr gut ist, dann liegt es an den Offensiven, ob man wenige Tore bekommt oder nicht." Denn beim Verteidigen müssten ja alle mithelfen. Bobenstetter schien jedenfalls alles andere als eine lame duck zu sein. Das liegt auch daran, dass der Trainer-Routinier nicht komplett aufhört, sondern weiter einen Hut aufhaben wird. Er wird in der kommenden Saison als Sportlicher Leiter nur etwas weniger im Rampenlicht stehen. Wehmütig ist er nach insgesamt zwölf Jahren und Ende Mai dann insgesamt 418 Ligaspielen mit dem TSV allerdings überhaupt nicht, eher erleichtert.

Bobenstetter ist zwar stolz auf seine Rekorde, ein Romantiker ist er allerdings nicht. Im Laufe der aktuellen Debatte über die Regionalliga-Reform hatte er gesagt, dass es ihm egal sei, ob er mit Buchbach "nach Aschaffenburg oder nach Erfurt" fahren würde, das sei ja ungefähr genauso weit. Selbst das Bedrohungsszenario, dass in einer Verschmelzung in vier Regionalligen viele kleinere Vereine auf der Strecke bleiben könnten, wollte er so nicht stehen lassen: "Das hieß es doch vor sieben Jahren schon." Die neue Regionalliga hätten viele nur größeren Klubs wie Bayern Hof oder Bayreuth zugetraut, nicht aber Schalding-Heining und Buchbach.

Bobenstetter ist nicht die einzige treue Seele, die am Samstag in Buchbach ein ungewöhnlich langes Engagement beendet. Zwölf Jahre am Stück hat Daniel Weber den VfR Garching trainiert und dabei fünf Aufstiege und einen Abstieg miterlebt. Der 45-Jährige hört auch deswegen auf, weil im Winter sein Sohn gestorben war; damit sich die Familie neu orientieren kann, nimmt er sich mindestens ein Jahr Fußball-Auszeit.

Gemein haben Bobenstetter und Weber, dass sie zeit ihrer Trainerkarriere ihre Entscheidungen zum Abschied immer selbst getroffen haben. Der Unterschied ist, dass Weber aktuell noch gegen die Abstiegs-Relegation anspielen muss. "Samstag wird jetzt leider nicht so spaßig, weil es für Garching noch um etwas geht", sagt Bobenstetter. "Ich hätte mir gewünscht, dass Daniel die 40 Punkte schon vorher zusammen hat. Das wird nicht einfach für uns."

Wie es ihm persönlich ergehen wird bei der Verabschiedung, kann sich Bobenstetter noch nicht so recht vorstellen: "Ach, ich habe bis jetzt wenig Zeit gehabt, mir Gedanken zu machen." Er ist jedenfalls nicht allein: Der Trainer der zweiten TSV-Mannschaft, Manuel Neubauer, wird ebenfalls verabschiedet. Bobenstetter sagt: "Der ist ja auch eine Legende in Buchbach."

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SZ vom 16.05.2019
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