Die jungen Bayern haben das Spitzenspiel zwar verloren, doch in gewisser Weise war ihr Konzept voll aufgegangen, weil einer ihrer besten Spieler die Partie entschieden hatte. Das Problem ist nur, dass sie am Campus des Rekordmeisters ihre besten Spieler eben gerne verleihen, damit sie Spielpraxis sammeln, und am Samstag war Lukas Schneller der gegnerische Torwart, der mit dem FC Schweinfurt angereist war. „Man kann das gar nicht genießen, ich zumindest nicht. Du spielst ja gegen deine Mitspieler“, sagte er nach dem Schweinfurter 2:1-Erfolg in dem ihm so wohlbekannten Kabinengang. „Dass wir gewonnen haben, ist natürlich super. Also, für Schweinfurt.“ Im Sommer komme er wieder zurück nach München, so zumindest der Plan. Vergangene Saison stand er noch in Diensten des SC Freiburg II, dann wurde er sogleich nach Unterfranken weitertransferiert.
Gut möglich ist aber auch, dass er nicht mehr nach München zurückkehrt, denn Schneller ist bereits 23 Jahre alt und dürfte fortan Herausforderungen im Profifußball suchen. Dass die Bayern kommende Saison aber eher nicht in der dritten Liga spielen werden, dazu hat er höchstselbst nun ein wenig beigetragen. Mit seinen zahlreichen Paraden wie die im Eins-gegen-eins mit Guido Dell’Erba (10.) oder Tarek Buchmann (36.). Einen Elfmeterschuss von Emirhan Demircan, den er vor der Ausführung noch ärgerte, verpasste er nur knapp (77.), weshalb es abermals spannend wurde.
Doch gerade in der Schlussphase zeigte sich, wie viel Schneller schon gelernt hat. Immer wieder verzögerte er den Abstoß, legte sich den Ball dabei sogar mehrmals einen Meter vor die Fünfmeterlinie, wohl in der insgeheimen Hoffnung, zurückgepfiffen zu werden und noch mehr Zeit gutzumachen. Darauf angesprochen, erwiderte der Youngster eher emotionslos: „Ich muss mich auf den Abschlag konzentrieren, ich nehme mir die Zeit, die ich brauche.“ Dass die Bayern mit ihrem Ausbildungskonzept in gewisser Weise sich selbst schlagen, das brachte Schweinfurts Trainer Victor Kleinhenz auf den Punkt: „Lukas hat beim FC Bayern nicht nur torwarttechnisch extrem viel gelernt, sondern auch diese Gewinnermentalität einfach in sich drin. Davon profitieren wir extrem.“
Aufstieg in die dritte Liga? Priorität hat klar die Entwicklung von Profis, sagt FCB-Trainer Holger Seitz
Die Bayern hingegen ließen in Benjamin Ballis einen Torwart ran, der auch wegen Verletzungen in die Startelf rutschte und erst sein drittes Saisonspiel bestritt. Ballis konnte vor dem 0:2 einen einfachen Ball nicht festhalten, den groben Patzer nutzte Joshua Endres (44.). Bei den Bayern hingegen geht es darum, Spielern wie Ballis oder Tarek Buchmann Einsatzzeit zu geben, Letzterer ist 19 und hatte nach mehrfacher Verletzung fast anderthalb Jahre nicht gespielt. Dass hingegen ein bekannterer Profi wie Gabriel Vidovic gar nicht im Kader steht, erklärt Bayerns Trainer Holger Seitz so: „Basis aller Überlegungen ist die individuelle Entwicklung der Spieler“, und wenn sie im Profikader dazu die Möglichkeit sähen, dann würde Vidovic sicherlich abgestellt werden. „Dabei geht es nicht darum, die Amateurmannschaft zu verstärken. Es hat nichts damit zu tun, dass wir uns verstärken, um aufzusteigen.“
Bei den Torhütern mag es besonders auffällig gewesen sein, insgesamt aber zeigten die Schweinfurter einen erwachsenen Auftritt gegen eine Jugendmannschaft. Kleinhenz sprach von „einer gewissen Präsenz, eine gewisse Reife in der Spielweise“, die den Unterschied gemacht habe. Es handelte sich am Samstag um ein Nachholspiel der Hinrunde, in knapp zwei Monaten steht in Schweinfurt das Rückspiel an. Außerdem wissen sie in Schweinfurt immer noch nicht, ob ihnen die drei Punkte aus dem verlorenen Spiel gegen Schwaben Augsburg wirklich noch zugesprochen werden (Augsburg wurden wegen des regelwidrigen Einsatzes von U23-Spielern die Punkte aberkannt, noch steht das endgültige Urteil aus). Doch vieles spricht dafür, dass Schweinfurt diesmal endlich aufsteigen könnte. Mit ein bisschen Münchner Hilfe. Über Lukas Schneller sagte Bayerns Trainer Holger Seitz, der den Keeper schon als U17-Spieler trainiert hatte: „Er ist ein maximal geiler Typ. Mich freut’s, dass er so beständig gute Leistungen bringt. Wir drücken alle Daumen, dass er den Weg so fortsetzen kann.“
Die Bayern könnten am kommenden Wochenende den Schweinfurtern gleich noch einen Gefallen tun: Wenn sie im nächsten Regionalliga-Spitzenspiel am kommenden Samstag den gemeinsamen Verfolger Würzburger Kickers schlagen.