Fußball-Regionalliga Bayern:Harte Schule

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"Es ist schwierig, bei diesem Thema die Übersicht zu behalten": Sandro Wagner, Trainer der von Corona gebeutelten SpVgg Unterhaching. (Foto: Thomas Germann/Eibner/imago)

Corona wirbelt von Unterhaching bis Pipinsried die Regionalliga durcheinander - Wettbewerbsverzerrungen müssen in Kauf genommen werden.

Von Christoph Leischwitz

Er liebe ja Herausforderungen, sagt Sandro Wagner, insofern wolle er sich auch gar nicht unnötig ärgern angesichts der aktuellen Lage bei der SpVgg Unterhaching - aber es sei schon eine "harte Schule" gleich zu Beginn seiner Trainerkarriere. Der ehemalige Profi und Fußball-Kommentator hat in seinem ersten Jahr als Chefcoach in der Tat mit einer recht einmaligen Ausnahmesituation zu kämpfen. Mitte September waren beim Drittliga-Absteiger nicht weniger als zwölf Spieler positiv auf Covid-19 getestet worden, davon laut Vereinsauskunft ein Genesener und zehn Geimpfte, von denen wiederum einige auch einen recht schweren Krankheitsverlauf hatten. Die Mannschaft konnte seit einem Monat nicht mehr am Spielbetrieb teilnehmen.

Ab der kommenden Woche soll es nun weitergehen, freilich mit mehreren englischen Wochen in Serie. Nach dem Spiel gegen den TSV Buchbach am Dienstag stehen allein im Oktober noch vier Partien an. "Wir haben gerade mal 12 Spieler, mit denen wir planen können", sagt Wagner. Der Verein gab am Mittwoch zwar bekannt, dass alle Fußballer aus der Quarantäne entlassen seien. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass Genesene in den kommenden Tagen ins Mannschaftstraining einsteigen können. Es werden erst einmal verstärkt U19-Spieler auf der Ersatzbank sitzen. ""Soweit ist bei den damals positiv Getesteten wieder alles in Ordnung, aber von der Belastung her ist es bei allen total unterschiedlich", sagt der Trainer. Mit anderen Worten: Wann man mit wem in den englischen Wochen planen kann, ist völlig ungewiss. Die Belastungssteuerung ist eine Planung mit unheimlich vielen Unbekannten. Überhaupt falle es schwer, so Wagner, irgendwelche Schlüsse aus den Vorkommnissen zu ziehen, die einem in der Zukunft helfen können. "Es ist schwierig, bei diesem Thema die Übersicht zu behalten. Wir machen jedenfalls nicht weniger oder mehr als Bundesliga-Teams", sagt Wagner.

Beim Bayerischen Fußball-Verband ist man sich der Problematik durchaus bewusst. Und verweist darauf, dass zumindest im Moment noch ausreichend Termine für Nachholspiele frei sind. Regionalliga-Spielleiter Josef Janker gibt auch zu bedenken, dass der Zeitdruck, die Saison zu Ende zu spielen, nicht so groß sei wie in der vergangenen Saison: "Der Regionalliga-Meister steigt direkt auf", sagt er. Weil keine Aufstiegsspiele absolviert werden müssen, hat die Liga also im Frühjahr zur Not deutlich mehr Zeit, die Serie zu Ende zu spielen.

"Dass es auch so richtig fitte Sportler niederbügelt, das ist schon krass", findet Pipinsried-Trainer Andreas Thomas

Fest steht, dass Vereine nach Corona-Infektionen mit einer Wettbewerbsverzerrung zu kämpfen haben, die schlicht in Kauf genommen werden muss. Auch wenn Trainer Andreas Thomas vom FC Pipinsried sich schon gefragt hat, ob es wirklich nötig sei, dass seine Mannschaft an einem Dienstagabend in Aschaffenburg spielen musste - dort kam es dann auch noch zu einem vorübergehenden Flutlichtausfall. Nach der 1:2-Niederlage Pipinsrieds war Thomas gegen halb drei wieder daheim im Bett. Pipinsried hatte vier Corona-Fälle im Kader zu beklagen und zudem ein Spiel abgesagt, weil bei Gegner 1860 Rosenheim ein Fall aufgetreten war. Allein der administrative Aufwand im Nachgang sei enorm. "Wir hatten es zum Beispiel mit vier verschiedenen Gesundheitsämtern zu tun" - je nachdem, wo die Spieler wohnten, sind eben auch andere Behörden zuständig, erklärt Thomas.

Ein wichtiger Grund für die fehlende Planungssicherheit sei natürlich die Krankheit selbst: So wenig man vorhersagen könne, wie stark der Krankheitsverlauf bei einem Menschen ist, so wenig könne man vorhersehen, wann ein Spieler wieder im Kader stehen kann. "Dass es auch so richtig fitte Sportler niederbügelt, das ist schon krass", findet Andreas Thomas. Manche würden nach der Genesung nach zwei Runden Aufwärmen schon sagen: "Du, ich merk's schon vom Schnaufen her."

Im Gegensatz zum Profifußball gibt es noch einen weiteren Faktor, der die Problematik verkompliziert: Es fehlt ein einheitliches Hygienekonzept. Die Entscheidungshoheit liegt stets bei der zuständigen Gesundheitsbehörde. In Burghausen wurde zuletzt das Heimspiel gegen den VfB Eichstätt um drei Stunden verschoben, um Testergebnisse abwarten zu können. In einem anderen Ort wäre dieses Spiel vielleicht gleich abgesagt worden. Der Regionalliga Bayern stehen ungewisse Zeiten bevor.

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