Premier League:Arsenal ist nicht zu stoppen

Premier League: Frisch, unbekümmert, erfolgreich: Stürmer Eddie Nketiah, 23, gelangen gegen United zwei Treffer, darunter das Siegtor in der Schlussminute.

Frisch, unbekümmert, erfolgreich: Stürmer Eddie Nketiah, 23, gelangen gegen United zwei Treffer, darunter das Siegtor in der Schlussminute.

(Foto: Mark Leech/Offside Sports Photography/Imago)

Mit einer Spielweise voller Elan und Effizienz übertreffen die Gunners zur Saisonhälfte historische Bestmarken. Während sich bei Manchester City vieles auf Erling Haaland fokussiert, weiß man bei den Londonern gar nicht, wohin man schauen soll.

Von Sven Haist, London

Die Spieler des Arsenal Football Club scheinen derzeit nicht mal die Vergleiche mit ihren legendären Vorgängern zu fürchten. Im Sky-Gespräch vor dem Prestigeduell mit Manchester United stellte sich Bukayo Saka der Herausforderung ("challenge accepted"), sich mit den Klubidolen Freddie Ljungberg und Thierry Henry zu messen. Die Angreifer, Ljungberg und Henry, erzielten einst in drei aufeinanderfolgenden Ligaeinätzen für Arsenal jeweils ein Tor gegen Manchester United.

Diese Marke konnte Saka am Sonntag ebenfalls erreichen, nachdem er zuletzt sowohl in der Hinrunde bei der bisher einzigen Liganiederlage in dieser Spielzeit gegen United getroffen hatte als auch in der Rückrunde der Vorsaison. Und so überzeugt, wie sich Saka von diesem Vorhaben zeigte, knallte er in der 53. Minute gegen United den Ball nach einem Dribbling aus der Distanz mit dem linken Fuß ins Netz. Challenge completed. Das Tor sei "mit Sicherheit das beste" gewesen, das er je geschossen habe, sagte Saka. Auf Nachfrage, ob seine Mission, zum elitären Kreis mit Ljungberg und Henry zu gehören, nun geglückt sei, richtete Saka einen Gruß an die beiden: "Hallo Freddie, hallo Thierry ...!"

Gelächter im Fernsehstudio, vor allem bei Arsenals Doppeltorschützen Eddie Nketiah, der sich im gemeinsamen Interview angesichts der schlagfertigen Antwort seines Mitspielers kaum mehr einkriegte. Er selbst hatte es erfolgreich mit Henry aufgenommen, indem ihm in der 90. Minute der emotionale Siegtreffer zum 3:2 gegen Manchester United gelang. Einen solchen Last-Minute-Coup hatte zuvor allein Henry bewerkstelligt, im Januar 2007. Gegenseitig schaukelten sich Saka, 21, und Nketiah, 23, die jeweils in der Jugendakademie des Klubs spielten, bis zur Schlusspointe hoch. Nketiah überreichte Saka die Trophäe für den Man of the Match: "Congratulations, cheers bro!" Doch Saka fand, die Auszeichnung sollten sich beide "teilen" angesichts ihrer um nichts nachstehenden Leistungen. Dem Vorschlag konnte Nketiah durchaus etwas abgewinnen, der Mittelstürmer witzelte, er würde in dem Fall "die Tore" für sich beanspruchen.

Einzig verbliebener Konkurrent ist Uniteds Stadtrivale Manchester City

Genauso erfrischend, unterhaltsam und unbekümmert, wie sich die Jungprofis vor dem Mikrofon präsentierten, spielen sie derzeit in der Premier League auf. Und nicht nur die beiden, sondern alle Fußballer, die Arsenals Trainer Mikel Arteta aufstellt. Die Spielweise voller Elan, Enthusiasmus und Effizienz erinnert unweigerlich an die Invincibles, jene Mannschaft aus der Saison 2003/2004, die ohne Niederlage die Meisterschaft holte. Zur Halbzeit der Saison hat Tabellenführer Arsenal mit 50 Punkten nun sogar fünf Zähler mehr auf dem Konto als seinerzeit.

Mindestens diese Ausbeute konnten bis dato überhaupt nur vier andere Teams vorweisen, drei davon gewannen später den Titel. Wie in der Vorwoche nach dem ersten Erfolg beim Stadtrivalen Tottenham nach knapp neun Jahren widmete die Zeitung Times den Gunners die Sporttitelseite. "Catch us if you can", hieß die Schlagzeile; nun geht das Blatt einen Schritt weiter: "Unstoppable!"

Premier League: Erfolgreicher Trainer: Arsenals Mikel Arteta.

Erfolgreicher Trainer: Arsenals Mikel Arteta.

(Foto: Paul Childs/Action Images/Reuters)

Als einzig ernsthafter Konkurrent für Arsenal in der Liga bleibt wohl nur noch Dauermeister Manchester City übrig. Ein echtes Generationenduell: Bei Arsenal sind die meisten Stammspieler jünger als 26 Jahre, bei City älter als 26. Am Freitag kommt es im FA Cup zum ersten Schlagabtausch beider Vereine in dieser Saison, zwei Wochen später steht der erste von zwei Showdowns in der Liga an.

Während sich bei City vieles auf Torjäger Erling Haaland (25 Tore in 20 Spielen) fokussiert, weiß man bei Arsenal gar nicht, wohin man schauen soll. So viele Spieler sind gerade in bestechender Form, allein die Angriffsreihe: der athletische Nketiah, der trickreiche Martinelli und der dribbelstarke Saka. Dahinter ziehen die sich wie Puzzleteile ergänzenden Martin Ödegaard und Granit Xhaka die Fäden. Der Spieltrieb des leichtgewichtigen Kapitäns Ödegaard gewinnt durch den robusten und dennoch umsichtig agierenden Xhaka an Seriosität. Immer zuverlässig räumt hinter ihnen Thomas Partey ab. Er stellt das Bindeglied dar, jederzeit anspielbar und stets dort zu finden, wo er benötigt wird.

Am meisten hat sich Trainer Arteta, der ebenso dynamisch coacht wie seine Spieler agieren, auf den Positionen der Außenverteidiger verwirklicht. Dort hat er in Ben White und Oleksandr Sintchenko zwei Akteure platziert, die den Aufbau wie Spielmacher ankurbeln: nicht bloß über die Seiten, wie man das kennt, sondern mit teils gewagten Dribblings durch die Spielfeldmitte. Dann sichern einzig die Innenverteidiger ab, die für eine vergleichsweise geringe Ablöse verpflichteten Wiliam Saliba und Gabriel Magalhães - sowie Torwart Aaron Ramsdale. Er kam vor anderthalb Jahren günstig von Absteiger Sheffield United.

Aufgrund der hier und da fehlenden Erfahrung üben sich einige Fußballexperten in England noch in Zurückhaltung über den Ausgang der Meisterschaft. Es wirkt daher immer öfter so, als würden sich die Spieler des FC Arsenal inzwischen mehr zutrauen, als ihnen gemeinhin zugetraut wird.

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