Fußball:PSG bangt um Millionen aus Katar

Paris Saint Germain

Not-Transfers: Julian Draxler, Goncalo Guedes und Giovani Lo Celso sind die Neuen in Paris.

(Foto: AP)

Seit sechs Jahren investiert der katarische Staatsfonds in den Fußballklub Paris Saint-Germain. Allmählich scheint er die Lust zu verlieren. Sogar Präsident Hollande ist alarmiert.

Von Oliver Meiler

Wenn die Franzosen von einem "choc" reden, dann muss das nicht unbedingt schmerzhaft sein. Im Fußball ist ein Schock im Idealfall sogar etwas besonders Hübsches, Spannendes, der Zusammenprall der Besten nämlich. Und so saß am Sonntagabend auch eine Menge Prominenz im Pariser Parc des Princes, als sich unter unablässigem Regen Paris Saint-Germain und AS Monaco maßen, Dritter gegen Zweiter, katarisches Kapital gegen russisches Kapital - "un choc" zwischen den beiden reichsten Vereinen der Ligue 1. Sie liefern sich mit dem überraschenden Tabellenführer Nizza einen netten und engen Dreikampf um die Meisterschaft.

Nicolas Sarkozy war da, doch der ist immer da. Der Fürst war da, Albert II. aus Monaco, eingepackt in eine unförmig voluminöse Daunenjacke des Klubs. Auf der Ehrentribüne saß auch Pep Guardiola, Trainer von Manchester City, dem nächsten Gegner Monacos in der Champions League. Der Katalane trug eine Wollbaskenmütze, die sein modisches Grundkonzept zu sprengen schien, irgendwie aber ganz gut ins Dekor passte.

171 Länder waren zugeschaltet, so viele wie noch nie. Die Welt sollte mal wieder sehen, dass das Spektakel des französischen Klubfußballs mithalten kann mit jenem, das in anderen europäischen Meisterschaften geboten wird. Auch und nicht unwesentlich dank der Millionen aus Katar und Russland.

Nun, der Schock ging unentschieden aus, 1:1. Und fast alles passierte in den letzten zehn Minuten des Spiels. Für Paris nutzte Edinson Cavani einen Elfmeter, den ihm Julian Draxler, der Pariser Winterzugang, beschert hatte. Cavani steht nun bei 21 Toren in 20 Spielen. Die Quote erinnert an Zeiten, als Zlatan Ibrahimovic noch recht konkurrenzlos über den französischen Fußball geherrscht hatte, samt realsatirischem Klamauk.

Doch gerade, als man dachte, PSG könne mit dem Elfmetertor die Dämonen der Durchschnittlichkeit etwas zähmen, glich das junge, erfrischend offensive Monaco in der 92. Minute nach einem Weitschuss des portugiesischen Mittelfeldspielers Bernardo Silva aus. Der Ball fand eher zufällig ins Tor, durch viele Beine hindurch. Im Tor stand nicht mehr der Deutsche Kevin Trapp, der kurz nach der Pause wegen einer Oberschenkel-Verletzung ausgewechselt werden musste, sondern der Ersatzmann.

Vielleicht hätte Trapp den Sieg gerettet. Jedenfalls war er bis zu seinem Ausfall der Beste gewesen. Doch es sollte nicht sein. Und so dürften sich zumindest die Geldgeber von PSG fragen, ob das alles noch zusammen passt: Investition und Rendite.

"Ibras" Nachfolger spielt in Nizza

Sechs Jahre ist es bald her, seit der katarische Staatsfonds Qatar Sports Investments den Klub übernahm. Der Verein war zwar keine Größe des Sports, keine Traditionsmarke. Doch die Stadt, so sagte man sich am Golf, ist ein formidables Schaufenster, in dem man mit etwas Geld hell strahlen kann. Die Welt sollte erfahren, dass Katar, Austragungsort der WM 2022, etwas mit Fußball zu tun hat. Dafür brauchte es bekannte Schaufensterfiguren, Spieler mit Namen, die Frankreich bis dahin höchstens als Ferienziel schätzten. Damals lockte ja China noch nicht. Und so ließen sich Ibrahimovic und andere mit viel Geld von einem Wechsel in die Ligue 1 überzeugen, höchstens Europas fünftgrößter Zirkus.

Fünf Jahre, sagten sich die Katarer, müssten reichen, um den Verein an die Spitze zu führen. Und zwar an die europäische. Nun sind fünf Jahre vorbei, der Verein hat mittlerweile ein Jahresbudget von 560 Millionen Euro. Doch mehr als das Viertelfinale in der Champions League war bisher nie drin. Es reicht nicht mal mehr national für ganz oben.

Die Lust am Projekt, so hat es den Anschein, ist geschrumpft. Im vergangenen Sommer, als "Ibra" wegzog, investierten die Katarer so wenig Geld in den Verein, dass selbst der Staatspräsident alarmiert war. François Hollande soll Emissäre des Emirs ins Élysée geladen haben, um sicherzustellen, dass Katar sich nicht insgesamt von Frankreich entliebe und seine Milliarden aus vielen Firmenbeteiligungen zurückziehe.

Als Trainer holte PSG den brüsken Basken Unai Emery, der davor den FC Sevilla drei Mal zum Gewinn der Europa League geführt hatte. Erste Wahl war Emery aber nicht gewesen. Und er legte sich früh mit seinen Spielern an, die sich an die freundschaftliche Art von eher laxen Übungsleitern gewöhnt hatten: Carlo Ancelotti und Laurent Blanc. PSG startete so schlecht in die Saison, dass der Verdacht aufkam, einige Stars wollten den Coach mobben. Emery schenkte den Spielern Bücher, von denen er annahm, dass sie etwas bewirken könnten. Aber lasen sie die auch?

Unterdessen spielte die Konkurrenz spektakulär auf. Lucien Favre gelang es mit spärlichen Mitteln und Favre'scher Menschenführung, aus OGC Nice einen Titelanwärter zu machen - einen mit beträchtlichem Unterhaltungsfaktor zudem, auch medial. Dafür sorgt Mario Balotelli fast ganz allein; manchmal auch sportlich. Der Italiener erzielt Tore, was ihm bei Liverpool und Milan nicht mehr oft gelungen war, neun schon in elf Auftritten. Er handelt sich zuweilen dumme Karten ein, auch mal rote. Kein Spiel ohne Balotelli-Moment, ohne Polemik. Man will ihn sehen. Sein Trikot verkauft sich so gut wie kein anderes. Am Interesse für Balotelli spiegelt sich die ganze, ungestillte Nostalgie der Franzosen nach Zlatan Ibrahimovic.

Im Wintermarkt besserte PSG nun nach, notgedrungen und für 78 Millionen Euro. 36 Millionen plus sechs Millionen Bonus investierten die Katarer in die Verpflichtung des Deutschen Julian Draxler. Der macht sich seither recht gut, spielt frei auf. L' Équipe schickte einen Reporter nach Gelsenkirchen, damit der dort mit den Jugendtrainern des Spielers redet. In der Sportzeitung gab es auch schon Grafiken, die genau nachzeichnen, wie sich Draxler bewegt auf dem Feld, mit Pünktchen und Schattierungen. Im "choc" gegen Monaco verdrängte er Ángel Di María aus der Startelf, den letzten ganz großen Namen, den man sich in Paris leistete. 2015 war das, ewig lange her.

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