Fußball:Österreich-Frust über Arnautovic-Sperre - Oranje will Sieg

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Wurde für ein EM-Spiel gesperrt: Marko Arnautovic. Foto: Robert Ghement/POOL EPA/AP/dpa (Foto: dpa)

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Amsterdam (dpa) - Die Freude über den ersten EM-Sieg überhaupt wich bei den Österreichern vor dem Spitzenspiel gegen die Niederlande dem Frust über die Sperre für ihren besten Stürmer.

Marko Arnautovic wurde von der Europäischen Fußball-Union nach seinem beleidigenden Jubel im Anschluss an seinen Siegtreffer beim 3:1 gegen Nordmazedonien für ein Spiel gesperrt und fehlt dem Team Austria damit am Donnerstag (21.00 Uhr/ZDF und MagentaTV) in Amsterdam gegen die Elftal.

"Es war sicherlich ein Thema in der Mannschaft", sagte der von Bayern München zu Real Madrid wechselnde David Alaba. Er nahm seinen Teamkollegen in Schutz. "Er hat sich vorher schon einige Dinge anhören müssen, die tiefer waren, als das, was er gesagt hat", sagte der Star im österreichischen Team über Arnautovic.

Arnautovicentschuldigt sich

Dem serbisch-stämmigen Stürmer war vorgeworfen worden, nach seinem Tor am Sonntag den gegnerischen albanisch-stämmigen Spieler Ezgjan Alioski beleidigt und dabei auch rassistische Äußerungen getätigt zu haben. Die UEFA stufte die Äußerungen des 32-Jährigen aber nicht als Rassismus ein, wie aus dem angegebenen Artikel der Satzung in der Verbandsmitteilung hervorgeht ("Beleidigung von Spielern oder anderen beim Spiel anwesenden Personen"). Sonst wäre die Strafe für den früheren Stürmer von Werder Bremen noch viel drastischer ausgefallen.

"Ich habe mein Fehlverhalten beim Torjubel aus eigener Initiative, noch bevor ein Verfahren eingeleitet wurde, öffentlich eingestanden und mich dafür entschuldigt", sagte Arnautovic in einer Mitteilung des Österreichischen Fußballverbands (ÖFB). "Es hat bedauerliche Äußerungen von beiden Seiten gegeben, aber auch Provokationen sind keine Rechtfertigung für mein Verhalten." Direkt nach dem Spiel habe es "eine Aussprache und eine gegenseitige Entschuldigung" gegeben.

Sperre ist doppelt bitter

Dennoch griff die UEFA hart durch und sperrte den für seine Emotionen und Extravaganz bekannten Stürmer. Der Verband Nordmazedoniens hatte am 14. Juni ein Beschwerdeschreiben an die UEFA geschickt und "die schärfste Strafe für den österreichischen Nationalspieler" gefordert. Alioski hatte angegeben, nicht genau verstanden zu haben, was Arnautovic nach dem Tor gesagt habe. Serben und Albaner gelten seit Jahrzehnten als verfeindet.

Für Arnautovic ist die Sperre gleich doppelt bitter. Zum einen hätte der Stürmer, der 25.000 Euro an ein Integrationsprojekt spendet, in Amsterdam wohl in der ersten Elf gestanden. Zum anderen hat er eine Niederlande-Vergangenheit, spielte von 2006 bis 2010 für Twente Enschede. "Wir kennen ihn aus dieser Zeit. Er ist ein sehr guter Spieler. Für Österreich bedeutet das sicherlich eine Schwächung, was bedeutet, dass es für uns sicher nicht schlecht ist", sagte der niederländische Bondscoach Frank de Boer. Der Ex-Profi erfuhr von der Sperre für Arnautovic während der Abschlusspressekonferenz und reagierte sichtlich überrascht.

Auch in Österreich reagierten die Medien mit Unverständnis auf die Bestrafung. Als "Knalleffekt" bezeichnete das Online-Portal "oe24.at" die Arnautovic-Sperre, von einem "Paukenschlag" sprach die Zeitung "Krone" auf ihrer Homepage.

Fokus aufs Spiel gegen die Niederlande

Österreichs Teamchef Franko Foda reagierte ebenfalls wenig begeistert. "Er hat sein Fehlverhalten eingestanden und sich öffentlich entschuldigt. Die betroffenen Spieler haben sich ausgesprochen und die Hand gereicht", sagte Foda und machte damit deutlich, dass man die Angelegenheit damit auch hätte bewenden lassen können. "Unser voller Fokus gilt dem Spiel gegen die Niederlande. Im abschließenden Gruppenspiel gegen die Ukraine wird Marko wieder zeigen, wie wichtig er für unsere Mannschaft ist."

Gegen die Niederlande wird Arnautovic den Österreichern aber fehlen, was die Aufgabe noch schwerer macht. Denn das Oranje-Team hat einen starken Start in die EM hingelegt und damit in der Heimat für eine neue Euphorie gesorgt. Nach zwei verpassten Großturnieren und einer holprigen Vorbereitung wirkte das überzeugende 3:2 gegen die Ukraine wie eine Befreiung.

Das Weiterkommen haben Fans und Experten jetzt beinahe schon als perfekt eingetütet. "Österreich gegen Nordmazedonien wirkte fast wie ein anderer Sport", schrieb die niederländische Fußball-Legende Wim van Hanegem in einer Kolumne für das "Algemeen Dagblad" über die beiden restlichen Gruppengegner des Oranje-Teams. Hinzu kommt, dass Starverteidiger Matthijs de Ligt von Juventus Turin seine Leistenbeschwerden auskuriert hat und gegen Österreich in die erste Elf zurückkehren wird.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

NIEDERLANDE: 1 Stekelenburg - 22 Dumfries, 17 Blind, 6 de Vrij, 3 de Ligt, 12 van Aanholt - 15 de Roon, 8 Wijnaldum, 21 de Jong - 19 Weghorst, 10 Depay

ÖSTERREICH: 13 Bachmann - 3 Dragovic, 8 Alaba, 4 Hinteregger - 21 Lainer, 24 Laimer, 23 X. Schlager, 2 Ulmer - 9 Sabitzer - 19 Baumgartner, 25 Kalajdzic

Schiedsrichter: Orel Grinfeeld (Israel)

© dpa-infocom, dpa:210616-99-17612/6

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