Fußball-Nationalmannschaft:Schluss mit Rätselraten

Training Fußball Nationalmannschaft

Bundestrainer Joachim Löw, links daneben Trainer-Azubi Miroslav Klose.

(Foto: Bernd Thissen/dpa)
  • Heute gibt Bundestrainer Löw seinen Kader für den Confed-Cup in Russland bekannt.
  • Wer reist mit, wer spielt bei der U21, wer darf endlich mal Ferien machen?

Von Philipp Selldorf, Köln

Als der DFB 2005 den Confederations Cup ausrichtete, wurde das Turnier in Deutschland als Einstimmung auf die im Jahr danach stattfindende Weltmeisterschaft steil willkommen geheißen. Die Stadien waren voll, die Begeisterung in den Städten war groß. Franz Beckenbauer adelte die Veranstaltung als "Mini-Mini-Mini-Mini-WM", und wenn er mit dem Diensthubschrauber durch sein Reich reiste, repräsentierte er das Land, wie es Bundesinnenminister Otto Schily der Welt zeigen wollte: heiter, herzlich, liebenswürdig.

Zwölf Jahre später hat Joachim Löw, der 2005 als Assistent von Jürgen Klinsmann fungierte, mit seiner Mannschaft die Ehre, vor allem aber die Pflicht, am mutmaßlich letzten Confed Cup der Weltgeschichte teilzunehmen. Womöglich ist es ein zweifelhaftes Vergnügen. Das Turnier, das einst als Generalprobe für das WM-Veranstalter-Land geschaffen wurde, hat keine Fürsprecher mehr, weder beim Weltverband noch bei den großen nationalen Verbänden - und schon gar nicht bei den Profiklubs, die ihre Stars entbehren müssen.

Der Confed Cup in Russland, der am 17. Juni beginnt und am 2. Juli endet, reicht zeitlich in die Saisonvorbereitung (die nächste Bundesligasaison beginnt bereits am 11. August), doch Widerstand ist zwecklos: Es besteht - ebenso wie bei der parallel stattfindenden U 21-EM in Polen - Abstellungspflicht. Auf ein diplomatisches Arrangement mit den betroffenen Vereinen hat der DFB verzichtet, man sei zwar "im Dialog, aber es gibt keine Absprache über eine mögliche Begrenzung von Nominierungen pro Klub", sagt ein Liga-Manager.

Die Personalpläne werden diskret behandelt

Bisher haben Löw und U21-Trainer Stefan Kuntz Diskretion über ihre jeweiligen Passagierlisten wahren können. Was auch daran liegt, dass sie bis zum Schluss darüber beraten haben, wie sie die Spieler untereinander aufteilen: Etliche designierte A-Nationalspieler eignen sich auch - nicht nur altersgemäß - fürs Junioren-Team. Am heutigen Mittwoch ist Schluss mit Rätselraten, dann werden die beiden Trainer in Frankfurt ihre Personalpläne vorstellen.

Löw weiß aus Erfahrung, dass er es nicht allen recht machen kann, aber diesmal muss er besonders viele Interessen, Aspekte und Ungewissheiten berücksichtigen. Das beginnt damit, dass man beim DFB nicht so recht weiß, was man für wichtiger halten soll: das Junioren-Turnier, das für die jungen Spieler im Erfolgsfall eine prägende Karrierewirkung haben kann, oder die Mini-Mini-Mini-Mini-WM, bei der man zumindest den guten Ruf des amtierenden Weltmeisters zu wahren hat - und zudem den Gastgeber nicht verprellen möchte. Denn in Russland kam es schlecht an, als Löw sich vor einigen Monaten geringschätzig über den sportlichen Wert des Wettbewerbs äußerte.

Daraufhin versicherte Löw, er werde auf jeden Fall eine starke Mannschaft zusammenführen. Und dieses Versprechen kann der Bundestrainer einhalten, obwohl er auf den harten Kern seines Kaders verzichten wird. Besonders beanspruchte Spieler wie Toni Kroos, Mesut Özil, Sami Khedira oder Mats Hummels sollen im Juni unbeschwert Ferien machen, sie werden 2018 bei der Maxi-WM wieder gebraucht. Manuel Neuer, Jérôme Boateng und Benedikt Höwedes bleibt der Confed Cup aus gesundheitlichen Gründen erspart. Sogar für den unverwüstlichen Thomas Müller hat Löw angeblich Urlaub vorgesehen.

Nicht bei allen ist der Confed-Cup verpönt

Manche Quellen versichern, dass somit aus dem aktuellen Münchner Kader nur Joshua Kimmich den FC Bayern für Deutschland vertreten wird - was an anderen Bundesligastandorten für Verstimmung sorgen könnte: Bayer 04 Leverkusen etwa rechnet mit bis zu fünf DFB-Delegierten (von Bernd Leno bis Karim Bellarabi) sowie zwei ausländischen Abgesandten (Charles Arranguiz/Chile, Chicharito/Mexiko). Allerdings übernehmen die Bayern zwei potenzielle Confed-Cup-Reisende aus Hoffenheim (Niklas Süle, Sebastian Rudy) und müssen zudem Arturo Vidal (Chile) und Renato Sanches (Portugal) ziehen lassen.

Borussia Dortmund kommt wahrscheinlich besser weg: André Schürrle und Matthias Ginter gehören definitiv zur DFB-Sommerbesatzung, Raphael Guerreiro zählt zur portugiesischen Abordnung. Marco Reus sagt zwar prinzipiell Ja zur Russland-Reise - aber er möchte sie erst 2018 antreten, bei der Original-WM. Sein Klub unterstützt den stets verletzungsgefährdeten Angreifer dabei, und dies ist ausnahmsweise ein Punkt, in dem sich Trainer Thomas Tuchel und Ober-Boss Hans-Joachim Watzke einig sind.

Im Übrigen ist der Confed Cup keineswegs überall verpönt. Mancher ehrgeizige und aufstrebende Profi möchte sich liebend gern der Mission anschließen: Der Kölner Torwart Timo Horn ist einer von ihnen, Leverkusens Bellarabi und auch zwei Spieler, die noch nie zum erlesenen Kreis gehörten: Gladbachs Lars Stindl und Amin Younes (Ajax Amsterdam) gelten ebenso als mögliche Überraschungsgäste wie der schon zweimal eher unehrenhaft aus der Nationalelf verabschiedete Max Kruse. Auch ohne Stammspieler hat Löw eine bunte Auswahl.

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