Süddeutsche Zeitung

Fußball-Meldungen:Sechserpack

Joachim Löw bekommt vom DFB-Präsidenten eine Vorgabe, für Jürgen Klopp gibt es im Derby nichts Zählbares und das Mailänder Stadt-Duell gewinnt Inter.

Halbfinale, bitte

DFB-Präsident Fritz Keller hat am Wochenende viele Grüße verschickt. Er appellierte per Brief an die Regierenden in Berlin, deutschlandweit wieder das Fußballspielen zuzulassen ("unsere Kinder und Jugendliche müssen auf die Plätze an der frischen Luft zurückkehren dürfen"). In einem Sonntagsinterview der Welt grüßte er seine Widersacher im köchelnden DFB-Machtkampf ("ich trete nicht zurück"). Und dann erhielt noch der Bundestrainer eine schöne To-do-Vorgabe für den Sommer: Joachim Löw, erklärte Keller nicht zum ersten Mal, möge mit seiner Nationalelf bei der EM doch bitteschön das Halbfinale erreichen: "Ich weiß, dass es ein sehr, sehr hohes Ziel ist", so Keller, er sei aber trotz des jüngsten Krisenherbstes überzeugt, dass Löw "eine begeisternde, hochinteressante EM" abliefern werde. Löw genoss am Samstag als Tribünengast in Frankfurt die Vorfrühlingssonne. Sonntags war er zu Besuch in Augsburg.

Zehn-Prozent-Krise

Was die meisten Beobachter "verrückt" oder "unglaublich" nennen, ist für Jürgen Klopp nur eine Frage von "zehn Prozent, die fehlen". Sein FC Liverpool fabriziert gerade die zweite Heimserie in historischem Ausmaß. Famose 68 Ligaspiele war Englands Meister in Anfield unbesiegt geblieben - im direkten Anschluss gab es nun, erstmals seit 97 Jahren, vier Heimniederlagen in Serie. "Der Schmerz sitzt tief", sagte Klopp nach dem 0:2 im Merseyside-Stadtderby gegen Everton, dennoch fand er: "Neunzig Prozent waren heute positiv." Der von Carlo Ancelotti gecoachte Gegner traf durch Richarlison (8.) und Sigurdsson (83.), für Liverpool ist der Meistertitel futsch, das 2:0 gegen Leipzig war nur eine kurze Krisenunterbrechung. Und auch das epische Abwehr-Verletzungspech, das beim Hinspiel in Everton mit dem Knieschaden von Kapitän van Dijk begann, geht weiter: Diesmal verletzte sich Aushilfsverteidiger Henderson.

Tuchels Denkzettel

Der Flügelflitzer Callum Hudson-Odoi, 20, war mal monatelang ein Wunschspieler des FC-Bayern-Sportchefs. Und auch vom Trainer Thomas Tuchel hält Hasan Salihamidzic viel. Doch beide wurden keine Münchner, stattdessen arbeiten sie jetzt in London zusammen. Tuchels Start beim FC Chelsea klingt gut: fünf Siege, zwei Unentschieden, viel Lob fürs Team, am Anfang auch für Hudson-Odoi. Seit Samstag kennt der junge Mann jedoch die strenge Seite des neuen Coaches aus Germany. Beim 1:1 gegen Ralph Hasenhüttls FC Southampton ereilte Hudson-Odoi, was der Fußball-Duden als Höchststrafe bezeichnet: eingewechselt in Minute 46, wieder raus in Minute 76! "Er ist nicht in der Form, uns zu helfen", erklärte Tuchel, "Körpersprache, Einstellung, Pressing - ich war nicht zufrieden. Wir verlangen 100 Prozent." Sein Zorn, betonte Tuchel, sei aber von gnädiger Haltbarkeit: "Morgen ist alles wieder vergessen."

Atléticos Ärgernis

Levante Unión Deportiva, kurz: UD Levante, ist ein eher unscheinbarer spanischer Erstligist, der im Schatten seiner Lokalrivalen FC Valencia und Villarreal steht, sich aber in dieser Saison wacker behauptet und laut aktueller Notierung Tabellenachter ist. Der gute Rang rührt auch daher, dass die graue Maus in dieser Woche zu einer Art Game-Changer mutiert sein könnte. Weil es der corona-verwirbelte Spielplan so ergab, traf Levante in nur vier Tagen in der Liga zweimal auf Atlético Madrid. Und siehe da: Plötzlich hat Spanien ein enges Meisterrennen. Denn Atlético, zuvor mit zwei offenen Nachholspielen meilenweit in Führung, hat gegen Levante fünf Punkte verdaddelt: Nach dem 1:1 im Nachholspiel der Hinrunde unterlag der Tabellenerste dem Außenseiter nun zu Hause 0:2 - der zeitweise zweistellige Punktevorsprung vor dem Stadtrivalen Real Madrid (1:0 in Valladolid) ist auf drei Zähler geschmolzen. UD sei Dank.

Grande, Inter!

Die Fallhöhe war bereits vor dem Anpfiff gesetzt worden: "DerbyAmo", titelte am Sonntag die Gazzetta dello Sport, es war ein Signal der Liebe für dieses ruhmreiche Mailand-Duell. Sogar mit der Tochter von Giuseppe Meazza hatte das rosa Blatt gesprochen, dem namensgebenden Patron des Stadions, der einst für Inter und den Rivalen AC Milan spielte. Der frühere Stürmer Meazza gilt aber vor allem bei den Nerazzurri von Inter als Legende, weshalb er gewiss verzückt war, wenn er im schwarz-blauen Himmel zuschauen durfte. Inter triumphierte im Stadtderby mit 3:0 - Meazzas Fazit dürfte lauten: Grande! Auch die neue Stürmergeneration hat's in sich! Lautaro Martinez erzielte die ersten beiden Treffer (5./57.), Romelu Lukaku stellte mit einem Gewaltschuss den Endstand her (66.). Inter steht jetzt mit vier Punkten vor Milan an der Tabellenspitze. Meazza wurde übrigens vier Mal Meister - immer nur mit Inter.

Banale Torkunst

Während der eine Hamburger Mittelstürmer etwas schwächelt, staunen alle über den anderen Hamburger Mittelstürmer und dessen sagenhafte Erfolgsquote. An HSV-Torjäger Simon Terodde wird St. Paulis Guido Burgstaller in der 2. Bundesliga zwar nicht mehr rankommen, aber er nähert sich kontinuierlich. In sieben Spielen nacheinander hat er getroffen, beim 3:2 gegen Darmstadt erzielte er nun sogar zwei typische Burgstaller-Tore: eines ein Abstauber, das andere ein fabelhaftes Gesamtwerk aus Ballannahme mit dem einen Fuß und Abschluss mit dem anderen. Burgstaller, 31, beherrscht beides: Das banale 1:0 durch Einschieben aus nächster Nähe und schwierige Kunststücke. Vor seiner Pauli-Serie hatte der Österreicher mit dem grimmigen Blick bei Schalke weder aus der Nähe, noch aus der Ferne getroffen, daher ließ er sich in die zweite Klasse versetzen. Dort könnte ihn wohl Schalke bald wieder gebrauchen.

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SZ vom 22.02.2021 / sz, pse, thue
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