Fußball:Matthias Sammer steht vor Gericht
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Von Stephan Handel, München
Der Vorsitzende Richter am Landgericht Martin Scholz ist qua Geburt Fan des SC Freiburg, und das könnte ihn noch einmal in Schwierigkeiten bringen in dem Verfahren, das er gerade verhandeln muss an seiner Kammer für Handelssachen. Was nämlich, wenn die Freiburger absteigen müssten und nicht der VfL Wolfsburg, der momentan noch ein Stückchen schlechter dasteht, und wenn Scholz dann Wolfsburger Verantwortliche vernehmen muss? Kann er das unbefangen tun?
Das ist natürlich ein Scherz, aber der Fall ist auch ein bisschen anders als eine übliche Streitigkeit zwischen zwei Kaufleuten. Im Gerichtssaal sitzen auf der Klägerseite Alderim Ramaj, 30 Jahre alt und Spielerberater, auf der Beklagtenseite aber Matthias Sammer, gewesener Fußballprofi, vielfacher Nationalspieler, Bundesliga-Trainer, Sportdirektor des DFB, Vorstand des FC Bayern München. Es geht um Geld, 350 000 Euro will Ramaj von Sammer. Und es geht um die Gepflogenheiten in einer Branche, die gewiss anders ist als jene, mit denen Martin Scholz und seine Kammer sonst so zu tun haben.
Die Firma macht nicht einen Cent Umsatz
Ramaj hat 2015 eine GmbH gegründet mit Marvin Sammer, Matthias' Sohn, heute 22 Jahre alt. Die Firma sollte Fußball-Spieler beraten und vermitteln, und gewiss rechneten die beiden sich aus, dass der Name Sammer im Briefkopf kein Schaden wäre. Aber leider lief nicht alles nach Wunsch - um genau zu sein: Nicht einen Cent Umsatz machte die Firma.
Ramaj wollte raus aus dem Nicht-Geschäft, den Sammers war's recht: Am 26. Juni 2017 wurde der Verkauf von Ramajs Anteilen an Sammer für 12 250 Euro beurkundet. Allerdings kam es Ramaj mehr als komisch vor, als er vier Tage später las, dass der Spieler Felix Uduokhai von 1860 München zum VfL Wolfburg gewechselt war - und dass Matthias Sammer den Wechsel eingefädelt hatte. Messerscharf schloss Ramaj, dass die Sammers ihn übers Ohr gehauen hätten, dass der Wechsel schon lange vorbereitet war und erst vollzogen wurde, als er aus der Firma draußen war. Das wollte er sich nicht gefallen lassen, deshalb klagt er jetzt: 14 Prozent des Brutto-Jahresgehalts von Uduokhai will er haben, und zwar über die ganze Laufzeit des Vertrags bis 2022, so kam er auf 350 000 Euro.
Der Richter rät zu einer Einigung
Eine Forderung, die Matthias Sammer für absurd hält: Er ganz allein habe diesen Wechsel über die Bühne gebracht, schon lange bevor er bei der Firma des Sohnes einstieg. Na gut, die Rechnung an Wolfsburg, die sei über die GmbH gelaufen, sagt der Ex-Fußballprofi. Aber sein Sohn habe nie selbst verhandelt, er habe ihn höchstens zu Ausbildungszwecken mal mitgenommen zu den Gesprächen.
Marvin, der Sohn, ist nicht mitgekommen zur Verhandlung, was für sein Selbstbewusstsein vielleicht ganz gut ist: Sein Vater stellt ihn als unbedarften 22-jährigen Studenten hin, er habe vom schwierigen Geschäft der Spielervermittlung genauso wenig Ahnung wie sein junger Kompagnon Ramaj, der im Übrigen ein Trittbrettfahrer sei. Mag sein, sagt Richter Scholz da. "Aber das Trittbrett ausgeklappt hat Ihr Sohn": Erst durch die mangelhafte Trennung der verschiedenen Firmen sei das jetzige Kuddelmuddel ja entstanden.
"Das brüllt nach einer Einigung", rät Scholz. Dazu haben die beiden Streithähne nun bis Anfang Juli Zeit, sonst werden als nächstes Zeugen vor Gericht geladen, zum Beispiel die Verantwortlichen des VfL Wolfsburg. Der Abstiegskampf in der Fußball-Bundesliga ist bis dahin jedenfalls entschieden, für Freiburg, hofft Richter Scholz.