Fußball-Länderspiele:Als Hitler erbost das Stadion verließ

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Erst einmal gewann Norwegen im Fußball gegen Deutschland - und das unter den Augen des Diktators.

Thomas Hummel, Düsseldorf

Eigentlich wollte Adolf Hitler an diesem Nachmittag überhaupt kein Fußballspiel ansehen. Er mochte diese Sportart nicht und hätte lieber das Poloturnier besucht. Noch lieber hätte er sich mit einigen deutschen Ruderern getroffen, die zu den besten der Welt gehörten und später einige Goldmedaillen gewannen.

Diktator Adolf Hitler: Mit deutschen Verlierern wollte er nichts zu tun haben. (Foto: Foto: dpa)

Doch Hitler ließ sich von den Beratern überzeugen, dass dieser Fußballsport ungemein beliebt sei beim deutschen Volk. Und dass die Deutschen sicher gewinnen würden, ganz sicher. Es ginge ja nur gegen Norwegen.

Also erlebte der Diktator am 7. August 1936 im Berliner Poststadion sein erstes Fußballspiel in einem Stadion. Zusammen mit etwa 50.000 Zuschauern sah er in der Zwischenrunde des olympischen Turniers die völlig überraschende 0:2-Niederlage der deutschen Mannschaft. Es war bis heute der einzige Sieg einer norwegischen Mannschaft gegen eine deutsche - am heutigen Abend (20.30 Uhr) treffen die Nationen zum 20. Mal aufeinander.

Der Diktator verließ damals bereits vor dem Abpfiff erbost die Arena. Mit deutschen Verlierern wollte er nichts zu tun haben. Es war auch das letzte Mal, dass Hitler beim Fußball gesehen wurde.

Auch der damalige Reichstrainer Otto Nerz spürte die Folgen der Niederlage. Er durfte zwar noch als so genannter Referent für die Nationalmannschaft weiterarbeiten, das Training übernahm allerdings fortan ein gewisser Sepp Herberger. 1938 verlor Nerz dann alle Kompetenzen an Herberger.

Nur ein Sparringspartner

Dabei war Nerz eigentlich nicht der Hauptschuldige an der Blamage im Poststadion. Felix Linnemann, Präsident des damaligen Fachamts Fußball im Nationalsozialistischer Reichsbund für Leibesübungen (so etwas wie der DFB der Nazi-Zeit), hatte Nerz in Anbetracht des hohen Besuchs angeordnet, ihm die Aufstellung vorzulegen. Linnemann wies den Trainer daraufhin an, einige der besten Spieler für die späteren Finalpartien zu schonen. Nach dem vorangegangenen 9:0 gegen Luxemburg schienen die Norweger nur ein weiterer Sparringspartner auf den Weg zur Medaille; schließlich waren die Deutschen 1934 bei der WM in Italien noch Dritter geworden.

Doch die Norweger präsentierten sich wesentlich stärker als erwartet. Der Stürmer Isaksen brachte die Gäste schon nach sechs Minuten in Führung. Und als Trainer Nerz am Ende alle Mann nach vorne schickte, traf noch einmal Isaksen zum 2:0.

Die Spieler nahmen das Aus zum willkommenen Anlass, den sehr strengen Nerz loszuwerden. "Ich habe mich in einem Lehrgang bei ihm immer gefühlt wie in einer Kaserne", klagte der Münchner Siegfried Haringer. Und der Düsseldorfer Karl Hohmann erinnerte sich später: "Auf gut deutsch gesagt, wir hatten noch nicht einmal Zeit zum Kacken." Nerz soll sogar noch am Vormittag vor dem Norwegen-Spiel ein überaus hartes Training angesetzt haben.

Besser gefiel ihm Handball

Adolf Hitler war anschließend das so populäre, die kaum planbare Sportart Fußball äußerst suspekt. Besser gefiel ihm da schon Handball, in dem die Deutschen unangefochten dominierten.

Den deutschen Fußball und die Nationalmannschaft beeinflusste er noch einmal 1938: Kurz nach der Einnahme Österreichs durch das Deutsche Reich befahl er, dass bei der WM in Frankreich nicht die beiden qualifizierten Mannschaft aus Deutschland und Österreich spielen durften, sondern aus beiden Teams eine Gemeinschaftsmannschaft gebildet werden müsse. Reichstrainer Herberger musste sechs Deutsche zusammen mit fünf Österreichern auflaufen lassen. Oder umgekehrt.

Weil zu jener Zeit sowohl Deutschland wie auch die Österreicher zu den besten Nationen des Weltfußballs gehörten, glaubte einige Nazi-Größen, eine großdeutsche Elf müsse unschlagbar sein. Doch auch hier irrten sie: Das zusammengewürfelte Team verstand sich auf dem Platz überhaupt nicht und scheiterte schon in der ersten Runde an der Schweiz - unter dem großen Jubel der Franzosen.

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