Fußball: Klinsmann wird US-Trainer:Ein Mittelstürmer für Amerika

Jürgen Klinsmann wird Trainer der US-Nationalelf. Amerika darf sich auf eine Nationalelf freuen, die radikal offensiv spielen wird - wie es Klinsmann in seiner aktiven Karriere tat. Es wird eine Elf sein, die perfekt motiviert ist, erst recht gegen Polen - und am allermeisten, wenn sie auf die deutsche Nationalelf trifft.

Das Vorletzte, was man von Jürgen Klinsmann hörte, war, dass er den guten, alten Torsten Frings untergebracht hat. Frings spielt jetzt beim FC Toronto, einem Klub, den Klinsmanns Firma Soccer Solutions berät. Das Letzte, was man von Klinsmann hörte, war ein Interview, in dem er über den deutschen Fußball sprach und über den Weg, auf dem sich der deutsche Fußball befinde. Dass der gute Weg mit ihm, Klinsmann, zu tun hat, hat er zwar nicht gesagt, bestimmt aber gemeint.

Juergen Klinsmann

Zurück als Projektleiter: Jürgen Klinsmann wird Trainer der US-Nationalelf.

(Foto: AP)

Das waren ganz schön viele Neuigkeiten von jenem Mann, den Deutschland schon fast vergessen hatte. Am Freitagabend, gegen 18.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit, kam plötzlich noch eine allerneueste Nachricht hinzu: Jürgen Klinsmann, der an diesem Samstag 47 Jahre alt wird, übernimmt die Fußball-Nationalmannschaft der USA. Nicht als Berater. Nicht als Manager. Als Trainer.

Klinsmanns neuer Job ist nichts anderes als eine logische Pointe unter die vergangenen Jahre. Bei der deutschen Nationalmannschaft, die Klinsmann im Sommer 2004 übernahm und bei der WM 2006 auf den dritten Platz führte, hat er Geschmack am Trainerjob gefunden - und beim FC Bayern, bei dem er sich von Sommer 2008 bis April 2009 versuchte, haben sie ihm den Spaß wieder abgewöhnt.

Jedenfalls den Spaß als Vereinstrainer, in Deutschland. In seiner Heimat gilt er seit dem gescheiterten Experiment in München mehr denn je als Projektleiter - als einer, der Prozesse anstoßen, durchboxen kann, der das Trainieren aber anderen überlassen sollte.

In den USA zweifeln sie nicht an Klinsmanns Fähigkeiten, dort war er der Wunschkandidat. "Ist jetzt endlich Klinsmann-Time?" fragte gerade erst ein Kolumnist von Sports Illustrated. Er fühle sich "stolz und geehrt, zum Nationaltrainer der US-Männermannschaft ernannt worden zu sein", ließ Klinsmann am Freitag per Verbands-Kommuniqué ausrichten.

Er freue sich sehr "auf die Herausforderung, die vor mir liegt", so Klinsmann weiter, der die US-Elf erstmals am 10. August gegen Mexiko betreuen wird. "Ich freue mich, die Mannschaft gegen Mexiko zusammenzubringen und auf dem Weg Richtung WM-Qualifikation für 2014 zu starten." Klinsmann tritt die Nachfolge von Bob Bradley an, der das US-Team 2007 übernommen und zuletzt beim Gold Cup betreut hatte.

Amerikanische Konzepte in Amerika

Bei der Meisterschaft von Nord- und Mittelamerika hatte die Elf unter der Regie des 53-Jährigen trotz einer überraschenden Vorrunden-Niederlage gegen Panama das Finale erreicht, unterlag Mexiko dort aber 2:4. Der US-Verband hatte sich am Donnerstag von Bradley getrennt, Nachfolger Klinsmann wird am Montag in New York in einer Pressekonferenz offiziell vorgestellt.

Bayern Muenchen - FC Schalke 04

Weniger schöne Zeit als Vereinstrainer: Jürgen Klinsmann beim FC Bayern.

(Foto: ddp)

"Jürgen ist ein sehr erfolgreicher Spieler und Trainer mit genügend Erfahrung und Wissen, um unser Projekt voranzubringen. Wir freuen uns auf seine Führung auf und außerhalb des Feldes", sagte Verbandschef Sunil Gulati. Er hatte sich schon mehrmals um Klinsmann bemüht, seit seinem Ausstieg beim DFB 2006 war er immer wieder als US-Nationalcoach im Gespräch gewesen.

Klinsmanns genaue Kompetenzen sind noch nicht überliefert, aber die Sätze des Verbandschefs lassen darauf schließen, dass der Deutsche mehr sein wird als ein reiner Sportlehrer. Den Deutschen Fußball-Bund hatte er damals mit der schönen Formulierung erschreckt, man müsse "im Prinzip den ganzen Laden auseinandernehmen", aber bei seinem neuen Arbeitgeber haben sie keinerlei Furcht vor diesem Mann.

Amerikanische Konzepte sind Amerikanern vertraut - und eine kämpferische Wohnsitzdebatte wird es diesmal auch nicht geben: Seit 1998 lebt der Schwabe in Kalifornien.

Amerika darf sich ab sofort also auf eine Nationalelf freuen, die so radikal offensiv spielen wird wie dies der ehemalige Mittelstürmer in seiner aktiven Karriere tat. Es wird eine Mannschaft sein, die perfekt motiviert ist, gegen jeden Gegner, erst recht gegen Polen - und am allermeisten, wenn sie irgendwann auf die deutsche Nationalmannschaft trifft.

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