Süddeutsche Zeitung

Fußball: Werder Bremen:Klinsmann holt Frings

Der einstige Bundestrainer Jürgen Klinsmann vermittelt den einstigen Nationalspieler Torsten Frings zum FC Toronto. Während Werder Bremen nun sein Mittelfeld umbaut, bekommt Frings in Kanada allerhand zu tun.

Jörg Marwedel

Es war der selbe Tag, an dem Torsten Frings, 34, und sein bisheriger Klub Werder Bremen den Startschuss für die nähere Zukunft abgaben. Frings in Toronto, Werder-Chef Klaus Allofs und Trainer Thomas Schaaf im neuen Pressesaal des renovierten Weserstadions. Der einstige Werder-Kapitän Frings bestätigte in Kanada, was er im letzten Kapitel seiner Fußballkarriere vorhat.

Er unterschrieb einen Vertrag über zweieinhalb Jahre beim FC Toronto, der in der nordamerikanischen Fußball-Liga MLS zuletzt mit mäßigem Erfolg spielte. Seine alten Bosse wiederum, die sich vom 79-maligen Nationalspieler nicht allein wegen seines hohen Gehaltes getrennt hatten, sondern auch, um ein verändertes Team aufzubauen, haben ihren Neustart mit weitreichenden Wünschen und Hoffnungen eröffnet.

Kern aller Träume: Dass der 2011 auf Rang 13 abgesackte SV Werder trotz eines von 46 auf 41 Millionen Euro abgespeckten Lizenzspieler-Etats wieder das alte Werder wird. Mit einem guten internen Klima und einem Fußball, der nicht nur an der Weser bewundert wird.

Allofs hat in seinen Ausführungen zur Saison2011/12 jedenfalls eine bessere Atmosphäre als wichtiges Ziel benannt: "Wir wollen eine positive Grundstimmung. Die ist im letzten Jahr viel zu kurz gekommen." Diese Absicht soll von einem etwas freundlicheren Kapitän forciert werden, als es der grummelige Frings war. Vermutlich entscheidet sich Schaaf zwischen Verteidiger Per Mertesacker und Stürmer Claudio Pizarro.

Fußballerisch wiederum haben die Bremer zwei Hauptbaustellen: Sie brauchen eine stärkere Abwehr und wieder einen Regisseur, der das offensive Spiel ordnet wie einst Micoud, Diego oder Özil. Der vom FC Bayern erworbene Mehmet Ekici (war vergangene Saison an den 1. FC Nürnberg ausgeliehen) soll das Spiel lenken und wird vorauseilend mit Komplimenten überhäuft.

Allofs glaubt, Ekici sei schon weiter als Mesut Özil, als dieser 2008 von Schalke nach Bremen kam. Schaaf sagt, Ekici verkörpere all jene Tugenden, die man sich vorgenommen habe: "Er kann kombinieren, er schaltet schnell, er ist torhungrig."

Genau so wichtig ist die Verbesserung der Defensive. Die bislang von Frings eingenommene "Sechser"-Position könnte außer Philipp Bargfrede und Tim Borowski nun der aus Schalke geholte Lukas Schmitz besetzen. Schwieriger ist es weiter hinten, denn man weiß nicht, wann die verletzten Innenverteidiger Mertesacker, Naldo und Sebastian Prödl wieder spielen können.

Immerhin sieht es so aus, als könne man sich mit dem FCGenua und dem AC Mailand doch noch über den von Werder- und Griechenland-Ikone Otto Rehhagel empfohlenen Sokratis Papastathopoulos, 23, einigen. Mit Schmitz, Papasthopoulos, Mikael Silvestre und dem an einem Knorpelschaden laborierenden Sebastian Boenisch hätte man theoretisch vier Profis, die auch auf dem bei Werder labilen Posten des linken Außenverteidigers spielen könnten.

Frings selber freut sich dagegen auf ein Abenteuer. 402 Spiele hat er in der Bundesliga bestritten, für Bremen, Dortmund und München. Nun habe er Anfragen aus Europa, Amerika, den Emiraten und der Bundesliga gehabt, teilte er mit, aber sein Faible für Amerika habe den Ausschlag gegeben.

Eingefädelt wurde der Kontakt übrigens von Jürgen Klinsmann, der als Berater des FC Toronto tätig ist. Unter dem einstigen Bundestrainer bestritt Frings die meisten seiner insgesamt 79 Länderspiele. Sein künftiger Trainer ist der frühere niederländische Nationalspieler Aaron Winter.

Mitspieler wird der ebenfalls gerade verpflichtete niederländische Stürmer Danny Koevermans, 32, sein. Frings' Debüt ist am 20. Juli gegen den FC Dallas vorgesehen. Er hat viel zu tun: Toronto ist mit gerade drei Siegen aus 19 Spielen Tabellenletzter in der Eastern Conference.

In Bremen hat man auch ohne Frings wieder höhere Ziele. In der Bundesliga, glaubt Allofs, gäbe es im Prinzip nur zwei Möglichkeiten: Entweder man spiele gegen den Abstieg, wie zuletzt neun oder zehn Mannschaften, oder aber man kämpfe um die internationalen Plätze. Genau das, sagt der Werder-Boss, "wollen wir erreichen". Jörg Marwedel

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Quelle:
SZ vom 01.07.2011/jüsc
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