Süddeutsche Zeitung

Fußball: Kartoffelacker:Grün mit Zusatzfurche

Die DFL will sich jetzt selbst um die "Sicherstellung der Rasenqualität" auf deutschen Profi-Fußball-Plätzen kümmern. Doch im Winter kann es keine sattgrünen Wiesen geben.

Christian Zaschke

Zu dieser Zeit des Jahres wird gemeinhin der Kartoffelacker in Misskredit gebracht. Das liegt daran, dass in den Fußballstadien die Rasenflächen sich in holprige Wiesen verwandelt haben; das Grün wird unterbrochen von braunen Stellen, was dem Passspiel abträglich ist.

Diese grünbraunen Wiesen werden als Kartoffelacker geschmäht, was landwirtschaftlich empfindsamen Seelen nicht nur zu einfallslos ist, sondern auch zu ungenau: Was bitteschön sollen die ausgerollten Wiesen mit einem Acker zu tun haben, dessen in Furchen geworfene Oberfläche erdbraun in der Landschaft liegt? Gemach, ruft der Fußballfan den landwirtschaftlich empfindsamen Seelen zu, es ist eine Übertreibung, die das Ausmaß des Problems erst anschaulich macht.

Mittlerweile braucht es allerdings keine sprachliche Veranschaulichung mehr. Wie mies die Plätze sind, ist jedem ersichtlich. Kürzlich musste das Hamburger Derby wegen Bodenproblemen verschoben werden, das Länderspiel der Deutschen gegen Italien wurde in Dortmund auf einem von Rasen weitgehend befreiten Geläuf ausgetragen, und an jedem Wintersamstag finden Bundesligaspiele auf Feldern statt, die abgefressenen Weiden ähneln.

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat sich des Themas nun angenommen und, wie sie mitteilt, die "Bildung einer Expertenkommission zur Sicherstellung der Rasenqualität der Spiele des Ligaverbandes" beschlossen.

Bisher kümmern sich die Klubs selbst um die Qualität der Spielflächen, was bisweilen zu Ärger führt. Im vergangenen Jahr zum Beispiel mutmaßte Louis van Gaal, Trainer des FC Bayern, dass der Gegner Schalke 04 mit Absicht einen besonders ramponierten Rasen zur Verfügung gestellt habe. Tatsächlich wirkt es bisweilen so, als zögen Gegner des FC Bayern, der bekanntlich gern ein gepflegtes Passspiel aufzieht, noch die ein oder andere Zusatzfurche ins Spielfeld, um den Spielfluss zu stören.

Diesem Unsinn ein Ende bereiten zu wollen ist eine gute Idee der DFL. Allerdings werden Wiesen, auf denen winters Fußball gespielt wird, niemals sattgrün in den Stadien liegen - insbesondere nicht in den modernen Arenen, in denen die Spielfelder nicht genug Sonne bekommen.

Die einzig konsequente Lösung des Problems wäre, künftig auf Kunstrasen zu spielen, doch in dessen Ablehnung sind sich die landwirtschaftlich empfindsame Seele und der Fußball-Fan ausnahmsweise einig.

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Quelle:
SZ vom 02.03.2011/jbe
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