Fußball international:Dekadent und insolvent

Der Ex-Nationalspieler David Odonkor ist vom Pech verfolgt: Nun ist auch noch sein Klub Betis Sevilla pleite. In Spanien herrscht Tristesse, in Italiens Serie A wird geprasst. Die Spielergehälter durchbrechen eine Schallmauer.

David Binnig

Er war Jürgen Klinsmanns Geheimwaffe, doch seit der WM 2006 klebt ihm das Pech an den Kickschuhen: David Odonkor. Er ist derzeit mal wieder verletzt - und jetzt hat sein Klub auch noch Insolvenz angemeldet.

FIFA WM 2006: Deutschland - Italien

David Odonkor weint nach dem verlorenen WM-Halbfinale 2006. Auch heute ist er in einer schwieigen Situation: Er ist verletzt und sein Klub pleite.

(Foto: ddp)

Odonkor spielt - wenn er denn spielt - bei Betis Sevilla. 2009 stieg der spanische Traditionsverein aus der Primera División ab. In der vergangenen Zweitliga-Saison verpasste Betis als Vierter knapp den angepeilten Wiederaufstieg. Aktuell stehen die Grün-Weißen mit sechs Punkten aus zwei Spielen an der Spitze der Segunda División. Dennoch soll spanischen Medienberichten zufolge Vereinsbesitzer Luis Oliver einen Insolvenzantrag eingereicht haben. Der Klub ist hochverschuldet, über die Höhe der Verbindlichkeiten wurden keine Aussagen getroffen.

Teure Fehlinvestitionen

Künftig soll ein Insolvenzverwalter die finanziellen Angelegenheiten der Andalusier in die Hand nehmen. Über mögliche sportliche Konsequenzen gibt es keine Auskünfte. Zunächst wird Betis Sevilla weiter am regulären Spielbetrieb teilnehmen. Betis hatte sich in den vergangenen Jahren finanziell übernommen. Viele teure Spielertransfers erwiesen sich als Fehlinvestitionen. Für David Odonkor zahlte Betis 2006 etwa 6,5 Millionen Euro an Borussia Dortmund. Heute liegt Odonkors Marktwert bei 800.000 Euro. Der schnelle Flügelspieler hatte vor allem bei der WM 2006 auf sich aufmerksam gemacht. Er war damals 22 Jahre alt und galt als Talent mit Zukunft. Doch Knieverletzungen warfen ihn immer wieder zurück: Odonkor machte seither nur 51 Spiele in Spanien.

Betis Sevilla feierte den letzten großen sportlichen Erfolg im Jahr 2005: Die Andalusier gewannen den spanischen Pokal. In der Vereinsgeschichte konnte der Klub neben zwei Pokalsiegen (1977 und 2005) auch die spanische Meisterschaft im Jahr 1935 bejubeln.

Schallmauer durchbrochen

Finanzielle Abenteuer sind im spanischen Fußball nichts Ungewöhnliches. Erst kürzlich war der Erstligist Real Mallorca, der im ersten Saisonspiel der Primera División dem großen Real Madrid unter dem noch größeren Star-Trainer José Mourinho ein 0:0 abtrotzte, wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten von der Uefa von internationalen Wettbewerben ausgeschlossen worden. Medienberichten zufolge soll der Verein von der Ferieninsel Schulden in Höhe von rund 85 Millionen Euro angehäuft haben.

WM 2006 - Deutschland - Portugal

Seit der WM 2006 hatte David Odonkor nicht oft Grund zum Jubeln.

(Foto: dpa)

Auch in einer weiteren Fußball-Großmacht am Mittelmeer grassiert die Dekadenz: Die italienische Fußball-Liga wird in dieser Saison eine Schallmauer durchbrechen - die Spielergehälter werden auf mehr als eine Milliarde Euro steigen. Offiziell geben die 20 Serie-A-Klubs Gehaltszahlungen von insgesamt 802,5 Millionen Euro an. Die tatsächliche Gehaltssumme liege jedoch, wie die Gazzetta dello Sport heute berichtet, aufgrund von Erfolgsprämien und Boni deutlich höher: bei mehr als einer Milliarde Euro.

Der Berlusconi-Klub an der Spitze

Damit haben sich die Personalausgaben der Serie A seit 2006 fast verdoppelt. Damals lagen sie noch bei 546 Millionen Euro. Am spendabelsten erwies sich der Klub des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi: der AC Mailand. Dessen Posten für die Kicker-Bruttogehälter habe durch die Verpflichtung der beiden Großverdiener Zlatan Ibrahimovic (neun Millionen Euro Gehalt pro Jahr) und Robinho (vier Millionen) insgesamt 130 Millionen Euro erreicht.

Auf Platz zwei rangiert Meister Inter Mailand. Der Champions-League-Sieger gebe 121 Millionen Euro für sein Starensemble aus. Dahinter folgen Rekordmeister Juventus Turin (100 Millionen), Vize-Meister AS Rom (83 Millionen), AC Florenz (41,7 Millionen), Lazio Rom (41 Millionen) und der FC Genua (36,7 Millionen), bei dem Ex-Bayern-Stürmer Luca Toni mit vier Millionen Euro pro Jahr mit Abstand der bestbezahlte Kicker ist.

Aufsteiger Cesena dagegen komme als sparsamster Klub mit nur 8,3 Millionen Euro für seinen Spielerkader aus. Finanzierbar sind die enorm hohen Gehälter für die italienischen Klubs aufgrund der gestiegenen TV-Einnahmen. Und mit neuen Schulden.

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