Fußball in Spanien:Geldsegen aus dem Basketball-Universum für Real Mallorca

Steve Nash

Steve Nash ist einer der besten Passgeber der NBA-Geschichte - jetzt gibt er Geld.

(Foto: Alex Gallardo/AP)
  • Der RCD Mallorca, spanischer Zweitligist in Abstiegsgefahr, soll binnen weniger Jahre zu einer Top-Adresse im europäischen Fußball werden.
  • So plant es der deutsche Unternehmer Utz Claassen. Der Klubbesitzer gibt die Mehrheit am Verein an ein illustres Investoren-Konsortium mit prominenten Namen aus der amerikanischen Profi-Basketballliga NBA ab.

Von Uwe Ritzer

Nur 20 Punkte nach 19 Spieltagen, Platz 18 und damit Fünftletzter in der zweiten spanischen Fußballliga. Rein statistisch deutet derzeit nichts darauf hin, dass RCD Real Mallorca in absehbarer Zeit zur europäischen Spitze gehören wird. Es droht sogar der Absturz in die 3. Liga. Und das, obwohl der bisherige Eigentümer vor der Saison versprochen hat, im Jubiläumsjahr alles dafür zu tun, damit die Königlichen von der Baleareninsel wieder erstklassig werden.

Am 5. März jährt sich der Gründungstag des spanischen Traditionsvereins zum 100. Mal. "Der Aufstieg in die erste Liga ist immer noch drin", gibt sich Utz Claassen als Eigentümer und Präsident unerschüttert optimistisch. "Es sind nur zehn Punkte Rückstand bis zu den Play-off-Plätzen." Bis zu Tabellenrang 6 also, der zur Teilnahme an den Ausscheidungsspielen berechtigt.

Sportlich ist die Situation also schwierig, wirtschaftlich jedoch ist sie besser denn je. Ein illustres US-amerikanisches Konsortium, angeführt von Robert Sarver, 54, dem Besitzer des NBA-Basketballteams Phoenix Suns, hat die Mehrheit beim RCD Mallorca übernommen. Mit dabei auch die Basketballlegende Steve Nash, bei den Dallas Mavericks einst sechs Jahre lang Teamkollege von Dirk Nowitzki, und der amerikanische Ex-Tennisprofi Andy Kohlberg.

Über eine Kapitalerhöhung pumpen sie 20,6 Millionen Euro in den Verein und sie stehen damit auch für die mehr als 30 Millionen Euro Schulden gerade, die auf dem RCD noch lasten. Im Gegenzug haben die Amerikaner und der Kanadier Nash dort ab sofort das Sagen. Sarver und Kohlberg übernehmen jeweils 36, Nash vier Prozent am RCD. Utz Claassen gehören noch gut 20 Prozent der Anteile, allerdings bleibt der Deutsche Präsident und Verwaltungsratschef.

"Ein schöneres Geschenk zum 100. Geburtstag kann man dem Verein kaum machen", schwärmt Claassen gegenüber der SZ. Er sei "sehr zufrieden, den bestmöglichen Investor" gefunden zu haben. "Über gemeinsame Bekannte" habe man sich kennengelernt. Der Einstieg der sportaffinen US-Investoren schaffe die Voraussetzungen, um den Inselklub kräftig weiter zu entwickeln. Hin zu einer globalen Fußballmarke mit starker Jugendarbeit und mit einem Stadion San Moix als Spielstätte, das nach dem Vorbild deutscher Arenen ausgebaut und zu einem Fußballtempel werden soll. So stellt sich Utz Claassen das schon länger vor.

Er und seine Frau haben auf Mallorca ihren Zweitwohnsitz. Der Manager ist ein Fußballverrückter; 1997 gab er ein 74-tägiges Intermezzo als Präsident seines Lieblingsvereins Hannover 96. Während Claassen als Manager für Volkswagen in Spanien arbeitete, verpasste er kaum ein Spiel des FC Barcelona. Vier Jahre lang waren er und seine Frau Annette Minderheitseigner im zerstrittenen und ziemlich heruntergewirtschafteten RCD Mallorca.

Auch der Name Lothar Matthäus fällt

Vor einem Jahr übernahmen sie dort 95 Prozent der Anteile, mutmaßlich für mehr als zehn Millionen Euro. Bald aber war klar, dass es weit mehr Kapital braucht, um den zuvor über Jahre hinweg abgewirtschafteten Zweitligisten mit imposanter Vergangenheit zumindest wieder in Spanien erstklassig zu machen und im Idealfall zu einer Größe in Europas Fußballadel.

Hinter Claassens finanziellem Engagement steckt wie hinter jenem von Sarver, Nash, Kohlberg und Co. ökonomisches Kalkül. Ihr Anliegen ist klar: 60 000 Ausländer leben auf Mallorca. Keine Urlaubs-Destination in Europa hat mehr Besucher als die Baleareninsel, 13 Millionen Touristen jedes Jahr. Über Direktflüge ist die Hauptstadt Palma bestens an das europäische Festland angebunden. Vor allem die fußballverrückten Deutschen und Briten urlauben gerne auf Mallorca, nur gehen sie dort mangels sportlich attraktivem Angebot nicht ins Fußballstadion. "Diese Insel ist der Tourismus-Hotspot schlechthin", sagte Claassen vor einem Jahr der SZ. "Alles hier ist professionell entwickelt, nur nicht der Fußball." Urlauber sollen ins Stadion gelockt werden, ebenso Medien und Sponsoren.

Claassen und die neuen Mehrheitseigner investieren dafür viel Geld. Der Einstieg der Investorengruppe um den fußballbegeisterten Millionär Sarver (der zuvor schon vergeblich versucht haben soll, sich bei den Glasgow Rangers und Espanyol Barcelona einzukaufen) macht den RCD Mallorca auf einen Schlag zum mutmaßlich finanzstärksten Verein der zweiten Liga.

Noch im Winter soll die Mannschaft Gerüchten zufolge personell verstärkt werden, um nicht nur den Sturz in die Drittklassigkeit zu vermeiden, sondern möglichst doch noch den Weg in die Primera Division anzutreten. Sarver zufolge soll das spätestens in drei Jahren gelingen. Immer wieder geistert der Name Lothar Matthäus über die Insel. Er wurde schon öfter als möglicher Trainer des RCD gehandelt und es heißt, Claassen sei ein Fan von ihm. Auch dahinter steckt nicht nur sportliches Kalkül: Der deutsche Fußball-Weltmeister mit dem hohen Sachverstand, den aber scheinbar wegen seines turbulenten Privatlebens hierzulande kein Verein als Trainer verpflichten will, würde zumindest große Aufmerksamkeit von Fußballfans und Medien auf den RCD Real Mallorca lenken.

Die Frage, ob sich das Investment für die neuen Eigentümer und den Minderheitsaktionär Utz Claassen lohnen wird, wird sportlich entschieden. Stiege der RCD Mallorca tatsächlich in absehbarer Zeit in die erste spanische Fußballliga auf und würde er es sogar auf eine Augenhöhe mit europäischen Topvereinen schaffen, würde sich der Wert der Anteile von Sarver und Co vervielfachen. Wenn nicht, könnte sich das Investment als teures Urlaubsvergnügen erweisen.

Anders als Claassen will Robert Sarver übrigens nicht nach Mallorca ziehen. Er bleibt in den USA wohnen, um sein balearisches Fußball-Investment kümmert sich fortan Maheta Molanga, ein ehemaliger schweizer Fußballprofi. Er soll im täglichen Geschäft sowohl bei wirtschaftlichen als auch bei sportlichen Fragen das letzte Wort haben. Der bisherige Sportdirektor Miguel Angel Nadal, einst Teamkollege von Pep Guardiola beim FC Barcelona und Onkel des Tennisstars Rafael Nadal, gibt seinen Posten auf.

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