Süddeutsche Zeitung

Fußball in Japan:Pass Podolski, Tor Iniesta

  • Lukas Podolski und Andres Iniesta spielen nun gemeinsam in Japan für Vissel Kobe.
  • Gleich im ersten Spiel gelingt ihnen in Koproduktion ein Traumtor.

Von Sebastian Fischer

Neulich hat Pelé, gemeinhin bekannt als größter Fußballer der Fußball-Historie, eine Video-Botschaft für Franz Beckenbauer aufgenommen. Pele setzte sich dafür unter ein Bild des jungen Pele und sprach über Pele. Er selbst sei einer von genau zwei exzellenten Menschen auf der Welt, sagte Pele in aller Bescheidenheit. Der andere sei Beckenbauer, den er seinen Bruder nennt, seit die beiden den Abend ihrer Karriere für New York Cosmos gemeinsam bestritten, in Amerikas Show-Liga kickten und sich im Studio 54 bewundern ließen. Beckenbauer empfing die Weihen bei der Ehrung zu Bayerns Jahrhundertsportler des Jahres. Er nutzte die Bühne in München für die kühne Behauptung, alle Korruptionsvorwürfe gegen ihn in der WM-Affäre seien gelogen, aber das ist eine andere Geschichte. Er sagte: Ja gut, der Pele, der habe den Fußball immer wie ein Künstler interpretiert.

Zugegeben, der Weg von Pele zu Poldi ist sehr weit. Aber seit diesem Wochenende ist es möglich, sich ein ähnliches Szenario vorzustellen: Wie Lukas Podolski eines fernen Tages zum Kölner des Jahrhunderts (oder Jahrtausends) geehrt wird und eine Videobotschaft aus Fuentealbilla in der Provinz Alicante empfängt, wo sich Andrés Iniesta wahrscheinlich auf einem Weingut in seinem Geburtsort niedergelassen haben wird. Und Podolski könnte sagen: Ja klar, Andrés und ich, wir waren Künstler in Japan.

Lukas Podolski, Weltmeister von 2014, 33 Jahre alt, ist in Deutschland nicht mehr unbedingt als aktiver Fußballer berühmt. In den Überschriften tauchte er zuletzt häufiger als Unternehmer auf, vor ein paar Tagen berichteten die Lokalzeitungen im Rheinland, dass er demnächst eine Döner-Bude in der Kölner Vorstadt Bergisch Gladbach eröffnen werde. Es wird seine zweite Filiale nach der Eröffnung der ersten in der Kölner Innenstadt sein. Podolski ist außerdem Teilhaber an zwei Eisläden sowie Besitzer seiner eigenen Bekleidungsfirma. Er tritt aber natürlich auch noch gegen den Ball.

"Das wird eine tolle Zeit", sagt Podolski

Podolski spielt derzeit nach seinem Wechsel im Sommer 2017 seine zweite Saison für den Klub Vissel Kobe in der qualitativ eher überschaubaren japanischen J-League. Seit dieser Saison ist er dort Kapitän - und seit diesem Sommer Teamkollege von Iniesta. Der spanische Mittelfeldspieler, Weltmeister 2010, 34 Jahre alt, nach der WM in Russland aus der Nationalelf zurückgetreten, hatte nach seiner letzten Saison beim FC Barcelona ursprünglich nach China wechseln wollen. Doch der Erstligist Chongqing Lifan nahm von einer Verpflichtung Abstand. Medienberichten zufolge hatte der Klub Iniesta 81 Millionen Euro für drei Jahre und den Kauf von sechs Millionen Flaschen aus Iniestas Weinkellerei geboten. In Kobe soll er angeblich 25 Millionen Euro im Jahr verdienen.

Das alles klang nicht so richtig nach Sport, es klang mehr nach Halligalli, doch dann kam das Heimspiel am Samstag gegen Júbilo Iwata, Iniestas dritter Einsatz, sein zweiter von Beginn an und sein erster gemeinsam mit Podolski, der seit Mai verletzt gefehlt hatte. Podolski dribbelte in der 15. Minute an der Auslinie, führte den Ball mit ein paar schnellen Kontakten, zog nach innen und spielte ihn im richtigen Moment in die Lücke zu Iniesta. Der nahm ihn in der Drehung an, mit der er seinen Gegenspieler umdribbelte, umspielte den Torwart und traf, das 1:0, sein erstes Tor in Japan. Beim Jubeln zeigte er mit dem Zeigefinger auf Podolski. Und Podolski sprang Iniesta um den Hals. Kobe gewann 2:1.

"Das wird eine tolle Zeit. Gar keine Frage: Er ist ein Weltklasse-Spieler und wird uns natürlich weiterhelfen. Wir werden ein paar Wochen brauchen, aber ich habe richtig Bock darauf", sagte Podolski vor Kurzem dem Express: "Ich freue mich auf die Zeit. Wir haben ja noch anderthalb Jahre zusammen." Döner und Wein können noch ein bisschen warten.

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SZ vom 12.08.2018/ebc
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