Fußball in Israel:Für Frieden, Reichtum und Trophäen

Sheikh Hamad Bin Khalifa Al Nahyan's and Beitar Jerusalem F.C. owner Moshe Hovav pose for a photo in Dubai

Historischer Investor-Einstieg: Beitars Klubpräsident Moshe Hogeg (links) und Scheich Hamad bin Khalifa al-Nahjan besiegeln die Partnerschaft.

(Foto: Beitar Jerusalem/via Reuters)

Der Einstieg eines Investors aus den Emiraten bei Beitar Jerusalem wirkt wegen der Araber-feindlich eingestellten Fans des Klubs wie ein Treppenwitz. Doch der Präsident lässt sich von seinem Weg nicht abbringen - auch im Kader soll die Religion keine Rolle mehr spielen.

Von Peter Münch, Tel Aviv

In Jerusalem darf nun geträumt werden: von Geld und Ruhm und Titeln. Der heimische Fußballklub Beitar Jerusalem hat einen Pfad beschritten, der schon andere Vereine zu neuer Größe geführt hat. So wie vor einigen Jahren Paris Saint-Germain oder Manchester City hat auch Beitar einen arabischen Investor vom Golf gefunden: Scheich Hamad bin Khalifa al-Nahjan, Mitglied der Herrscherfamilie aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), hat 50 Prozent der Anteile am israelischen Erstligisten erworben. Bei Beitar jubeln die Funktionäre über einen "historischen Tag". Doch ein Teil der Fans droht auf die Barrikaden zu gehen. Denn Beitar Jerusalem, das sich jetzt zur Hälfte in arabischer Hand befindet, ist in Israel schon seit langem bekannt als Verein der Araber-Hasser.

"Tod den Arabern" oder "Mohammed ist tot" sind die Schlachtrufe, die aus dem rechten Fanblock von Beitar bei Heimspielen durch das Teddy-Kollek-Stadion in Jerusalem hallen. Der 1936 gegründete Verein hat noch nie in seiner Geschichte einen Spieler aus der arabischen Bevölkerungsgruppe in seinen Reihen gehabt, obwohl das bei anderen israelischen Klubs oder in der Nationalmannschaft längst selbstverständlich ist. Als 2013 einmal zwei muslimische Tschetschenen verpflichtet worden waren, liefen einige Beitar-Fans Amok und brannten das eigene Vereinsheim nieder. Dass nun ausgerechnet Beitar auf arabisches Geld setzt, wirkt deshalb wie ein Treppenwitz der Fußballgeschichte.

Die rassistischen Fans seien "irregeleitete Jugendliche nach einer Gehirnwäsche", sagt Scheich al-Nahjan

Möglich geworden ist das Investment vom Golf durch das Normalisierungsabkommen, das Israel und die VAE unter der Vermittlung von US-Präsident Donald Trump im Sommer geschlossen haben - und durch den Mut des Beitar-Besitzers Moshe Hogeg, der den Verein 2018 übernommen hatte. Sehr schnell knüpfte er Kontakte in die Emirate und kündigte an, sein Verein solle "ein konkretes Symbol für den neuen Wind des Friedens werden, der im Nahen Osten weht". Nach der offiziellen Aufteilung der Besitzverhältnisse in dieser Woche versprach er: "Zusammen werden wir den Klub zu neuen Tagen der Koexistenz führen".

Auch sein neuer Partner al-Nahjan spricht erst einmal fast noch lieber vom Frieden als vom Fußball. Es gehe darum "zu zeigen, dass Juden und Araber miteinander auskommen", erklärte er. Die rassistischen Fans nennt er "irregeleitete Jugendliche nach einer Gehirnwäsche". Diese Gehirnwäsche will er mit sportlichen Erfolgen bekämpfen. Die waren selten geworden bei Beitar: Die letzte von insgesamt sechs israelischen Meisterschaften wurde in der Saison 2006/07 gefeiert. Al-Nahjan verspricht nun, man werde ein Team für die "größten Bühnen im Fußball" bilden.

Helfen sollen dabei 300 Millionen Schekel, umgerechnet rund 75 Millionen Euro, die er in den nächsten zehn Jahren in den Verein investieren will. Wer in Jerusalem jedoch auf teure Transfers nach Art von ManCity oder Paris hofft, könnte enttäuscht werden. Ein Großteil des Geldes, ließ der Verein wissen, soll in die Infrastruktur und den Aufbau eines Nachwuchszentrums fließen.

Klubchef Moshe Hogeg hat Geld mit Bitcoins verdient - er selbst bezeichnet sich als "jüdischen Araber"

Allen Erfolgsverheißungen zum Trotz ist mit heftigem Widerstand von manchen Fans zu rechnen, vor allem aus der rechten Hooligan-Truppe namens "La Familia". Eine Hundertschaft stürmte vorige Woche, als sich die Gerüchte über die Beteiligung aus den Emiraten verdichteten, bereits das Trainingsgelände. Die Spieler beschimpften sie mit dem Satz: "Zieht euch eine Keffiyeh an". Keffiyeh, das ist das durch Jassir Arafat berühmt gewordene Palästinensertuch. Am Zaun brachten die Störer ein Transparent an, auf dem geschrieben stand: "Ein in 84 Jahren ausgebildeter Charakter kann nicht für Bitcoins, Dollar oder Euro gekauft werden."

Das zielte auf den Vereinschef Moshe Hogeg ab, der sein Vermögen unter anderem mit Bitcoins verdient hatte. Mit "La Familia" lag er von Beginn an im Clinch, weil er sogleich angekündigt hatte, dass die Religion künftig keine Rolle mehr bei der Zusammenstellung des Kaders spielen solle. Er selbst bezeichnet sich mit Verweis auf Familienwurzen in Tunesien und Marokko als "jüdischen Araber". Nun ergreift er die Chance, Beitar mit dem Geld vom Golf neu aufzustellen.

Unterstützung bekommt er vom Israelischen Fußballverband. Der Vorsitzende Oren Hasson gratulierte zum Abkommen. Hier zeige sich, "dass der Fußball eine wunderbare Brücke bauen kann zwischen den Menschen". Sicher darf sich Hogeg auch der Unterstützung durch die Politik sein. Schließlich hat Premierminister Benjamin Netanjahu persönlich in Washington das Normalisierungsabkommen mit den VAE unterzeichnet und dabei vor allem die wirtschaftlichen Perspektiven hervorgehoben.

Der Regierungschef zeigt sich ansonsten auch gern mit dem gelb-schwarzen Vereinsschal auf der Beitar-Tribüne. Der Schlachtruf der Anhänger stammt übrigens seit jeher aus dem Arabischen: "Yalla Beitar", Auf geht's, Beitar! Das hat der neue Miteigentümer aus den Emiraten nun zum Neubeginn auch den Fans zugerufen.

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