Fußball in England:Leicester City: Die Streiche der Füchse

Manchester City v Leicester City - Barclays Premier League

Der Deutsche Robert Huth spielt eine gewaltige Rolle bei Leicester.

(Foto: REUTERS)

Von Sven Haist, London

Arsène Wenger grinste, als würde er das Problem am liebsten weglächeln. Die steigenden Eintrittspreise und der Unmut der Fans sind derzeit das beherrschende Thema in der Premier League, so war es auch bei der Pressekonferenz des FC Arsenal vor dem Spiel gegen Leicester City an diesem Sonntag (13 Uhr). Die Fans haben Arsenal längst als einen der Bösewichte ausgemacht, die Gunners verlangen für ihre Dauerkarten bis zu 2300 Euro pro Saison - so viel wie kein anderer Klub. Nicht die beste Werbung also für den FC Arsenal, gerade jetzt, da die Fußballwelt auf den Londoner Stadtteil Islington schaut.

Arsenal gegen Leicester, Dritter gegen Erster, ein Spitzenspiel. Der Status der Begegnung hat dafür gesorgt, dass der Ligaverband die Partie auf Wunsch des Fernsehrechteinhabers kurzfristig von Samstag auf den Sonntag verlegt hat. Nun klagen die Leicester-Fans über zusätzliche Reisekosten, sie haben einen Fünf-Minuten-Stimmungs-Streik zum Anpfiff angekündigt und Arsenals Anhängerschaft zum Mitmachen aufgefordert. Es wäre der zweite Fanprotest binnen weniger Tage, nachdem die Fans des FC Liverpool jüngst nahezu geschlossen vorzeitig das Stadion verließen, um sich gegen die Ticketpreise aufzulehnen.

"Man kann nicht während des Spiels protestieren"

Wenger wusste auf der Pressekonferenz zunächst nicht so recht, was er zur Protest-Debatte sagen sollte. Die Preise, erklärte er, seien bei Arsenal günstiger als in vielen anderen englischen Stadien. Und: "Fußball ist ein Moment des Glücks, den man nicht verpassen sollte. Man kann vorher und nachher protestieren, aber nicht während des Spiels."

Leicester hat übrigens keine Probleme mit dem eigenen Anhang. Im Gegenteil: Seit April 2015 hat der Klub eine Viertelmillion Euro bei Heimspielen in Klatschpappen investiert. Die liegen auf den Sitzen aus, um die Fans zum Anfeuern zu animieren. 12 000 Pfund kostet das angeblich pro Spieltag. Es scheint zu helfen, denn der Klub aus den Midlands hat sich in dieser Saison sportlich nach ganz vorne geschoben, er lag vor Anpfiff fünf Punkte vor dem FC Arsenal. Zum selben Zeitpunkt der Vorsaison lagen noch 14 Ränge und 28 Punkte zwischen beiden Teams.

Arsenal wirbt einen Talentspäher aus Leicester ab

Eine erste Gegenattacke, um die alten Machtverhältnisse wieder herzustellen, haben die Gunners bereits gesetzt. Sie warben einen der Talentspäher des Konkurrenten ab - dem Vernehmen in Ben Wrigglesworth allerdings den falschen. Denn Steve Walsh gilt als Guru hinter der für vergleichsweise bescheidene 30 Millionen Euro über mehrere Jahre zusammengestellten Startformation von Trainer Claudio Ranieri. Die Foxes und ihre Fans, sie spielen der schwerreichen Premier League gerade einen Streich.

Ranieri überarbeitete das Konstrukt seines Vorgängers Nigel Pearson. Aus der prähistorisch anmutenden 4-4-2-Grundordnung wird in der Defensive ein feinmaschiges Spinnennetz, in dem sich die Angreifer der Gegner wöchentlich verheddern. Ranieri hat ausgetüftelt, die Außenbahnen meist freizulassen, um seine Verteidiger am Strafraum in geringem Abstand zueinander aufzureihen. Er vertraut auf die körperliche Urgewalt des Innenverteidigerduos Robert Huth und Wes Morgan, die im Stile von Türstehern das Gefahrenpotential der mittlerweile schon 469 Flanken entschärfen, die in Leicesters Strafraum eintrafen.

Bei Ballbesitz greift Leicester auf ein System zurück, das Jürgen Klopp einst bei Borussia Dortmund entwickelte. Im Moment der Balleroberung überbrücken die Foxes das Spielfeld umgehend mit Flugbällen in leere Räume, denen bevorzugt Angreifer Jamie Vardy nachjagt. Und wer im Gegenzug zu einer Torchance kommen möchte, muss elf Spieler von Leicester aushebeln. Auf die Grundschnelligkeit und Gewandtheit von Vardy und Riyad Mahrez hat die Premier League noch kein Gegenmittel gefunden. Auf die gefährlichen Standards von Leicester ebensowenig.

Nur Arsenal sah bisher gut aus gegen Leicester

So hat Leicester City in den vergangenen zehn Wochen nacheinander den FC Chelsea, Tottenham Hotspur, den FC Liverpool und Manchester City geschlagen. Lediglich das 2:5 in der Hinrunde gegen Arsenal hinterlässt einen kleinen Fleck in der Bilanz. Wenger hatte es damals verstanden, den Abwehrriegel zu durchbrechen und Konter zu verhindern. Aber nun ist sein persönliches Wutbarometer auf den Emporkömmling gestiegen. Leicester hat sich durch ein frühes Aus vom Ballast der Pokalwettbewerbe befreit, der Klub pokert um den Ligatitel, während dem FC Arsenal noch kraftraubende Wochen in der Champions League und im FA-Cup bevorstehen.

SZ Sport am Wochenende Bild

Nach zwölf trockenen Jahren hatte Wenger die Meisterschaft - nach dem Versagen des FC Chelsea - eigentlich fest eingeplant. Stattdessen muss er nun das tun, was er am wenigsten mag: sich am Gegner orientieren. "Leicester", sagte er, "ist klar ein Titelfavorit."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: