Fußball-Historie Deutschland gegen Italien:Unumstößliches Naturgesetz

Glücklicherweise ist es am Freitag nur ein Test: Denn noch nie hat eine deutsche Nationalmannschaft ein Pflichtspiel gegen Italien gewinnen können. Die sieben Siege in 31 Partien waren allesamt unbedeutend. Eine Erinnerung an deutsche Schmerzen.

Von Thomas Hummel

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Glücklicherweise ist es am Freitag nur ein Test: Denn noch nie hat eine deutsche Nationalmannschaft ein Pflichtspiel gegen Italien gewinnen können. Die sieben Siege in 31 Partien waren allesamt unbedeutend. Eine Erinnerung an deutsche Schmerzen. Von Thomas Hummel Von den neun Partien vor und während des Zweiten Weltkrieges (die faschistischen Partner spielten gerne gegeneinander während des Krieges) hatte der DFB nur zwei gewinnen können. Danach wurde es nicht besser. Am 18. Dezember 1955 traten die Deutschen mit sieben Weltmeistern in Rom an und unterlagen 1:2. Karl Mai (Bild hinten) unterlief ein Eigentor.

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1962 kam es im Estadio Nacional de Chile in Santiago zum ersten Pflichtspiel zwischen Italien und Deutschland. Es war die Zeit des beginnenden Catenaccio und die Zeit des hässlichen Spiels. Vor allem die Italiener waren in diesem Turnier von allen fairen Geistern verlassen und traten ordentlich zu. Im Bild versucht Cesare Maldini, der Vater des späteren Nationalspielers Paolo Maldini, Uwe Seeler zu stoppen. Der Torwart Italiens hieß Buffon, Lorenzo Buffon, der Cousin eines Großvaters von Gianluigi. Die Partie endete 0:0.

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Es folgte eines der ersten großen Dramen der deutschen WM-Geschichte: 17. Juni 1970, Aztekenstadion in Mexiko-Stadt, Halbfinale. Schauplatz des Jahrhundertspiels. Bis heute erinnert eine Tafel an der Stadionmauer an diese "Partido del siglo".

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Früh war Italien in Führung gegangen durch Roberto Boninsegna, danach liefen die Deutschen unentwegt nach vorne. Damals trieb Franz Beckenbauer die DFB-Elf noch im Mittelfeld an, die Außenstürmer Hannes Löhr und Jürgen Grabowksi dribbelten wie aufgedreht, und in der Mitte stürmten Uwe Seeler und Gerd Müller. Doch allesamt vergaben beste Chancen, bis ...

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... Abwehrspieler Karl-Heinz Schnellinger in der Nachspielzeit plötzlich ganz vorne auftauchte und freistehend das 1:1 erzielte. "Ausgerechnet Schnellinger werden die Italiener sagen, ausgerechnet Schnellinger. Es ist nicht zu glauben", kommentierte Ernst Huberty. Schnellinger spielte damals beim AC Mailand. Es ging in die Verlängerung. Eine Verlängerung, die niemand vergessen hat.

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Beide Mannschaften waren ob der Hitze und der Höhenluft in Mexiko offenbar geschwächt, konzentrierte Verteidigung wurde arg vernachlässigt. Zuerst stocherte Gerd Müller den Ball über die Linie, weil die Italiener sich nicht einig waren. Der Ball rollte im Zeitlupentempo zum 2:1 ins Tor. "Wenn Sie jemals ein echtes Müller-Tor gesehen haben, dann jetzt", sagte Huberty.

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Doch die Italiener waren längst nicht besiegt. Beckenbauer verletzte sich beim Versuch, einen Elfmeter zu provozieren schwer an der Schulter, wurde notdürftig bandagiert und spielte mit halber Kraft weiter. Seine Schwächung gab den Italienern viele Räume.

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Italien drehte das Spiel zum 3:2, ehe wieder Gerd Müller ausglich. Doch schon im Gegenzug schoss Gianni Rivera das 4:3 und nun waren die Deutschen geschlagen (im Bild die enttäuschten Gerd Müller, Uwe Seeler und Hannes Löhr, von li.) Huberty: "Ein Spiel, ein Kampf. Alle Höhen und Tiefen der Freude und Enttäuschung, die man nur durchleben kann, haben die Spieler durchlebt."

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Acht Jahre später ging Deutschland als Titelverteidiger in das Zwischenrunden-Duell mit Italien. Doch war kein Beckenbauer mehr da, kein Müller und auch kein Breitner (im Bild Marco Tardelli, DFB-Kapitän Berti Vogts und Manfred Kaltz, von li.). Es sollte für die DFB-Elf in Córdoba noch nicht der Tag der Schmach gekommen sein, die gab es dann erst gegen Österreich. Aber das 0:0 war dennoch nicht genug, um die Aussichten auf das Finale zu verbessern. Deutschland schied in dieser Zwischenrunde aus, Italien wurde am Ende Vierter.

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11. Juli 1982, Madrid, das deutsch-italienische Drama geht weiter. Geschwächt von dem epochalen Halbfinale gegen Frankreich steht eine DFB-Elf im Finale der Weltmeisterschaft. Eine Elf, die wirklich wenig Gutes zum deutschen Image im Ausland beitrug. Toni Schumachers schlimmes Foul am Franzosen Battiston, immer wieder verbale Ausfälle von Spielern, der schändliche Nichtangriffspakt gegen Österreich in Gijón. Außer den Deutschen ärgerte sich niemand über das chancenlose 1:3 gegen Italien, das zum dritten Mal Weltmeister wurde. In der Bildmitte jubelt Torschütze Marco Tardelli nach Spielende.

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Bei der Europameisterschaft 1988 im eigenen Land begannen die Deutschen das Turnier gegen Italien. Im Düsseldorfer Rheinstadion dominierte allerdings die junge italienische Mannschaft um Franco Baresi, Paolo Maldini und Gianluca Vialli. Der heutige Trainer von Manchester City, Roberto Mancini, brachte die Gäste verdient in Führung (53.), doch nur wenig später gelang Andreas Brehme der Ausgleich. Ein umstrittenes Tor: Der Schiedsrichter ahndete ein überlanges Ballhalten von Torwart Walter Zenga, den Freistoß verwandelte Brehme. Es blieb beim 1:1.

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Den bislang letzten Sieg überhaupt feierte eine deutsche Mannschaft am 21. Juni 1995. Allerdings in keinem EM- oder WM-Spiel, sondern in Zürich aus Anlass des 100-jährigen Bestehens des Schweizer Fußballverbands. Ein lustiger Testkick (im Bild Ulf Kirsten), den man als Italiener schon mal verlieren kann. Beim 2:0 für Deutschland schoss Paolo Maldini ein Eigentor.

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Andreas Köpke kann immerhin darauf verweisen, dass er sich erfolgreich den Italienern entgegengestellt hat. In Zürich war er schon dabei gewesen, ein Jahr später bei der EM in England hielt er fast alleine das 0:0 gegen Italien. Deutschland war nach zwei Siegen bereits für das Viertelfinale qualifiziert, für Italien ging es hingegen um alles, entsprechend einseitig verlief die Partie. Köpke hielt einen Elfmeter von Gianfranco Zola und auch sonst so einige Chancen. Italien war draußen. Für diese Unverfrorenheit Köpkes mussten die Deutschen zehn Jahre später aber doppelt und dreifach büßen.

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Vor allem Italien-Freund Jürgen Klinsmann bekam den Italien-Fluch zu spüren. Zuerst beim Sommermärchen-Vorbereitungsspiel am 1. März 2006. Selten in der langen DFB-Geschichte wurde eine Mannschaft so verprügelt und zerzaust wie an diesem Abend in Florenz. Die Italiener führten schon 4:0, ehe Robert Huth noch ein Treffer gelang. Die deutschen Medien spuckten Feuer und forderten Klinsmanns sofortige Ablösung. Weil er noch beim Lachen erwischt wurde, war er der "Grinsi-Klinsi", die WM im eigenen Land war für viele Deutsche bereits Anfang März beendet.

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Das Unglück kam dann aber recht spät im Turnier, erst im Halbfinale - natürlich gegen Italien. 119 Minuten wehrte sich die Mannschaft von Jürgen Klinsmann diesmal nach Kräften. Die Deutschen glaubten an ihr Märchen mit dem WM-Titel im eigenen Land, im überhitzten Westfalenstadion in Dortmund und vor den Leinwänden im Land fühlten sich die Menschen, als würden sie ständig an einem Abgrund stehen. Bis Fabio Grosso in der vorletzten Minute der Nachspielzeit den Ball ins lange Eck zirkelte. Alessandro Del Pieros 2:0 bekam schon kaum einer mehr mit. Deutschland fiel tief. Italien wurde Weltmeister.

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Die erste Revanche sollte es am 9. Februar 2011 wieder in Dortmund geben. Während die Italiener ihren langen Nach-WM-Blues auslebten, fühlten sich die Deutschen inzwischen stark genug, diesen unbesiegbaren Gegner zu besiegen. Miroslav Klose schoss früh das 1:0, diesmal sollte, diesmal musste es gelingen. Doch die Italiener bewiesen sich wieder als unangenehme Gegner, neun Minuten vor Schluss glich Guiseppe Rossi aus. Wieder kein Sieg.

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Dass die deutschen Kicker gegen die italienischen bei WM-oder EM-Endrunden einfach nicht gewinnen können, dieses Phänomen erwuchs sich 2012 bei der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine zum Naturgesetz. In Warschau spielte sich im Halbfinale vor allem ein Spieler in den Mittelpunkt: Mario Balotelli (im Bild rechts mit Philipp Lahm). Mit zwei Toren in der ersten Hälfte riss der Stürmer ein ganzes Fußballvolk aus allen Titelträumen. Der Anschlusstreffer von Mesut Özil per Strafstoß (90.) konnte nicht mehr darüber hinwegtäuschen, dass Bundestrainer Löw mit seiner Aufstellung ziemlich daneben lag.

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Anzumerken ist noch, dass der FC Bayern München gegen den AC Mailand von zehn Pflichtspielen nur eins gewonnen hat und immer ausgeschieden ist. Gegen andere italienische Mannschaften sieht die Bilanz nur unwesentlich besser aus. Hier trifft Filippo Inzaghi zum 2:0 für Milan im Champions-League-Viertelfinale 2007.

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