Fußball:Hier wird der FC Bayern heilig gesprochen

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Mia san im Kino: Klaus Augenthaler, "Bulle" Roth und Hansi Pflügler bei der Premiere des FC-Bayern-Films vor dem Berliner Babylon. (Foto: Jens Kalaene/dpa)
  • Ein 90-minütiger Film mit dem Titel "Das Mia-san-mia-Phänomen" beschreibt die Historie des FC Bayern.
  • "Dieser Film tut dem FC Bayern sehr gut", meint Weltmeister Hansi Pflügler, der beim Klub im Marketing tätig ist.
  • Kurios wirkt, dass der Film so gut wie ohne Bilder von wichtigen Figuren der Historie auskommt, etwa Müller, Breitner oder Rummenigge.

Von Javier Cáceres

Als die Vorführung beendet war, wurden auch ein paar Legenden des FC Bayern im Berliner Kino Babylon auf die Bühne gebeten; sie kamen im roten Janker mit dem Wappen ihres Vereins auf der Brust hinauf. Klaus Augenthaler und Hansi Pflügler, die 1990 Weltmeister wurden, vor allem aber Franz Roth, genannt "Bulle", der mit der Nationalelf zwar nie zu Titeln kam, aber 1967 mit seinem Siegtor im Finale des Europapokals der Pokalsieger gegen die Glasgow Rangers den internationalen Ruhm des FC Bayern begründete.

Ein 90-minütiger Film mit dem Titel "Das Mia-san-mia-Phänomen" lag hinter ihnen, und es oblag nun Pflügler, der seit dem Ende seiner Karriere beim FC Bayern im Marketing tätig ist, seine Expertise zum Besten zu geben: "Dieser Film tut dem FC Bayern sehr gut."

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Fußball ist eine Milliarden-Industrie geworden, in der es auch um die Eroberung entlegener Absatzmärkte geht. So gesehen traf es sich für den FC Bayern ganz prima, dass zwei Autoren der Deutschen Welle, Niels Eixler und Manuel Vering, mit der Idee um die Ecke kamen, der Seele des deutschen Rekordmeisters nachzuspüren. DW-TV ist ein Sender, den die meisten Deutschen kaum kennen dürften, obwohl sie ihn finanzieren: Er ist als staatlicher Auslandssender nur jenseits deutscher Grenzen zu sehen. Dort soll er Deutschland als europäisch gewachsene Kulturnation mit freiheitlich-demokratischen Wurzeln präsentieren, sprich: PR für die Exportindustrie betreiben. Dass Berlin den Fußball als Soft-Diplomacy-Vehikel schätzt, weiß man nicht erst seit der WM 2006.

"Ja mei, so ist Fußball halt ..."

Das Resultat jedenfalls ist eine recht kurzweilige Bayern-Heiligsprechung, die Bayern-Fans im Internet (unter www.dw.com) sicher anschauen müssen und sonstige Fußballfans durchaus anschauen dürfen. Bestaunen lässt sich eine Collage aus Empfindungen von Fans aus aller Welt und Erinnerungen von Alt-Stars wie Roth, Uli Hoeneß, Philipp Lahm, Giovane Elber oder Sammy Kuffour.

Dass ausgerechnet der gerade erst entlassene Carlo Ancelotti über das "Mia san mia", also "la pertinenza", philosophieren darf, hat etwas Tragikomisches. Dafür lernt man den Badener Oliver Kahn als Exempel wie auch Exegeten des Way of Life des FC Bayern kennen: "Ich habe die ganzen Werte des FC Bayerns in mich aufgesogen, weil Erfolg nur durch totale Identifikation möglich ist."

Auch wenn der Anspruch auf Vollständigkeit nicht erhoben wird - kurios bleibt, dass der Film so gut wie ohne Bilder von wichtigen Figuren der Historie auskommt, etwa Müller, Breitner oder Rummenigge. Selbst Franz Beckenbauer taucht nur am Rande auf: in Elbers Erinnerung an das Champions-League-Finale von Barcelona 1999, als der FC Bayern in zwei Minuten Nachspielzeit gegen Manchester United die wertvollste Trophäe des europäischen Fußballs wegwarf, wie Kahn noch immer zürnt.

Man habe in der Kabine gesessen, keiner habe dem anderen in die Augen geschaut, weil alle nur den Kopf gesenkt hatten, erzählt Elber. Erst Beckenbauer habe die Stille, die in den Katakomben des Camp Nou auf die größtmögliche sportlichen Tragödie folgte, durchbrochen, mit einem unnachahmlichen Aperçu: "Ja mei, so ist Fußball halt...", habe er gesagt, und wer Elber in die Augen schaut, der weiß, dass er ihn dafür immer noch erwürgen könnte.

© SZ vom 12.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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