Fußball-EM:England erreicht Traumfinale

Fußball-EM: Wuchtiger Auftakt: Beth Mead (r.) und ihre Teamkolleginnen feiern den Treffer zum 1:0.

Wuchtiger Auftakt: Beth Mead (r.) und ihre Teamkolleginnen feiern den Treffer zum 1:0.

(Foto: Molly Darlington/Reuters)

Beim furiosen 4:0 profitieren die Gastgeberinnen davon, dass die Schwedinnen zahlreiche gute Gelegenheiten auslassen - sie wahren damit die Chance auf ihren ersten Titel. Im Finale wartet Deutschland oder Frankreich.

Von Anna Dreher

Um 21.48 Uhr Ortszeit stand schließlich fest, was schon Minuten vorher klar war: Die Engländerinnen haben es geschafft, sie haben ihr erstes Finale bei einem wichtigen Turnier seit 2009 erreicht und die Chance auf den ganz großen Erfolg bei dieser Europameisterschaft gewahrt. Ellen White liefen die Tränen über die Wangen, Beth Mead schaute, als könne sie das alles gar nicht fassen, während Nationaltrainerin Sarina Wiegman so ruhig reagierte, als habe dieser Abend ohnehin nicht anders zu Ende gehen können als mit einem 4:0 (1:0) ihres Teams gegen Schweden.

Die Gastgeberinnen treffen nun an diesem Sonntag im Londoner Wembley-Stadion auf Deutschland oder Frankreich. Ihre Gegnerinnen werden im zweiten Halbfinale an diesem Mittwoch (21 Uhr, ZDF) ermittelt. Und dass sie bei dem letzten Schritt auf dem Weg zu ihrem ersten Titel nur schwer aufzuhalten sein dürften, zeigte sich auch am Dienstagabend.

Noch keine Minute war gespielt, da machte Schweden deutlich, dass die Engländerinnen dieses Halbfinale zwar als Etappenziel betrachten mochten - sie es ihnen aber keinesfalls einfach machen würden. Nach 25 Sekunden kam der Ball von Stina Blackstenius zu Sofia Jakobsson, die Englands Torhüterin Mary Earps mit einem flachen Schuss herausforderte. Die 29-Jährige wehrte den Ball gerade noch mit dem ausgestreckten Bein ab. In der achten Minute war Blackstenius wieder beteiligt, diesmal als vermeintliche Torschützin, doch wieder war Earps im Weg. Als Blackstenius es bald darauf abermals versuchte, stellte Earps zwar kein Problem für sie dar - ihr Kopfball aber ging an die Latte.

Vor diesem Halbfinale hatte Schwedens Trainer Peter Gerhardsson angekündigt, sein Team brauche einen "extrem guten Plan" gegen England und werde diesen auch haben. Ein paar Tage später trat seine Auswahl vor 28 624 Zuschauern in Sheffield tatsächlich anders auf als zuletzt gegen Belgien: mit viel mehr Dynamik, viel mehr Zug in der Offensive - nur zeigte sie die gleiche Fahrlässigkeit beim Verwerten von Chancen und belohnte sich nicht.

Beth Mead trifft zum sechsten Mal, Alessia Russo zum vierten Mal

Und so waren es trotz dieses eindrücklichen Starts der Schwedinnen die Gastgeberinnen, die den ersten Treffer bejubeln konnten. Sie hatten sich immer öfter dem Tor angenähert und erspielten sich bessere Möglichkeiten, Hedvig Lindahl hielt die Skandinavierinnen zunächst im Spiel. In der 34. Minute aber donnerte Beth Mead den Ball nach einer Flanke von Lucy Bronze mit voller Wucht aus dem Strafraum zur 1:0-Führung ins Tor. Schon in der Gruppenphase hatte die 27 Jahre alte Arsenal-Stürmerin fünf der 14 Treffer beigesteuert, nun also kam Nummer sechs hinzu.

Nach der Pause wurde Mead zur Vorlagengeberin. Die erste Ecke nach Wiederanpfiff trat sie geradewegs auf Bronze, die im Vergleich zu allen anderen weit weg vom Tor stand, mit einem aufgesetzten Kopfball durch die Beine zweier Spielerinnen hindurch aber trotzdem das 2:0 erzielte (48. Minute). Lindahl war in die richtige, ihre rechte Ecke gesprungen, kam aber nicht mehr ran. Gerhardsson reagierte und brachte unter anderem Caroline Seger, von der er wusste, die 37-Jährige würde mit ihrer Erfahrung aus mehr als 220 Länderspielen Ruhe reinbringen. Aber zwei Tore Rückstand aufzuholen gegen diese von der Atmosphäre und ihrem eigenen Auftritt berauschten Engländerinnen, da hätte es wohl mehrere von ihrer Sorte gebraucht.

Fußball-EM: Kunstschuss: Alessia Russo (Mitte) erzielt ein Traumtor per Hacke.

Kunstschuss: Alessia Russo (Mitte) erzielt ein Traumtor per Hacke.

(Foto: Carl Recine/Reuters)

Stattdessen wurden die Schwedinnen überrannt - und hatten Glück, dass Lauren Hemp übers Ziel schoss. Nach einer Stunde hatte Gerhardsson drei seiner Spielerinnen getauscht und sah, wie diese gefährlich blieben. Erneut war es Blackstenius, die eine gute Chance vergab, nach einer Ecke erwischte sie den Ball nicht sauber. Und dafür, dass sie wieder Möglichkeiten ausließen, wurden sie wieder bestraft.

In der 68. Minute wehrte Lindahl zunächst noch den Schuss der eingewechselten Alessia Russo ab, nur kam der Ball direkt zur Absenderin zurück. Und wer noch nicht sicher war, wie groß das Selbstbewusstsein dieses Teams bei diesem Turnier ist, der erhielt in dieser Szene Anschauungsmaterial: Russo zögerte nicht lange, sondern zog mit der Hacke ab - durch die Beine Lindahls zum 3:0 über die Linie. Für Russo war es das vierte Tor im fünften Spiel.

Dieses 3:0 hätte eigentlich gereicht, denn Schweden war keinesfalls hoffnungslos unterlegen in dieser intensiven Partie, im Gegenteil. Aber England setzte noch einen drauf. Fran Kirby zog aus der Distanz ab, Lindahl sprang hoch, kam noch dran und musste doch zusehen, wie der Ball über sie hinweg ins Netz flog. Und in diesem Moment war sie Schweden endgültig entglitten und fest in englischer Hand: die Chance auf den Titel bei dieser Europameisterschaft.

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Lena Oberdorf gilt als "Jahrhunderttalent" und auf der Sechs bereits als eine der Besten der Welt. Bei der EM stabilisiert sie die starke deutsche Defensive - und lässt sich von der Aufregung um ihre Person nicht beeindrucken.

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