PSG in Frankreich:Die Fans verweigern die Meisterfeier

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Party vor dem Prinzenpark: Die Fans von Paris Saint-Germain boykottieren ihre Mannschaft und feiern den zehnten Meistertitel lieber unter ihresgleichen. (Foto: Julien da Rosa/AFP)

Paris Saint-Germain ist vorzeitig Meister, auch dank eines Traumtors von Messi - doch die Anhänger verlassen den Prinzenpark schon vor Ende des Spiels. Sie protestieren gegen die Vereinspolitik.

Von Stefan Galler, München/Paris

Eine Viertelstunde vor dem Ende der Partie leerte sich die Auteuil-Tribüne. Das Collectif Ultras Paris (CUP), die einflussreichste Gruppe der Anhänger von Paris Saint-Germain, verließ den Prinzenpark. Die Fans machten ihre Ankündigung wahr, sie verweigerten eine gemeinsame Meisterfeier mit der Mannschaft, der sie seit dem Aus im Champions-League-Achtelfinale gegen Real Madrid (1:0, 1:3) die Gefolgschaft verweigern.

Es war zu hören, wie draußen, im Bois de Boulogne, ein offenbar opulentes Feuerwerk gezündet wurde, während die PSG-Profis im Stadion trotz Überzahl eine 1:0-Führung gegen Racing Lens nicht über die Zeit brachten. Doch auch der späte Ausgleich von Lens verhinderte nicht, dass Paris den zehnten Titel vier Spieltage vor Schluss sichern konnte.

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PSG schließt damit zum bisher alleinigen Rekordchampion AS St. Etienne auf, der selbst heute tief im Abstiegskampf steckt. Doch für die Pariser Anhänger ist dieser Meilenstein kein Grund zur Freude. Sie hadern mit der Politik des vom Emirat Katar finanzierten Vereins, die so gut wie ausschließlich auf das Zusammenkaufen teurer Fußballbekanntheiten abzielt. Profis aus den eigenen Reihen wie Christopher Nkunku, Moussa Diaby, Tanguy Nianzou oder Kingsley Coman ließ man ziehen.

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Schon vor dem Champions-League-Aus gegen Real schlugen die Fans vom CUP Alarm, kritisierten in einem offenen Brief das "unverständliche Jugendmanagement" sowie eine "eklatante Respektlosigkeit gegenüber der Frauenabteilung" und kündigten an, das Image des Vereins nicht mehr zu unterstützen: PSG wolle nur noch "eine globale Marke" sein. "Der Klub", hieß es, "ist besessen davon, Trikots zu verkaufen, bis zu dem Punkt, an dem er seine Farben vergisst."

"Schwierige Zeiten": Das Team von Paris Saint Germain nach dem Titelgewinn auf dem Rasen. (Foto: Aurelien Morissard/Panoramic/Imago)

Zuletzt wurden dann einzelne Großverdiener wie Neymar, Lionel Messi und Sergio Ramos, der wegen diverser Verletzungen weite Strecken der Saison pausieren musste, im Prinzenpark teilweise bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen. Man warf explizit ihnen das Scheitern in der Champions League vor. Nun gegen Lens herrschte dagegen - wie schon beim normalerweise hochemotionalen "Classique" gegen Olympique Marseille (2:1) - eine fast gespenstische Stille.

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Als Messi die Gastgeber mit einem fulminanten Distanzschuss in Führung brachte (68.), jubelten vor allem die jungen Fans, die mit Hingabe die Leibchen der Klubgesichter tragen und die Philosophie des Vereins nicht hinterfragen. Zu diesem Zeitpunkt war Racing Lens nach einer umstrittenen gelb-roten Karte gegen den Österreicher Kevin Danso bereits dezimiert (57.), dennoch erzielte das nordfranzösische Team, das noch um die europäischen Plätze kämpft, durch den eingewechselten Corentin Jean kurz vor Schluss das 1:1.

Die Pariser Spieler rissen nach dem Abpfiff die Arme hoch, umarmten einander, doch schon nach wenigen Minuten war der Rasen im Prinzenpark wie leergefegt. "Ich verstehe das überhaupt nicht", sagte der Italiener Marco Verratti, seit 2012 bei PSG und mit nun acht Meistertiteln französischer Rekordhalter, nach Spielende am Mikrofon des Senders Canal+ zu dem Fanboykott: "Wir sind doch normale Menschen und sollten alle an einem Strang ziehen." Kylian Mbappé, dessen Weggang zu Real Madrid noch immer offen ist, sprach davon, dass lediglich "eine Minderheit" vorzeitig aus dem Stadion gegangen sei. "Die Öffentlichkeit war doch da. Und wir Spieler haben untereinander in der Kabine gefeiert."

Trainer Mauricio Pochettino, der womöglich im Sommer von Zinedine Zidane oder Antonio Conte abgelöst wird, sagte, man erlebe "schwierige Zeiten" im Verhältnis zu den Fans. "Aber wir sind in einer Demokratie, und alle Demonstrationen müssen gehört werden." Weiteres Öl ins Feuer goss dagegen Neymar im Interview mit ESPN: "Sie werden es leid sein zu pfeifen, weil ich noch drei Jahre Vertrag habe."

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