Fußball:Fifa verstößt gegen die eigenen Statuten

Fußball: Sitzt den Sturm in Bahrain aus: Fifa-Boss Gianni Infantino.

Sitzt den Sturm in Bahrain aus: Fifa-Boss Gianni Infantino.

(Foto: AFP)
  • Gianni Infantino sieht in der Ernennung neuer Fifa-Ethik-Chefs kein Problem und gibt sich beim Fifa-Kongress in Bahrain angriffslustig.
  • Verbandsrechtler sind der Ansicht, die Neubesetzung der abgesetzten Amtsinhaber Cornel Borbély und Hans-Joachim Eckert sei ungültig.
  • Der Kongress sprach sich mit 97% fast einstimming für die Nachfolger aus - auch der DFB votierte im Sinne Infantinos.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Gianni Infantino gab sich mächtig angriffslustig, als er im Kongresszentrum von Manama das Wort ergriff. Das lag an der Kritik der vergangenen Tage. "Fifa-Bashing" sei ein Volkssport geworden, schimpfte er. Der Weltverband akzeptiere keine Lektion von denen, die "kläglich gescheitert" seien. Und: Seine Fifa sei eine Demokratie, keine Diktatur.

Nur Minuten später lieferte er dann den nächsten Anlass, das mit der Demokratie ganz anders zu bewerten. Denn da vollzog der Fifa-Präsident sein wichtigstes sportpolitisches Anliegen dieser Tage: Der Kongress wählte mit 97 Prozent eine neue Führung für die beiden Kammern der Ethikkommission. Die untersuchende Kammer leitet künftig die Kolumbianerin Maria Claudia Rojas, die Recht sprechende der Grieche Vassilios Skouris. Damit endet die Zeit der bisherigen Amtsinhaber Cornel Borbély (Schweiz) und Hans-Joachim Eckert (Deutschland), die in den vergangenen Monaten eine Reihe harter Sanktionen gegen führende Fifa-Leute ausgesprochen und auch schon gegen Infantino selbst Vorermittlungen geführt hatten.

Nach Ansicht von Verbandsrechtlern ist die Ernennung ungültig

Die Umbesetzung könnte jedoch ein Nachspiel haben. Das gilt intern, vor allem aber mit Blick aufs Verhältnis zu den amerikanischen Behörden, die den Vorgängen rund um die Fifa künftig noch intensiver nachspüren werden - und sich dabei genau anschauen, ob der Weltverband seinen Versprechen von Reformen und Glaubwürdigkeit nachkommt. Denn die Fifa verstieß in diesem Verfahren - mit langer Ansage (SZ vom 17. März) - gegen die eigenen Statuten. Gemäß Paragraf 27, Absatz sieben hätte der Fifa-Rat bereits vor vier Monaten die neuen Kandidaten vorschlagen müssen, das aber tat er nicht. Europas Kontinental-Verband Uefa zum Beispiel erhielt erst nach Ende dieser Frist die Bitte um Vorschläge.

Wann genau die Vorschläge vorlagen, will die Fifa nicht mitteilen. Die Namen wurden überhaupt erst bei der Ratssitzung am Dienstag bekannt. Beim Konvent aller Verbände am Donnerstag wiederum stellte Infantino bei diesem Punkt der Agenda nicht einmal die obligatorische Frage, ob irgendjemand etwas sagen wolle, er zog einfach die Wahl des neuen Personaltableaus durch. Es stand auch kein Delegierter auf und äußerte sich zu diesem Thema.

Nach Ansicht von Verbandsrechtlern ist die Ernennung der neuen Ethik-Chefs ungültig. Die Fifa wiederum sagt, es sei zwar richtig, dass die Vorschläge vier Monate vorher hätten vorliegen müssen - aber nur, um genug Zeit für Integritätschecks und Wahlprüfungen zu haben. Dieser Zeitpunkt sei keine richtige Frist, sondern nur eine Art Empfehlung. Zudem hätten damals zu wenige Vorschläge aus Nationalverbänden oder Konföderationen vorgelegen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema