Fußball: FC Bayern:Jupp Heynckes' deutliche Signale

Toni Kroos als echter Zehner, Rafinha über rechts, Anatolij Timoschtschuk auf der Sechs, Arjen Robben doch nur leicht verletzt: Beim Testspielsieg über den AC Mailand lässt Bayern-Trainer Jupp Heynckes bereits erahnen, wie seine erste Elf zum Saisonstart aussehen könnte.

Carsten Eberts, Fröttmaning

Manuel Neuer ist ein wohlerzogener Mann. Obwohl er nach dem Elfmeterschießen nah beim Siegtorschützen Bastian Schweinsteiger weilte, eilte er zunächst zu seinem unterlegenen Kollegen Christian Abbiati. Das macht man so unter Torhütern, man beglückwünscht sich, spricht sich Mut zu, freilich je nach Gefühlslage, in der man gerade steckt. Neuers Gefühlslage war trefflich: Durch ein 4:3 (1:1) im Elfmeterschießen stehen die Bayern im Finale des Audi Cups, treffen am Mittwochabend auf den FC Barcelona. Gewiss, es handelt sich nur um ein belangloses Testturnier. Aber immerhin.

Heynckes, coach of FC Bayern Munich gestures during their semi-final match against AC Milan at the Audi Cup friendly soccer tournament in Munich

Findet gerade seine erste Elf: Bayern-Trainer Jupp Heynckes.

(Foto: REUTERS)

Neuer hatte ohnehin einen annehmlichen Abend verbracht: Beim einzigen Gegentor durch Zlatan Ibrahimovic bereits in der vierten Spielminute war er chancenlos. Vor allem jedoch gab es keine Unmutsbekundungen gegen seine Person, dafür putzige Plakate der Marke "Manu, schenk mir dein Trikot." Fangruppierungen gegen Manuel Neuer - diese störende Quelle scheint erst mal versiegt.

Nun sollte der Testspielerfolg gegen einen AC Mailand voller alter Männer (Torwart Abbiati ist 34 Jahre alt, Gennaro Gattuso 33, Mark van Bommel 34), der zudem erst vier Wochen nach dem Bundesligastart in den eigenen Ligabetrieb einsteigt, nicht überbewertet werden. Auch wenn Präsident Uli Hoeneß später jubilierend feststellte, er habe "zum Zeitpunkt des Trainingszustands ein phantastisches Spiel" gesehen. Doch es ist gewiss nicht falsch, Bayern-Trainer Jupp Heynckes zu unterstellen, dass er gegen Mailand ansatzweise seine erste Elf getestet hat.

Natürlich wird es noch Veränderungen geben: Flügelläufer Franck Ribéry (Fuß in Gips) und der designierte Abwehrchef Jérôme Boateng (Trainingsrückstand) dürften, sobald es ihr Fitnesszustand zulässt, sicher in die Stammelf rutschten. Heynckes lieferte jedoch auch so genügend Anzeichen, wie er den FC Bayern derzeit sieht - und wie er beim Pokalspiel in Braunschweig und beim Liga-Auftakt gegen Borussia Mönchengladbach gerne spielen würde.

Zum Beispiel in Sachen Toni Kroos. Den beorderte Heynckes, wie in einigen Testspielen zuvor, auch gegen Mailand auf die Position hinter den Spitzen - nicht auf der Sechs wie noch unter Louis van Gaal, sondern auf der Zehn. In offensiverer Position hatte Kroos unter Heynckes bereits in Leverkusen zeitweise brillierte. Gegen Mailand dankte es Kroos seinem Trainer mit quirligem Spiel und dem Treffer zum 1:1-Ausgleich: ansatzlos, aus 18 Metern, unhaltbar für Milan-Keeper Abbiati ins rechte untere Eck. Wie in alten Leverkusener Zeiten, nicht wie in München in der vergangenen Saison.

Kroos selbst hat die Signale seines alten, neuen Übungsleiters natürlich vernommen. "Ich denke, dass ich mich in allen Testspielen gut präsentiert habe, das weiß der Trainer auch", verkündete Kroos ausgesprochen selbstbewusst. Ob er denn auch in Braunschweig auf der Zehn beginnen werde? "Wie die aktuelle Lage ist, weiß ich leider nicht", sagte Kroos. Und lächelte wissend.

Sorgen um Arjen Robben

Eine ähnliche Tendenz ließ Heynckes auch im defensiven Mittelfeld erkennen. Dort ist Bastian Schweinsteiger gesetzt, doch es geht um den zweiten Mann auf der Doppel-Sechs. Schon vor der am Münchner Selbstverständnis nagenden Absage von Arturo Vidal hatte Luiz Gustavo in den vorherigen Tests kaum überzeugt, gegen Mailand setzte Heynckes deshalb auf Anatolij Timoschtschuk. Gegen das Mailänder Schurken-Mittelfeld mit Gennaro Gattuso, Kevin-Prince Boateng und Mark van Bommel ließen Schweinsteiger und Timoschtschuk wenig zu, blieben stets unaufgeregt, verstanden sich gut, sicherten einander ab. So wie es zeitweise schon unter van Gaal funktionierte.

Das sah auch Heynckes. Er selbst wollte sein Lobs fürs Mittelfeld nicht personalisieren, sagte jedoch: "Mailand war sehr defensiv. Aber meine Mannschaft hat viel Geduld bewiesen und den Ball laufen lassen." Das galt sicher für Schweinsteiger und Kroos, jedoch auch für Timoschtschuk. Gustavo kam erst nach einer guten Stunde für den Ukrainer - und fiel in seinem Spiel nicht weiter auf.

Auf der Position des Rechtsverteidigers gibt es indes keine Tendenz zu verkünden - eher eine Vollzugsmeldung. Rafinha, der brasilianische Zugang, erledigte nicht nur seine Defensivaufgaben fehlerlos, sondern bemühte sich auch auffallend um offensive Farbkleckse. Zwei schöne Schusschancen setzte er in der ersten Halbzeit an den Pfosten beziehungsweise die Latte, später wurde er vom Publikum mit großem Applaus verabschiedet. Rafinha und der FC Bayern - das scheint zu passen.

Auf die letzte Tendenz in Richtung Saisonstart jedoch hätte Heynckes verzichten können, denn sie betraf Arjen Robben. Mitte der zweiten Halbzeit hatte dieser in einem harten, aber nicht unfairen Zweikampf mit Milan-Abwehrmann Taye Taiwo "einen Schlag in die Wade bekommen", wie Heynckes später bestätigte, woraufhin der Holländer leicht umgeknickt sei. Robben versuchte es noch, winkte dann jedoch ab, ließ sich Minuten später auswechseln.

Nun ist Umknicken bei Robben, dessen lange Leidensgeschichte an dieser Stelle nicht noch einmal aufgezählt werden muss, immer ein wenig schlimmer als bei solide gebauten Spielern. Noch am Donnerstag musste Robben deshalb zu Chefdoktor Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt - zur Kernspin.

Im Laufe des Morgens dann jedoch bereits die Entwarnung: Robben hat sich nicht schwer verletzt, sondern zog sich lediglich einen Kapseleinriss im Sprunggelenk zu, muss kurzfristig pausieren. Bayern München geht von "ein paar Tagen Pflege und Behandlung" aus. Ob der Holländer beim Saisonstart dabei sein kann, ist allerdings unklar.

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