FC Bayern:Meister, immer Meister

FC Bayern: "Das Jahr war nicht so leicht." - sagt Bayern Trainer Julian Nagelsmann. Umso ausgelassener feiern seine Spieler um Joshua Kimmich (2. v. r.).

"Das Jahr war nicht so leicht." - sagt Bayern Trainer Julian Nagelsmann. Umso ausgelassener feiern seine Spieler um Joshua Kimmich (2. v. r.).

(Foto: Markus Ulmer/ULMER Pressebildagentur/Imago)

Nach dem Sieg gegen Dortmund feiert der FC Bayern ausgelassen seinen zehnten Bundesliga-Titel in Serie. Das 3:1 wirkte allerdings zuweilen wie ein Spiegel der Münchner Schwankungen in Julian Nagelsmanns erstem Jahr als Bayerntrainer.

Aus dem Stadion von Maik Rosner

Seine Jacke hatte der Bayern-Trainer Julian Nagelsmann vorsichtshalber schon in den letzten Minuten des Spiels abgelegt, und als er nach dem Abpfiff ganz in Schwarz über den Rasen lief und von Benjamin Pavard mit Bier übergossen wurde, schien er das regelrecht zu genießen. Nagelsmann ließ auch alle weiteren Bier- und Wasserduschen freudig über sich ergehen. Wohl auch, weil sich bei ihm viel Anspannung löste kurz vor dem Ende seines ersten Amtsjahres beim FC Bayern.

Den 32. Meistertitel, den zehnten in Serie, hatten die Münchner gerade vorzeitig gewonnen, durch ein 3:1 (2:0) gegen Borussia Dortmund im deutschen Fußball-Klassiker. Durchaus ausgelassen gerieten die Feierlichkeiten danach, auch bei Nagelsmanns Spielern. Für den 34 Jahre alten Trainer war es der erste Meistertitel im Männer-Fußball. Mit der TSG Hoffenheim war er 2014 U19-Meister geworden, mit 26 Jahren als jüngster Trainer bisher. Nun kann er sich auch jüngster Meistertrainer der Münchner nennen sowie zweitjüngster der Bundesliga-Geschichte - nach Matthias Sammer, der 2002 bei seinem Titelgewinn mit dem BVB 33 Tage jünger gewesen war.

Doch für Nagelsmann und die Bayern-Spieler kam der Titelgewinn nun vor allem wie eine Versöhnung mit einer Saison daher, die durch die 0:5-Niederlage in der zweiten Runde des DFB-Pokals in Mönchengladbach und das Aus im Viertelfinale der Champions League gegen Villarreal auch große Enttäuschungen bereitgehalten hatte.

Gerade noch als Junge in Bayern-Bettwäsche geschlafen - jetzt Meistertrainer seines Lieblingsvereins

"Verdient Meister geworden, ich bin sehr zufrieden heute", sagte Nagelsmann später sehr durchnässt, aber offenbar auch sehr glücklich. Es sei "gefühlt sehr schnell" gegangen von seinen Nächten als Junge in Bayern-Bettwäsche bis zur Krönung als Meistertrainer seines Lieblingsvereins. Zugleich befand er über seine erste Saison in München: "Das Jahr war nicht so leicht." Doch jetzt wolle er auch mal ein bisschen loslassen, und ihm half dabei, dass er ein versöhnliches Fazit ziehen konnte. "In der Meisterschaft haben wir sehr viel richtig gemacht", befand Nagelsmann.

Auch sehr routinierte Titelsammler wie Thomas Müller sprachen hinterher über die emotionalen Diskrepanzen der Saison, und sie fühlten offenbar ähnlich wie ihr Trainer. "Es hat sich natürlich viel Frust in den letzten Tagen breitgemacht. Jetzt wollten wir uns den Frust von der Seele spielen", erinnerte der 32-Jährige an das jüngste Aus gegen Villarreal. Müller hat den Bundesligatitel sogar schon zum elften Mal gewonnen, so oft wie keiner zuvor. Und offenbar nimmt er sich vor, noch mindestens zwei Meistertitel mit den Bayern hinzuzufügen. "Vom heutigen Gefühl her ist es schwierig wegzugehen", antwortete er auf die Frage, ob er seinen bis 2023 laufenden Vertrag verlängern werde. Von Manuel Neuer kamen ähnliche Signale für eine Verlängerung, und auch der Torwart befand: "Das war für uns am Ende wichtig, dass wir das Jahr nach dem Ausscheiden gegen Villarreal vernünftig abschließen."

FC Bayern: Serge Gnabry erzielt das 1:0.

Serge Gnabry erzielt das 1:0.

(Foto: Straubmeier/Nordphoto/Imago)

Serge Gnabry (15. Minute) und Robert Lewandowski (34.) hatten die 2:0-Pausenführung erzielt - und damit jene beiden Offensivspieler, deren Zukunft beim FC Bayern ungewiss erscheint. Durch Emre Cans 2:1 per Foulelfmeter (52.) wurde es zwar noch mal spannend. Doch am Ende reichte es für Bayerns vorzeitigen Gewinn des Meistertitels auch deshalb, weil der eingewechselte Jamal Musiala zum spielentscheidenden 3:1 traf (83.). "Wir haben wieder gezeigt, dass wir besser sind", sagte Lewandowski. Seine Zukunft ließ er offen.

Ein Spruch über die Freiwillige Feuerwehr beschert Nagelsmann vor dem Spiel Ärger

"Deutscher Meister wird nur der FCB", hatten die Münchner Fans schon beim Aufwärmen der Mannschaften gesungen. Es begannen aber nicht die rot gewandeten Bayern wie die, nun ja, Feuerwehr, also schnell und einsatzfreudig, sondern die Dortmunder in ihren gelben Trikots. Nagelsmanns vorheriger Vergleich, wonach der FC Bayern "nicht die Freiwillige Feuerwehr Süd-Giesing" sei, sondern wegen der ausgesprochen guten Bezahlung immer Lust auf die Arbeit haben müsse, hatte zuvor für einige Verärgerung bei Vertretern der Freiwilligen Feuerwehren gesorgt. Der Trainer sah sich deshalb kurz vor dem Anpfiff bei Sky zu einer Klarstellung veranlasst. "Da ging es einzig und allein um das Wort freiwillig. Ich entschuldige mich bei allen, die das in den falschen Hals bekommen haben", sagte Nagelsmann und betonte, wie wichtig die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr und aller Ehrenamtlichen sei.

Nachdem dieser Brand also gelöscht war, waren es in der Anfangsphase dennoch die Dortmunder, die das Spiel prägten. Mit einigen flinken Angriffszügen beschäftigten sie die Viererkette der Bayern, ohne allerdings für ernsthafte Torgefahr sorgen zu können. Die Münchner benötigten ein wenig Zeit, um in Schwung zu kommen, und hilfreich erwies sich dabei Joshua Kimmichs Eckball und Leon Goretzkas Kopfballablage, nach der Gnabry den Ball in einer flüssigen Bewegung mit seinem rechten Oberschenkel abtropfen ließ und umgehend mit dem rechten Vollspann in den Winkel des Dortmunder Tores von Marwin Hitz jagte.

Eine Viertelstunde nach dem 1:0 hatte der Nationalspieler erneut getroffen. Doch weil das Tor wegen einer Abseitsposition seines Kollegen Kingsley Coman keine Anerkennung fand, leistete Gnabry seinen nächsten Beitrag zum Gewinn des Meistertitels kurz darauf eben anderweitig. In einem Zweikampf verleitete Gnabry den Dortmunder Dan-Axel Zagadou zu einem Fehlpass, in dessen Folge Müller den freistehenden Lewandowski bediente. Der Weltfußballer schob zum 2:0 ein.

FC Bayern: ... und Robert Lewandowski schiebt zum 2:0 ein.

... und Robert Lewandowski schiebt zum 2:0 ein.

(Foto: Eduard Martin/Jan Huebner/Imago)

Es schien nun, als hätten sich die Münchner an den Leitspruch ihres früheren Torwarts und heutigen Vorstandsvorsitzenden erinnert. "Weiter, immer weiter", hatte Oliver Kahn einst zu seinem Motiv erhoben. Nun machte die aktuelle Münchner Belegschaft weiter, immer weiter, um Meister, immer Meister zu werden.

Doch das Spiel kam durchaus auch als Spiegel der Saison daher, die von Schwankungen und Unsicherheiten in der Defensive geprägt war. Nun geriet der scheinbar schon sichere Sieg noch einmal in Gefahr, weil Kimmich im Strafraum Marco Reus foulte und Can den Elfmeter verwandelte. Als kurz darauf Neuer mit einer Parade gegen Reus den Ausgleich verhinderte und wenig später Lucas Hernández mit einer sensationellen Grätsche ebenfalls gegen den Dortmunder Kapitän rettete, da erinnerte dieses Spiel wie im Zeitraffer an den Wankelmut der Bayern in dieser Saison.

Zu Bayerns vorzeitigem Gewinn des Ligatitels reichte es aber auch, weil der eingewechselte Musiala in der Schlussphase zum 3:1 einschoss. "Deutscher Meister wird nur der FCB", sangen die Fans, wie schon beim Aufwärmen.

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