Der FC Barcelona, Gegner des FC Bayern in der Champions League, reist am Donnerstag für ein Ligaspiel nach Cádiz, und die Liturgie solcher Anlässe umfasst auch hier eine vorabendliche Pressekonferenz des Trainers. Am Mittwoch wurde in Barcelona aber nicht die sonst gängige Interaktion zwischen Coach und Journalisten geboten. Sondern ein spektakulärer Monolog des wegen schlechter Resultate massiv unter Druck geratenen Barça-Trainers Ronald Koeman. Er erinnerte an die legendäre 42-Sekunden-Pressekonferenz von Klaus Augenthaler als Wolfsburg-Trainer ("Die Fragen stelle ich, die Antworten gebe ich auch"). Freilich mit dem großen Unterschied, dass Koeman zweieinhalb Minuten redete. Und ausnahmsweise Brille trug.
"Hola a tothom", Hallo an alle, sagte Koeman auf Katalanisch - und trug dann den staunenden Journalisten vor, was er angeblich selbst zu Papier gebracht hatte: "Der Klub befindet sich, mit mir als Trainer, in einem Prozess des Wiederaufbaus", sprach der Niederländer - und holte dann etwas weiter aus. Die sportliche Lage sei an die finanzielle Situation des Klubs gekoppelt, und da diese gerade prekär ist - Barcelona ist bekanntlich mit 1,3 Milliarden Euro verschuldet -, könne man nicht mehr erwarten als beispielsweise fünf Punkte Rückstand auf den Tabellenführer Real Madrid.
Ob der Auftritt Folgen haben wird? Medienberichten zufolge war Präsident Laporta alles andere als amüsiert
"Wir müssen einen Kader umbauen, ohne große Investitionen tätigen zu können", sagte Koeman. Es gebe zwar junge Spieler, die zu großartigen Fußballern werden können, sagte er, und "das Gute ist, dass die Jungen Chancen bekommen können wie einst Xavi und Iniesta. Aber wir bitten um Geduld", denn im Fußball brauche man Zeit. Danach sagte er jeder Ambition adé - und ging damit zu einer Art verbaler Selbstverbrennung vor laufender Kamera über.
"Auf einem hohen Tabellenplatz zu landen, wäre ein Erfolg", sagte Koeman, und "in der Champions League dürfen keine Wunder erwartet werden. Die Niederlage gegen Bayern München (0:3) von vergangener Woche muss aus dieser Perspektive heraus betrachtet werden." Koeman ließ auch einen kaum verhohlenen Angriff auf das Präsidium folgen: "Der Prozess, in dem wir uns befinden, bedingt, dass er gestützt werden muss, durch Wort und Tat." Fans und Presse seien sich der Lage des Teams und der Trainer bewusst.
Ob der Auftritt Folgen haben wird? Medienberichten zufolge war der als Koeman-kritisch geltende Präsident Joan Laporta alles andere als amüsiert, von einer Antwort sah er aber zunächst ab. Angeblich wurden allerdings die Kontakte zu Belgiens Nationaltrainer Roberto Martínez intensiviert, der am Mittwoch ebenfalls eine Pressekonferenz gab und sogar Fragen beantwortete, unter anderem jene nach dem angeblichen Interesse Barcelonas. Ergiebig war das aber nicht "Es gibt nichts, was zu kommentieren wäre", sagte Martínez.