Gareth Bale:Dann eben Golf

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Und wenn's mit dem Fußball nicht mehr klappt, kann Gareth Bale immer noch Golfprofi werden: Der Waliser dreht eine Runde.

(Foto: Jeff Thomas/Zuma/Imago)

Der walisische Nationalspieler ist einer der bestbezahlten Fußballer der Welt. Seine wahre Leidenschaft gilt aber einem anderen Sport. Das wirft die Frage auf: Wie sehr muss man seinen Beruf lieben?

Von Javier Cáceres

Man muss mitunter auch öffentlich Prioritäten setzen, auch wenn man damit anderen auf die Füße tritt, und Gareth Bale weiß, wie man das macht. Mit Charme. Zum Beispiel: Als sich seine Mannschaft, Wales, im Jahr 2019 für die aktuelle EM qualifiziert hatte.

Seinerzeit wurde ein Song bekannt, und der Text war auch auf einem Banner zu lesen, das irgendwie seinen Weg auf den Rasen des Cardiff City Stadiums fand, wo Wales gerade den entscheidenden 2:0-Sieg gegen die Ungarn erzielt hatte, durch zwei Tore von Aaron Ramsey. "Wales. Golf. Madrid. In that order", stand auf der Fahne zu lesen; "Wales. Golf. Madrid. In der Reihenfolge." Dahinter hatten sich alle Spieler der Waliser versammelt, und wer die Fotos von damals heute betrachtet, sieht einen jungen Sportler besonders freudig lachen: Gareth Bale, der an diesem Mittwoch mit Wales in der Vorrundengruppe A gegen die Türkei antritt (18 Uhr).

Es waren Tage, in denen Bale nicht so viel zu lachen hatte, und der Gesang fußte im Grunde auf einer ehrabschneidenden Bemerkung. Pedja Mijatovic, Legende bei Bales Arbeitgeber Real Madrid, hatte im Radio gewettert, dass der Waliser sich erst an dritter Stelle um den spanischen Rekordmeister schert. Bale lag mit dem damaligen und mittlerweile zurückgetretenen Trainer Zinédine Zidane überkreuz; dass der Waliser im Sommer 2020 an Tottenham Hotspur verliehen wurde, kam nicht von ungefähr. Schon 2019 wäre ihn Zidane gerne losgeworden. Bale hatte bereits einen neuen Klub in China gefunden. Doch weil Reals Präsident Florentino Pérez in letzter Minute eine horrende, zweistellige Millionen-Euro-Ablöse aufrief, platzte der schon sicher geglaubte Deal.

Die Ärzte bei Real führten Bales Verletzungen auch auf die fußballuntypischen Verrenkungen beim Golfen zurück

Zidane, so heißt es in Madrid, beäugte Bale noch skeptischer als einer seiner berühmten Vorgänger, der Italiener Carlo Ancelotti. Zu aufreizend wirkte es, dass Bale so wenig Leidenschaft für Fußball aufbrachte, obwohl ihn diese Industrie zum zeitweise teuersten Spieler der Welt - 100 Millionen Euro Ablöse im Jahr 2013 - und auch zu einem der bestbezahlten Profis im Kader von Real Madrid gemacht hatte. Bales Passion war, ist, wird immer sein: das Golfspiel. Während die üblichen Laufwege vieler Spieler von Real Madrid in die exklusiven Bars und Restaurants der spanischen Kapitale führen, wo ihnen die Maîtres die Separées frei räumen (nicht alle leben so zurückgezogen wie DFB-Mittelfeldspieler Toni Kroos), erkundete Bale die Greens in und um Madrid. So what?, wie man in Großbritannien sagen würde. Muss man seinen Beruf denn wirklich lieben?

Ganz so einfach lag die Sache nicht. Die Ärzte bei Real führten die vielen Verletzungen, unter denen Bale litt, auch auf die fußballuntypischen Verrenkungen beim Golfen zurück. In die Herzen der Fans im Estadio Santiago Bernabéu konnte er sich nicht spielen. Eine Zeitlang funktionierte die Protektion durch Präsident Florentino Pérez, der Bale geholt hatte, um den vom Vorgänger Ramón Calderón verpflichteten Cristiano Ronaldo abschieben zu können. Aber zu den dürftigen Leistungen kamen bald auch gravierende interne Konflikte. Carlo Ancelotti, der in Bales ersten zwei Madrider Jahren Trainer bei Real gewesen war, schildert in seiner Autobiografie, dass Bale in seinem Überdruss über seine Rolle auf der rechten Außenbahn versuchte, über Präsident Pérez eine zentralere Position im System zu erhalten. Pérez rief Ancelotti zu sich ins Büro. "Der Präsident fragte mich, was wir machen würden. Und ich sagte: Nichts!" Wenig später war Ancelotti entlassen.

Bei den Walisern scheint es für Bale etwas einfacher zu sein, auf seiner Traumposition zu spielen. Doch der Erfolg lässt bislang zu wünschen übrig. Am Samstag spielte Wales zum Turnierauftakt in Baku gegen die Schweiz, Bale aber fiel beim 1:1 nicht durch Tore oder Vorlagen auf, sondern dadurch, dass er keinen Flügel beackerte, sondern eine undefinierbare Rolle hinter den Spitzen einnahm.

Eine der spannenden Fragen bleibt, ob Bale sich bei der EM wieder in die Form spielt, die ihn einst bei Tottenham Hotspur groß gemacht hatte - auf der linken Außenbahn. 2016 hatte Real Madrid Bales Vertrag um erstaunliche sechs Jahre verlängert - sein Nettojahresgehalt soll sich mittlerweile auf knapp 20 Millionen Euro belaufen. Bei den Spurs kam er nur deshalb zur Leihe unter, weil Real die Hälfte seines Gehaltes weiterzahlte. Nun muss er im Sommer eigentlich zurück, Tottenham wäre wohl unter (günstigen finanziellen) Umständen bereit, ihn weiter zu beschäftigen. Wenn er denn überhaupt weitermachen will.

Längst kursieren Gerüchte, Bale erwäge nach der EM ein Karriereende. Um dann als professioneller Golfspieler durchzustarten. "Bullshit", nannte das sein Berater in englischen Medien. Doch vielleicht tat er das auch nur, weil eine Demission zur Unzeit sehr viel Geld kosten würde.

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