Niederlande bei der Fußball-EM:Wie die Fans, so jetzt auch die Mannschaft

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Die Niederländer vergaben Chance um Chance - aber mit dem späten Treffer von Donyell Malen (links) war die Partie gegen Rumänien dann endgültig entschieden. (Foto: Ariel Schalit/AP)

Die Niederlande haben sich in der Gruppenphase schwergetan, beim 3:0 im Achtelfinale gegen Rumänien zeigt das Team sein Potenzial – und trotz zahlreicher vergebener Chancen hohe Qualität in der Offensive.

Von Sebastian Fischer, München

Wenn die Fans der Niederlande in den vergangenen Wochen feiernd durch die deutschen Innenstädte zogen, dann trugen sie mitten in der orangen Menge stets Büsten der größten Fußballer ihrer Geschichte, die wie in Stein gehauene Statuen aussahen: Cruyff und van Basten waren dabei, Bergkamp und Gullit. Die Niederländer treten nun mal immer mit dem Ruf einer großen Fußballnation an.

Die aktuelle Mannschaft, trainiert von Ronald Koeman, der als Spieler 1988 die Europameisterschaft in Deutschland gewann, hat sich bislang schwergetan, dem gerecht zu werden. Nach einem 3:0 (1:0) im Achtelfinale gegen den Außenseiter Rumänien kann sie es nun aber weiter versuchen. Und der Sieg in München nach Toren von Cody Gakpo (20. Minute) und Donyell Malen (83., 90.+3) sowie zahlreichen Chancen auf ein noch deutlicheres Ergebnis belegte ihr großes Potenzial.

„Wir haben ein gutes Spiel hingelegt und eine gute Reaktion gezeigt“, sagte Gakpo. „Nach dem letzten Spiel brauchten wir diese Reaktion, es war ein Schritt in die richtige Richtung.“

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Während der Gruppenphase hatte das Team im Vergleich zu den fröhlichen Fans fast etwas bieder gewirkt, nach vorne wenig inspiriert und auch nach hinten nicht so felsenfest sicher, wie es die großen Namen ihrer Innenverteidiger Virgil van Dijk vom FC Liverpool und Stefan de Vrij von Inter Mailand nahelegten. Nach einem 2:1-Sieg gegen Polen, einem 0:0 gegen Frankreich und einer 2:3-Niederlage gegen Österreich waren die Niederländer nur als Gruppendritter weitergekommen. Trainer Koeman stand in der Kritik.

Nun, nach dem Achtelfinale, sagte er, dass es manchmal schwierig zu erklären sei, warum man das eine mal schlecht spiele und das andere mal so „hervorragend“, wie er den Auftritt am Dienstag nannte. Er lobte das Positionsspiel seiner Mannschaft, ihr Verhalten im Ballbesitz, die Flanken. Er kritisierte allein, dass das zweite Tor nicht früher gefallen war.

Gegen die Rumänen, die überraschend vor Belgien ihre Gruppe gewonnen hatten, änderte er seine Startaufstellung, unter anderem begann erstmals im Turnier im Angriff Steven Bergwijn von Ajax Amsterdam, der zur Halbzeit allerdings schon wieder für den Dortmunder Malen Platz machte. Auch Xavi Simons spielte von Beginn an, der 21-Jährige, der in der vergangenen Saison von Paris Saint-Germain an RB Leipzig ausgeliehen war und dabei sein Talent so offensichtlich zur Schau stellte, dass nun auch der FC Bayern an ihm interessiert sein soll.

Auch als den Rumänen die Kräfte ausgehen, können sie noch lange auf eine letzte Gelegenheit zum Ausgleich hoffen

Simons spielte in der 20. Minute den Pass nach links außen auf Gakpo, der Angreifer vom FC Liverpool zog nach innen, ließ dabei den blauhaarigen Verteidiger Andrei Ratiu aussehen, als wäre er hinter den Ohren grün, und schloss in die kurze Ecke ab. Das Tor täuschte etwas darüber hinweg, dass die Rumänen in der Anfangsphase mutig angriffen, angetrieben von ihren fanatischen Fans, die oft sogar jene in Orange gekleideten übertönten. Dennis Man schoss in der 14. Minute nur knapp drüber, und selbst bei der Wiederholung auf der Leinwand ging noch ein lautes Raunen durchs Stadion.

Mit der Führung waren die Niederländer dann allerdings deutlich überlegen, spielten oft über die rechte Seite, über den starken Außenverteidiger Denzel Dumfries, nach vorn und hatten einige Chancen aufs 2:0. Die beste vergab Simons kurz vor der Pause, frei im Strafraum verpasste er den Moment zum Abschluss.

In der zweiten Hälfte ging es so weiter, Malen und Memphis Depay bekamen den Ball jeweils aus guter Position im Strafraum nicht im Tor unter. Fahrlässig vergab Malen im Strafraum eine Überzahlsituation mit einer unpräzisen Flanke, Koeman schimpfte vor seiner Bank vor sich hin. Nach der anschließenden Ecke setzte van Dijk einen Kopfball an den Pfosten. Und ein vermeintliches zweites Tor von Gakpo, erneut nach einer Ecke, wurde wegen Abseits zurückgepfiffen.

Den Rumänen gingen die Kräfte aus, aber sie konnten noch lange auf eine letzte Gelegenheit zum Ausgleich hoffen, weil die Niederländer Chance um Chance verstreichen ließen. In der 73. Minute war es der eingewechselte Joey Veerman, der knapp daneben zielte. Erst zehn Minuten später gelang Malen das vorentscheidende Tor nach einer Vorlage von Gakpo, der sich auf der Grundlinie gegen Rumäniens Verteidiger Radu Dragusin durchgesetzt hatte. Und nach einem Konter in der Nachspielzeit erhöhte er noch auf 3:0.

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