Aus Anlass einer Fußball-EM in Deutschland hätte man erwartet, dass in den Niederlanden die wohlige Erinnerung an den Titelgewinn 1988 das beherrschende Thema wäre. Das Land debattiert vor dem ersten EM-Spiel gegen Polen allerdings über ein weißes Frotteestirnband, das der Stürmer Memphis Depay in den letzten Testspielen zumindest nicht benötigt hätte, um seine ohnehin kurzen und an die Kopfhaut geklebten Dreadlocks zu bändigen. Mit dieser Frisur, einem Bart und dem Stirnband hätte man ihn eher in der amerikanischen Basketballliga NBA verortet, wo ikonische Konterfeis durchaus goutiert werden. In den Niederlanden indes lautete der allgemeine Tenor: Was soll das?
Nun ist das Stirnband allemal ein etabliertes modisches Accessoire, dessen Akzeptanz etwa im Sport vom schwedischen Tennisspieler Björn Borg vorangetrieben wurde sowie unter Apachen von Winnetou (beide der langen Haare wegen). Der Duden, eigentlich nicht für hippe Trends zuständig, ratifiziert das „Stirnband“ jedenfalls in dreierlei Hinsicht: „als Schmuck, zum Schutz vor Kälte oder beim Sport“.
Dass ihm auf der Stirn nichts geschrieben steht, liegt am Fußballverband
Dass viele sich über Depays Stirnband aufregen, regt wiederum viele auf. Ein Zeitungskommentator bemerkt lakonisch, die Debatte um das Stirnband sei völlig überzogen: Sofern Depay seine Tore schieße, dürfe er sogar eine schmutzige Unterhose oder einen Cowboyhut tragen. Niederländische Medien haben unterdessen recherchiert, dass weiße Stirnbänder im Sporteinzelhandel momentan so ziemlich ausverkauft seien.
1986 bei der WM in Mexiko erregte der brasilianische Nationalspieler Sócrates mit Stirnbändern Aufsehen. Er trug darauf humanistische Botschaften für mehr Gerechtigkeit („Need Justice“) sowie gegen Terror und Gewalt. Dass Depay ein weißes Stirnband ohne jegliche politische, gesellschaftliche oder religiöse Botschaft trägt, liegt an einem diesbezüglichen Verbot des Fußballverbands ebenso wie am wohl ursächlichen Grund, das Stirnband überhaupt zu tragen: „Meine Freundin findet es schön!“