Kylian Mbappé spielte von Beginn an. Mit seiner schwarzen, brillenähnlichen Karbonmaske sah der wertvollste Fußballer der Welt wahlweise aus wie ein Superheld, ein Panzerknacker oder ein Waldkauz. Es hätte aller dieser Charakteristika bedurft, um im dritten Gruppenspiel gegen die bereits zuvor als ausgeschieden feststehenden Polen zu gewinnen, allerdings kamen die Franzosen trotz Mbappés durchgängigem Bemühen nicht über ein 1:1 (0:0)-Unentschieden hinaus. Damit beenden sie die Gruppe nur als Zweiter und spielen ihr Achtelfinale am Montagabend in Düsseldorf gegen einen noch nicht feststehenden Gegner.
Dabei hatte Mbappé ja ein Tor geschossen, es war sein erstes überhaupt bei einer Europameisterschaft – doch er benötigte dazu in der 56. Minute einen Elfmeter. Der polnische Verteidiger Jakub Kiwior hatte Ousmane Dembélé gefoult. Auch der Ausgleich zum 1:1-Endstand fiel per Foulelfmeter. Der Franzose Dayot Upamecano brachte Karol Swiderski zu Fall. Den ersten Elfmeter von Robert Lewandowski hielt Frankreichs Torwart Mike Maignan zwar, doch weil er sich zu früh von der Torlinie gelöst hatte, musste wiederholt werden – und diesen Versuch verwandelte Lewandowski in der 79. Minute zum Ausgleich. Polens Kapitän spielte in dem Dortmunder Stadion, in dem im August 2010 im BVB-Trikot seine Bundesliga-Karriere begonnen hatte, sein womöglich letztes EM-Spiel. Er ist mittlerweile 35 Jahre alt.
Italien im EM-Achtelfinale:Ein Remis wie ein Donnerhall
Gegen Kroatien spielt Italien mit der Gefahr eines EM-Ausscheidens, bis Mattia Zaccagni in der 98. Minute ein Treffer gelingt, der an ein berühmtes Tor der italienischen Fußballgeschichte erinnert.
Im ersten EM-Spiel hatte sich Mbappé an der Schulter des österreichischen Verteidigers Kevin Danso die Nase gebrochen. Im zweiten Spiel gegen die Niederlande hatte er pausiert. Im dritten Spiel bestand für ihn Maskenpflicht. Für den schnellen 25-Jährigen ist das vielleicht ein bisschen so, als hätte man auf der Autobahn durch eine schmutzige Frontscheibe keinen optimalen Durchblick. Mbappé war zwar trotzdem schnell und er war trotzdem gut, doch er vergab beste Chancen und nestelte und zupfte immer wieder an seiner Maske.
Mit ihren Wettbewerbsvorteilen können die Franzosen zu wenig anfangen
Apropos nicht optimal: Die Franzosen geizen bei dieser EM auffällig mit eigenen Toren. Ihr erster Treffer beim 1:0-Sieg im Auftaktspiel hatte der Österreicher Maximilian Wöber per Eigentor erzielt, im zweiten Spiel trennten sie sich von den Niederländern torlos und nun im dritten Spiel bedurfte es eines Elfmeters für einen Treffer, der am Ende nicht mal für einen Sieg reichte.
Dass sich die Franzosen bei dieser EM so schwer tun mit dem Toreschießen, ist umso verwunderlicher, wenn man bedenkt, dass Mbappé diese Saison 27 Tore für Paris geschossen hat, Antoine Griezmann 16 Tore für Atlético Madrid, Marcus Thuram 13 Tore für Inter Mailand und dass dann auch noch Dembélé, Randal Kolo Muani und Olivier Giroud zum Kader gehören.
Griezmann und Thuram hatten diesmal zu Beginn allerdings nicht auf dem Platz gestanden. Mbappé bildete die Angriffsformation mit Dembélé und dem EM-Debütanten Bradley Barcola – das ist die Angriffsreihe von Paris St. Germain, bei der man sich daran erinnert, dass sie im Champions-League-Halbfinale gegen Borussia Dortmund in zwei Spielen keinen einzigen Treffer erzielt hatte. Die drei haben im Hinspiel in Dortmund vor knapp zwei Monaten genauso in vorderster Reihe gespielt wie nun im EM-Spiel im selben Stadion.
Die Franzosen kontrollierten den Ball, sie waren auch die Schnelleren, aber mit beiden Wettbewerbsvorteilen konnten sie zu wenig anfangen. In der zweiten Halbzeit avancierte das Spiel phasenweise zu einem Duell zwischen Mbappé und dem polnischen Torhüter Lukasz Skorupski, den Mbappé nur per Elfmeter zu bezwingen wusste. Am Ende wusste man: Das war zu wenig.