Süddeutsche Zeitung

Fußball-EM:"Ich hoffe, Puma macht keine Pariser"

  • Im Spiel gegen Frankreich rissen sieben Trikots der Schweizer Spieler im Kontakt mit dem Gegner.
  • Hersteller Puma ist ratlos. Bisher habe es noch nie Probleme gegeben.

Von Thomas Hummel, Lille

Yann Sommers muskulöser Torwart-Oberkörper zeichnete sich deutlich unter dem eng anliegenden, knallgelben T-Shirt ab. Man musste mit dem Schlimmsten rechnen. Würde es halten, falls Sommer einmal tief einatmet?

Der 27-Jährige ist außerhalb des Platzes ein recht entspannter Zeitgenosse, weshalb das Textil-Farbungetüm die Sprechstunde nach dem Spiel heil überstand. Yann Sommer war recht überraschend zum Man oft the Match gewählt worden nach dem 0:0 seiner Schweizer gegen Gastgeber Frankreich. Vielleicht wollten die Juroren einem Gast den Vortritt lassen, wenn schon kein Tor gefallen war, schließlich schafften die Schweizer mit dem Unentschieden zum ersten Mal in ihrer Geschichte den Einzug in die K.-o.-Runde einer Europameisterschaft. Sie beenden die Gruppe A als Zweiter hinter Frankreich und treffen nun am Samstag im Achtelfinale auf den Zweiten der Deutschland-Gruppe. Sie feierten das Ereignis entsprechend - wenngleich sie bisweilen recht zerrupft daherkamen.

Siebenmal war am Sonntagabend im Stade Pierre Mauroy ein Trikot der Schweizer "Nati" in Fetzen am Spieler gehangen. Bei Admir Mehmedi fing es an, es ging weiter mit Fabian Schär, Valon Behrami, Blerim Dzemaili und Breel Embolo. Granit Xhaka musste gleich zweimal das Hemd wechseln.

"Das bedeutet wohl, dass es einen Kampf gab auf dem Feld", sagte Yann Sommer. Um als mediengeeichter PR-Profi anschließend den Ausrüster der Mannschaft als "großartig" zu bezeichnen. Immerhin mit einem schelmischen Lächeln.

Die Aufregung rund um die Schweizer Hemden ist beträchtlich. Im Internet werden unter dem Hashtag #trikotgate die üblichen guten und nicht so guten Scherze verbreitet. Schon beim Testspiel vor der EM gegen Moldawien waren einige Hemden der Schweizer gerissen. Ausrüster Puma gerät nun mächtig unter Druck und geht in die Verteidigung. Es wird spekuliert, dass die Spielertrikots aus speziellem Material bestünden, die mit Mikro-Massagen auf der Haut für eine erhöhte Energiezufuhr sorgen sollen.

Was sich nach Textil-Doping anhört, führte eventuell dazu, dass die Schweizer beim kleinsten Zupfer eines Gegenspielers halb nackt auf dem Feld standen. "Wir hatten noch nie Probleme mit den Shirts", erklärte in Lille sogleich der Abgesandte des Herstellers, "weder bei der italienischen Nationalmannschaft noch bei Arsenal." Dennoch kündigt die Firma eine Untersuchung an samt Pressemitteilung.

Die Fußballer mussten zwar mehrfach an der Seitenlinie in ein frisches Gewand schlüpfen, dennoch amüsierten sie sich hinterher mehr als dass sie sich ärgerten. "Wir Schweizer sind halt nur so zu stoppen", erklärte Xhaka, während Xherdan Shaqiri im Schweizer Radio witzelte: "Ich hoffe, Puma macht keine Pariser." Valon Behrami wollte auf dem Platz die Schuld bei den Franzosen suchen, schließlich waren es sie, die mit herzhaftem Griff an der Schweizer Wäsche zogen. Das Bild, als Paul Pogba den Kollegen Xhaka buchstäblich auszog, wird Eingang finden in alle Bildbände dieser EM. "Wir haben mit dem Schiedsrichter gesprochen, aber der sagte: Das ist nicht mein Fehler, da müsst ihr mit eurem Sponsor sprechen", berichtete Behrami.

Eine Nachricht immerhin milderte den schrecklichen Abend für den Hersteller aus Herzogenaurach. Auch ein Ball überstand die Partie nicht bis zum Ende, nach einem Pressschlag von Behrami mit dem Franzosen Antoine Griezmann lag die Kugel platt auf dem Boden. Die Spielbälle kommen vom Konkurrenten Adidas.

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sz.de/schm/liv
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