Spanien und Frankreich bei der EM:Bus? Bahn? Flugzeug!

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Ganz schön abgehoben: Spaniens Nacho klärt während des Viertelfinals gegen Deutschland den Ball. (Foto: Marijan Murat/dpa)

Von Düsseldorf nach Paderborn, von Stuttgart nach München: Nach den Franzosen landen auch die Spanier mit einem Ultra-Kurzstreckenflug in den Schlagzeilen. Mit Flügen kennen sich beide Teams also aus – aber wer fliegt raus?

Von Vivien Timmler, Berlin

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat dieser Tage viel zu tun. Autobahn-Neubauprojekte anprangern, Tempolimit fordern, Agrarpaket kommentieren. Und dann sind da auch noch ständig diese fliegenden Fußballmannschaften. Eigentlich hatte die Uefa die Fußball-Europameisterschaft als „die nachhaltigste EM aller Zeiten“ ausgerufen. Doch ausgerechnet die Halbfinalisten Spanien und Frankreich scheinen die Sache mit der „klimafreundlichen An- und Abreise“ noch nicht so ganz verinnerlicht zu haben.

Dabei hätten die Spanier aus dem Fauxpas der Franzosen lernen können. Die nämlich hatten sich mit ihrem Ultra-Kurzstreckenflug von Düsseldorf nach Paderborn einen klassischen Aufreger neben dem Platz geleistet. Um nach dem Sieg im Achtelfinale gegen Belgien schnellstmöglich wieder zurück ins Mannschaftsquartier zu kommen, hatten sie einen Antrag auf Umgehung des Nachtflugverbots gestellt – mit Erfolg. Abflug war dann um 22.35 Uhr. Ankunft: kurz nach 23 Uhr. Ist halt nicht so weit von Düsseldorf nach Paderborn.

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Der Stürmer Randal Kolo Muani hat ausprobiert, wie viel man durch Kylian Mbappés Maske sieht: „Man sieht nichts.“ Trotzdem gehen die Franzosen den Plan, im Halbfinale gegen Spanien ihr erstes echtes Turniertor zu erzielen, mit Optimismus an.

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„Unfassbar“ und „absurd“, findet das Werner Reh vom BUND. „Ich gehe mal davon aus, dass die Mannschaft unter dem Strich sogar Zeit verloren hat“, sagte er. Schließlich müsse man zu der reinen Flugzeit noch die An- und Abreise zu den jeweiligen Flughäfen sowie die Boarding-Zeiten hinzuaddieren. Hätte man von Düsseldorf nach Paderborn den Mannschaftsbus genommen, hätte das etwa zwei Stunden gedauert.

Kein anderes Team war der Deutschen Bahn über den gesamten Turnierverlauf hinweg so treu wie die Schweizer

Vier Tage später hat sich das Schauspiel nun wiederholt. Nur mit einem anderen Team, einem anderen Flughafen – und einem anderen BUND-Kommentator. Die spanische Nationalmannschaft stand vor der Herausforderung, den schnellsten Weg vom Teamhotel in Donaueschingen zum EM-Halbfinale in der Münchner Fußballarena zu finden. Und statt sich dreieinhalb Stunden in den Bus oder vier Stunden – mit Umstieg! – in den Zug zu setzen, machten die Spanier einen auf Franzosen und charterten ein Flugzeug. Allerdings ebenfalls mit Umstieg in Stuttgart, ein Abflug von Donaueschingen aus war am Montag nicht realisierbar.

Bastian Greiner vom BUND findet diesen Ultra-Kurzstreckenflug erwartungsgemäß „hochproblematisch“. Nicht nur, weil Kurzstreckenflüge bekanntlich schlecht fürs Klima sind. „Außerdem haben Fußballspieler und Nationalmannschaften eine Vorbildfunktion, deswegen ist es umso unverständlicher“, sagte er.

Und wer hat’s erfunden? Nein, nicht die Schweizer. Die waren der Deutschen Bahn über den gesamten Turnierverlauf hinweg so treu ergeben wie kein anderes Team. Die erste Mannschaft, die den EM-Aufenthalt in Deutschland genutzt hat, um sich das Land mal von oben anzuschauen, waren die Türken: Zu seinem letzten EM -Gruppenspiel gegen Tschechien reiste das Team per Flugzeug an. Flugroute: Hannover – Hamburg. „Unsinnig“ und „unnötig“, fand BUND-Mann Reh – womit das Standardrepertoire des Umweltverbands zur Geißelung klimaschädlicher Einzelaktionen dann langsam ausgereizt sein dürfte.

Doch der BUND hat seine Rechnung ohne die Deutsche Bahn gemacht: Die brachte es am Dienstag tatsächlich fertig, die niederländische Nationalmannschaft an der von der Uefa gewünschten „klimafreundlichen Anreise“ zum zweiten EM-Halbfinale zu hindern. Die Niederländer wären nämlich prinzipiell gern mit dem Zug vom Quartier in Wolfsburg zum Austragungsort Dortmund gereist. Aber dann: Gleis blockiert, Alternativ-Strecke ebenfalls gesperrt, „signifikante Verspätung“ kassiert, Vorabend-Pressekonferenz abgesagt. Die einzige verbleibende Option, um abends noch in Dortmund anzukommen: Doch mit dem Flugzeug anreisen. Der BUND kommentierte die Entscheidung der Niederländer nicht. 

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