Frankreich bei der Fußball-EMKolo Muani erledigt Batmans Auftrag

Lesezeit: 3 Min.

Kylian Mbappé bejubelt den Siegtreffer von Randal Kolo Muani.
Kylian Mbappé bejubelt den Siegtreffer von Randal Kolo Muani. (Foto: Carl Recine/Getty Images)

Mbappé leidet unter seiner Maske, die Franzosen zeigen das nächste magere Spiel – doch ein abgefälschter Schuss bringt den Mitfavoriten ins Viertelfinale. Die Belgier um Trainer Domenico Tedesco reisen heim.

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

Hat Batman je geklagt, dass man unter der Maske so schwitzt? Oder Darth Vader, oder Zorro? Nichts bekannt. Der reale Superheld Kylian Mbappé freilich zelebriert Fußball normalerweise ohne Maske, muss bei der EM nun aber mit einer überdimensionierten Carbon-Brille seine im Auftaktspiel gebrochene Nase schützen. „Der absolute Horror!“, hatte er vor dem Achtelfinale gegen Belgien geklagt: „Man sieht nicht gut und man schwitzt.“ Konnte er seinen Staatsauftrag trotzdem erfüllen und Frankreich am Montagabend in Düsseldorf ins Viertelfinale schießen?

Nein, Mbappé nicht, aber ein anderer: Randal Kolo Muani brachte die Franzosen in der 85. Minute mit einem abgefälschten Schuss weiter – offiziell wurde der Treffer als Eigentor von Belgiens Innenverteidiger Jan Vertonghen gewertet. Wieder ein recht mageres Spiel der Franzosen, aber auch mit einem 1:0-Sieg darf man ja ins Viertelfinale einziehen. „Man muss das genießen, das ist keine Kleinigkeit“, sagte Frankreichs Coach Didier Deschamps, der Weltmeistertrainer von 2018: „Wir sind einen Schritt weiter. Das darf gern so weitergehen. Wir hatten gute Chancen, aber der Gegner war auch stark.“ Und Kolo Muani betonte, er habe im Abschluss „das Glück“ gehabt, das den Kollegen zuvor gefehlt hatte.

Wenn einem etwas Schlimmes passiert, dann kann es helfen, zur Traumabewältigung zeitnah an den Ort des Geschehens zurückzukehren. Das hat Mbappé getan (der Spielplan hat es ihm vorgeschrieben), denn in der Düsseldorfer Arena war ihm exakt zwei Wochen zuvor beim 1:0 gegen Österreich die Nase gebrochen. Mbappé hat sich aber schwergetan (mon dieu, diese Maske!), gab erst nach einer knappen Stunde seinen ersten Torschuss ab. Doch dergleichen kann die herausragend besetzte französische Mannschaft natürlich kompensieren. Nachdem sie bei der EM vor drei Jahren im Achtelfinale noch an der Schweiz gescheitert war, gehört sie diesmal wieder zu den besten acht Nationen. Die Belgier vom Trainer Domenico Tedesco, zuletzt zweimal nacheinander in einem EM-Viertelfinale, reisen heim. „Am Ende hat ein Dreckstor entschieden“, sagte der belgische Torwart Koen Casteels: „Deshalb sind wir sehr frustriert.“

„Mit dem Achtelfinale beginnt ein neues Turnier“, hatte ein von der eigenen Vorrundenleistung nicht gerade begeisterter französischer Nationaltrainer Deschamps gesagt und damit suggeriert, dass man ab dem vierten Spiel ein anderes Frankreich zu sehen bekäme. Zu diesem Zweck hat er im Stürmer-Bingo zunächst die Zahlen 7 (Antoine Griezmann), 10 (Mbappé) und 15 (Marcus Thuram) gezogen – dieser Trainer verfügt über eine unglaubliche Auswahl an hochkarätigen Stürmern.

Das Achtelfinale bietet ein überschaubares Spektakel – so eine Art Schach der Großmeister

Genützt hat das aber zunächst wenig. Frankreich und Belgien waren in ihren drei Vorrunden-Spielen bloß auf ein mageres Torverhältnis von je 2:1 gekommen (beide nur als Gruppenzweiter), und entsprechend stellte sich dann auch die torlose erste Halbzeit dar. Ein belgischer Freistoß von Kevin De Bruyne hier, ein französischer Kopfball von Thuram und ein strammer Schuss von Aurelien Tchouameni da – mehr war nicht.

Viele EM-Fans freuen sich bereits auf das Viertelfinale zwischen Deutschland und Spanien am kommenden Freitag wie auf ein vorgezogenes Endspiel, aber wenn man die Weltrangliste zurate zieht, dann gibt es derzeit zumindest auf dem Papier kein heißeres europäisches Duell als dieses zwischen dem Zweiten Frankreich und dem Dritten Belgien. Im Schatten des Führenden Argentinien maßen hier die Platzhirsche des kontinentalen Fußballs ihre Kräfte – allerdings bedeutete dies streckenweise ein überschaubares Spektakel – so eine Art Schach der Großmeister.

Natürlich wurde das Spiel rasanter, musste es auch, nach dieser ersten Halbzeit. Die Belgier ließen die Franzosen zwar machen, lauerten aber zunehmend auf Konter. Romelu Lukaku ist ein steter Gefahrenherd, sein Nebenmann Lois Openada, der Leipziger, der erstmals von Beginn an auflaufen durfte, wurde nach einer Stunde durch Orel Mangala ersetzt.

De Bruyne hätte die Franzosen kurz vor Schluss beinahe aus dem Turnier geschossen, aber der Franzose Mike Maignan ist einer der besten Torhüter der EM. Fast im Gegenzug schoss der frühere Frankfurter Kolo Muani, nach einer Stunde gekommen für Thuram, den Belgier Vertonghen an und die Franzosen damit spät ins Viertelfinale und ins späte Glück.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

DFB-Gegner Spanien bei der EM
:Auf den Schreckmoment folgt ein Festival

Die Gegentrefferquote spricht für Spanien, die Zahl der Abschlüsse, das Selbstbewusstsein ohnehin. Auch kurze Konfusion kann das Team verkraften, weil die Tore fallen – vor dem Viertelfinale gegen das DFB-Team ist die Zuversicht der Spanier enorm.

SZ PlusVon Javier Cáceres

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: