Fußball: EM der Frauen:Ein Grund zum Feiern

Eine Oma in Italien, ein Antrag aus den USA und lästige Stürmerinnen: Die Frauen-Elf des DFB sollte sich im EM-Viertelfinale gegen Italien nicht nervös machen lassen.

Kathrin Steinbichler

In der kleinen Gemeinde Nals in Südtirol, in dem die Verwandtschaft von Nadine Angerers Vater lebt, summen an diesem Freitag die Fernseher. Die Leute in dem Landstrich zwischen Bozen und Meran kennen die Torfrau der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft nicht erst, seit sie bei der WM 2007 in China als erste überhaupt ohne Gegentor blieb und so zur Schlüsselfigur des WM-Siegs wurde.

Immer wieder einmal schaut Nadine Angerer zu Kurzbesuchen bei der Oma vorbei, und oft kommt dann in Supermarkt oder Restaurant die Frage: "Bist du s'Angerer-Madl?" Als Italienerin freilich hat sich die gebürtige Fränkin nie gefühlt, wenngleich sie glaubt: "Meine Lässigkeit und Lebenslust, das ist eher italienisch." Am Freitag (15 Uhr/ live in ZDF und Eurosport) steht für die deutschen Fußballerinnen nun das Viertelfinale der EM in Finnland an, es geht gegen Italien, und Angerer sagt: "Ich weiß, wie mein Vater tickt, und kann mir deshalb vorstellen, wie die Italienerinnen ticken. Sie sind willensstark und emotional."

Italien ist gut drauf

Die Azzurri jedenfalls gelten als Überraschungsmannschaft bei dieser EM: Schon im ersten Vorrundenspiel machte die Mannschaft von Nationaltrainer Pietro Ghedin von sich hören, als sie Gruppenfavorit England 2:1 besiegte. Der 0:2-Niederlage im zweiten Spiel gegen Schweden folgte ein 2:0 gegen Russland, das daraufhin die Heimreise antreten musste. "Geduld ist eine Tugend", meinte Ghedin, der nach der enttäuschenden EM 2005 Carolina Morace abgelöst und seitdem das Niveau der Auswahlteams kontinuierlich verbessert hat.

Im vergangenen Jahr gewannen Italiens U19-Frauen den EM-Titel, eine der aufstrebenden Jungen, Verteidigerin Sara Gama, vertraut Ghedin schon jetzt. Daneben kommt es aber für die Deutschen vor allem darauf an, den als lästig geltenden, erfahrenen Stürmerinnen Patrizia Panico und Melania Gabbiadini sowie Mittelfeldspielerin Tatiana Zorri keinen Platz zu geben. Auf Mittelfeldspielerin Carolina Pini wiederum freut sich vor allem Linksaußen Melanie Behringer: Die beiden spielen sonst gemeinsam beim FC Bayern München.

Überzeugendes DFB-Team

Bislang hat keine andere Mannschaft im Turnier sich als echte Gefährdung für die deutschen Titelverteidigerinnen gezeigt, gerade deshalb mahnt die Bundestrainerin ihre Mannschaft umso mehr zur Konzentration: "Italien ist ein unangenehmer Gegner. Sie stehen sehr defensiv und sind äußerst gefährlich über ihre schnellen Konter. Das Team hat im Turnierverlauf gezeigt, dass sie aus einer halben Chance Tore machen können." Die turniererfahrenen Deutschen wissen, dass es in den K.o.-Runden gilt, die Leistung noch einmal zu steigern, und wenngleich Abwehrchefin Ariane Hingst betont, "keinen Gegner auf die leichte Schulter" nehmen zu wollen, ist Torfrau Nadine Angerer doch überzeugt: "Eigentlich sehe ich keine Mannschaft, die uns das Wasser reichen kann, wenn jede Spielerin von uns alles abruft."

Ihr Gegenüber, Italiens Torfrau Anna Maria Picarelli, hat schon jetzt allen Grund, diese EM als gelungen zu bezeichnen. Die 24-Jährige ist in Kalifornien als Enkelin italienischer Einwanderer geboren und entschied sich 2007 für Italien zu spielen, weil sie nach Jahren in den amerikanischen Junioren-Auswahlen keine Chance sah, es in die A-Auswahl zu schaffen. Nach zwei Jahren beim italienischen Uefa-Cup-Halbfinalisten CF Bardolino Verona spielt Picarelli inzwischen wieder in ihrer Heimat bei Los Angeles Legends. Zum 2:1-Auftakterfolg gegen England war ihr Freund aus den USA angereist, und Picarelli lief nach dem Schlusspfiff zu ihm. "Ich habe ihm gesagt, dass er mir Glück gebracht hat. Da sagte er, dass er nicht nur hier sei, um Glück zu bringen. Er hat mir den Ring gezeigt, ist vor mir auf die Knie gegangen und hat um meine Hand angehalten." In Italien wissen sie eben, wie man auch ohne Titel feiert.

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