Fußball-EM 2020:Blamage für Brüssel

New Eurostadium pictured during the press conference PK Pressekonferenz of Ghelamco in Brussels Bel

Wird nicht rechtzeitig fertig: Das Eurostadion in Brüssel.

(Foto: imago/Panoramic International)

Belgiens Hauptstadt scheidet als Spielort für die in mehreren Ländern stattfindende Europameisterschaft 2020 aus. Wegen politischer Reibereien zwischen Wallonen und Flamen könnte das neue Stadion nicht fertig werden. Das ist der Uefa zu riskant.

Von Thomas Kirchner, Brüssel

Weil Brüssel sein neues Stadion vielleicht nicht rechtzeitig bauen kann, ist die Stadt nicht mehr Austragungsort bei der Fußball-Europameisterschaft 2020. Das gab die Uefa am Donnerstag in Nyon/ Schweiz bekannt. Die drei Gruppenspiele, die in der belgischen Hauptstadt hätten stattfinden sollen, werden ins Wembleystadion nach London verlegt. Das Eröffnungsspiel, für das Brüssel ebenfalls im Gespräch war, findet in Rom statt.

"Wir haben mit Brüssel lange diskutiert, aber nicht alle geforderten Dokumente erhalten. Bis heute wissen wir nicht, ob sie ein Stadion bauen können oder nicht", sagte Uefa-Präsident Aleksander Čeferin: "Experten haben uns gesagt, dass das Risiko für die Uefa zu groß sei, wenn wir weiter warten würden."

Für Belgien ist die Entscheidung eine riesige Blamage. Der Brüsseler Sportstadtrat Alain Courtois sprach von einem "gewaltigen Rufschaden" und Einnahmen in Höhe von 100 bis 200 Millionen Euro, die nun verloren gingen. Allerdings hatte sich das Votum seit Monaten angedeutet, die Verantwortlichen konnten sich darauf einstellen. Das Land hatte versprochen, bis zum EM-Beginn eine neue Spielstätte fertigzustellen. Sie soll das abgetakelte, nicht mehr Uefa-taugliche König-Baudoin-Stadion ersetzen, in dem derzeit noch die Nationalmannschaft spielt. Allerdings wurde die am 14. September eingereichte Baugenehmigung für das 300 Millionen Euro teure Projekt noch immer nicht bewilligt.

Das liegt vor allem an politischen Reibereien zwischen Wallonen und Flamen. Das neue Eurostadion soll auf einem großen Parkplatz gebaut werden, ein paar hundert Meter nördlich des bisherigen Stadions. Das Gelände gehört der Stadt Brüssel, liegt aber auf dem Gebiet der flämischen Gemeinde Grimbergen in der Provinz Flämisch-Brabant. Die Flamen zeigen wenig Neigung, den Brüsselern entgegen zu kommen. Zunächst weigerten sie sich, eine über das Gelände verlaufende Zugangsstraße aufzugeben. Inzwischen ist die Rede von Umweltnormen, die nicht eingehalten werden. Außerdem sei das Stadion zu groß geplant, heißt es, und die Aufteilung in Spiel- und Büroflächen entspreche nicht den gesetzlichen Vorschriften.

"Dies wird kein Nationalstadion und kein Fußballstadion, sondern ein Bürogebäude", ätzte ein Politiker der nationalistischen flämischen Regierungspartei N-VA. Ursprünglich sollte Belgiens Rekordmeister RSC Anderlecht in die neue Arena umziehen, war aber im Februar kurzerhand ausgestiegen. Das Projekt entspreche nicht mehr seinen Interessen, teilte der Verein mit.

Ob überhaupt gebaut wird, ist unklar. Der Bauträger Ghelamco hat dies zwar versichert, doch ist kaum einheitlicher Wille in der Politik zu erkennen. Einige plädieren auch für einen Umbau des Baudoin-Stadions.

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