Vor der EM hat ein Bericht des ZDF Aufregung verursacht, weil er den Kontrollfetischismus der Uefa illustrierte, dem die Ausrichterstädte scheinbar machtlos ausgeliefert sind. Angeblich, hieß es darin, sei sogar festgelegt, dass die VIP-Sitze im Stadion zehn Zentimeter breiter sein müssen als jene für normales Publikum, 60 anstatt 50 Zentimeter. Dazu überall nur Uefa-Sponsoren rund um die Stadien, so weit das Auge reicht. Wie soll man da den Gästen aus Europa die deutsche Fußballkultur nahebringen?
Nun, eine von vielen Antworten gibt es in Köln vor dem Stadion zu sehen, für die EM umbenannt in Cologne Stadium. Dort steht bei Heimspielen des 1. FC Köln der „FC-Tresen“, und dort steht auch bei EM-Spielen der „FC-Tresen“. Auf den Preislisten findet sich ausschließlich Bier des Uefa-Partners Bitburger, der auch auf den Bechern wirbt. Das Logo der Kölsch-Marke Gaffel, das Wappen des 1. FC Köln, beides überklebt. Aber wer genau auf das Schild am Dach über dem Tresen schaut, sieht dort einen überraschenden Hinweis auf ein Kölner Kulturgut. Dort steht, in Weiß auf grünem Grund, neben Abbildungen der herkömmlichen Limonaden: „Kölsch“. Und der Mann hinterm Tresen bestätigt: „Ja, bei uns gibt es nur Kölsch.“
„Wie die Kölner es angestellt haben, das Bitburger-Monopol zu brechen, bleibt nebulös“
Tatsächlich berichtete der Express vor dem EM-Start darüber, dass Köln die einzige Stadt sei, in der auch in den von der Uefa okkupierten Bereichen am Stadion und in der Fanzone „lokales Bier“ ausgeschenkt werde, und nicht nur das Pils vom Vertragspartner Bitburger. „Der Kölsch-Knaller zur EM“, titelte die lokale Boulevardzeitung und erwähnte mit gewisser Genugtuung, dass „auf dem Trockenen sitzenbleiben“ werde, wer etwa in der Nachbarstadt Düsseldorf ein Alt bestelle. In Köln dagegen werde Gaffel ausgeschenkt. Bloß das Logo darf nicht zu sehen sein.
Die Sache wuchs zum lokalen Politikum, die Neue Rhein-Zeitung berichtete von „Irritationen“ in Düsseldorf und zitierte einen Stadtsprecher. „Unserer Anfrage, ein lokales Bier ausschenken zu dürfen, wurde leider nicht entsprochen“, sagte er: „Der Biersponsor der Uefa hat hier ein alleiniges Ausschankrecht und hat in unserem Fall auf diesem bestanden.“ Die Uefa, hieß es, habe schlicht auf erfolgreiche Verhandlungen zwischen Bitburger und Gaffel verwiesen. Der WDR konstatierte: „Wie die Kölner es angestellt haben, das Bitburger-Monopol zu brechen, bleibt nebulös.“
Doch wie auch immer es geschah: Die meisten Fans haben in Köln bislang einen ziemlich zufriedenen Eindruck gemacht. Selbst wenn mal wieder eine Straßenbahn nicht fuhr, zum Beispiel nach dem schwer verständlichen Hinweis, der „train“ sei leider „broken“ (schwer verständlich, weil auch die Lautsprecheranlage „broken“ war), haben das die Gäste, in dem Fall die Belgier und Rumänen, eher achselzuckend als wütend hingenommen. Die Schotten waren bekanntlich auch hoch vergnügt, einer badete ja sogar im Rhein. Und die Vermutung liegt durchaus nahe, dass dabei auch das lokale Bier eine Rolle gespielt hat. Auch wenn sie vielleicht gar nicht immer wussten, dass sie es tranken.