Natürlich sah Luka Doncic das Spiel. Dafür nimmt der Basketballprofi, geboren in Ljubljana, sich die Zeit – selbst inmitten der Finalserie in der NBA. Doch die Grußbotschaft an die Nationalelf sendete ein anderer slowenischer Sportler, auch er einer der weltbesten seiner Disziplin. Tadej Pogacar, zweimaliger Tour de France- und diesjähriger Giro-Sieger, wünschte seinen Landsmännern auf der Videoleinwand vor dem Spiel gegen Dänemark viel Glück, „veliko sreče!“
Einen Fußballspieler von diesem Format hat Slowenien nicht, das kleinste Teilnehmerland ist einer der großen Außenseiter der Europameisterschaft. Slowenien ist etwas größer als Rheinland-Pfalz, beziehungsweise, dieser Vergleich muss sein, so groß wie mehr als 2,5 Millionen Fußballfelder. Und doch hat das kleine Land zwei Ausnahmekönner: Torwart Jan Oblak, 31, und Stürmer Benjamin Sesko, 21. Ein Topspieler zwischen den Pfosten, einer im gegnerischen Strafraum, das ist vielversprechend, eine solche Mannschaft kann überraschen.
Und ebendies tat sie in ihrem Auftaktspiel gegen Dänemark, erreichte gegen den EM-Halbfinalisten von 2021 ein 1:1. Routinier Oblak hielt das Versprechen und somit alle Bälle, die er halten konnte. Sesko, der seinen Vertrag mit RB Leipzig jüngst bis Sommer 2029 verlängert hat, ackerte gegen die dänische Dreierkette. Jedoch fanden ihn nur wenige Pässe, bis zur 65. Minute hatte er den Ball nur 18 Mal am Fuß gehabt. Es wurde deutlich, dass den Slowenen ein Spieler fehlt, der den langen Weg von Oblak zu Sesko überbrücken kann.
Ein Spieler wie Christian Eriksen. Er schenkte seiner Elf in der ersten Halbzeit die Kontrolle, lenkte das dänische Spiel, verlagerte es klug von links nach rechts und rechts nach links. Drei Jahre, 1100 Tage, liegt sein Herzstillstand im Eröffnungsspiel der EM 2021 gegen Finnland zurück. Sein Tor in der 17. Minute gegen Slowenien ist bereits jetzt eine der Geschichten dieses Turniers.
Das Spiel, das sich nach der skandinavischen Führung entwickelte, glich zusehends einer Bergetappe. Meist war es für die Spieler (und die Zuschauer) harte Arbeit. Beide Mannschaften traten mit einem Doppelsturm und robusten Verteidigern an, die Partie war arm an Torchancen, aber reich an Zweikämpfen und Grätschen.
„Wir waren ein wenig eingeschüchtert in der ersten Halbzeit, aber nach der Pause haben wir besser gespielt“, sagte Sloweniens Trainer Matjaz Kek. Seine Mannschaft wurde dann aber in der zweiten Halbzeit immer mutiger, begab sich aus dem Deckungsschatten und attackierte. Und die Dänen? „Wir wurden zu passiv“, sagte ihr Trainer Kasper Hjulmand. Zunächst ließ Sesko mit einem wuchtigen Distanzschuss das Aluminium erzittern, dann traf Erik Janza ins Netz. Sein Schuss fand den Weg an das Bein von Morten Hjulmand, vorbei an Keeper Kasper Schmeichel und hinein in das Tor.
Beinahe hätten die slowenische Nationalflagge und das Trikot die Blaupause für das Spiel geboten. Auf ihnen ist der Triglav abgebildet, der höchste Berg des Landes, dessen drei Gipfel sich in den Himmel erheben. Eriksens Tor war in einem Spiel auf ansonsten niederem Niveau der erste Höhepunkt, Janzas Ausgleich die zweite Spitze. Doch das Spiel und die Anhänger auf beiden Seiten warteten vergebens auf einen dritten Gipfel. Die Kraft war den Teams ausgegangen, sie einigten sich, auf den dritten Anstieg zu verzichten.
Für beide Teams folgt am Donnerstag die nächste Etappe. Slowenien trifft in München auf Serbien, Dänemark in Frankfurt auf England. Aus deutscher Sicht sind die Spiele interessant: Als Gruppensieger würde Julian Nagelsmanns Elf im Achtelfinale auf eine dieser Mannschaften treffen, den Zweitplatzierten.
Hinweis: In der ursprünglichen Version dieses Beitrags hieß es, Slowenien sei so groß wie 2839 Fußballfelder. Da gab es leider einen Umrechnungsfehler von Fußballfeldern in Quadratkilometer, den wir korrigiert haben. Hinzu kommt: Fußballfelder können unterschiedlich groß sein, so dass sich das nicht ganz genau, sondern nur grob umrechnen lässt.