Süddeutsche Zeitung

Fußball:Durchatmen!

Die FC-Bayern-Fußballerinnen stehen nach ihrem Qualifikations-Erfolg über Real Sociedad in der Gruppenphase der Champions League - auch dank eines Doppelpacks von Linda Dallmann. Bei einer Niederlage hätte die Saison schon einen großen Makel gehabt.

Von Christoph Leischwitz

Es wird Linda Dallmann ziemlich egal sein, ob das 2:0 vom Donnerstagabend nun ihr zugesprochen oder doch als Eigentor ihrer Gegenspielerin Michael Specht verbucht wird. Ebenso wenig wird es sie interessieren, ob bei ihrem Zuspiel auf Lea Schüller in der achten Spielminute die Angreiferin tatsächlich im Abseits stand, bevor sie den Ball ins Tor schob. Überhaupt dürfte es der 28-Jährigen einfach schnuppe sein, dass der Sieg gegen Real Sociedad mit 3:1 (3:1) eigentlich zu niedrig ausgefallen war.

Erstens aus einem ganz naheliegenden Grund: Die Gruppenphase der Champions League ist erreicht, und das sei ja auch "der Anspruch unserer Mannschaft", sagte Dallmann. Wären die Bundesliga-Tabellenzweiten aus der Vorsaison gegen die Tabellenzweiten der Primera División aus der Vorsaison ausgeschieden, es hätte angesichts eines ziemlich leeren Terminkalenders in den kommenden Monaten viele Gelegenheiten gegeben, sich Sinnfragen zu stellen. Also: ob man nun dafür Trainer Alexander Straus aus Norwegen geholt hat, oder die Europameisterin Georgia Stanway aus England, um dann an den besonders wichtigen Abenden vor dem Fernseher zu sitzen. "Champions League ist das, wofür wir trainieren", findet Dallmann.

Der zweite Grund: In diesem Spiel zeigte sich, dass die Mannschaft in ihrer Entwicklung Fortschritte macht. Beim eher mauen 3:0-Erfolg in der Bundesliga über Werder Bremen vier Tage zuvor hatte der Trainer noch gefordert, mehr Chancen zu kreieren - das gelang diesmal fast schon spielerisch. Aber eben auch kämpferisch, mit mehreren Balleroberungen am gegnerischen Strafraum. Dallmann hatte schon früh das 1:0 erzielt (18.), diesmal ging der Plan auf.

Es wäre schon ein "heftiger Schlag" gewesen, auszuscheiden, räumt Trainer Straus nun ein

Das, was man offensiv zu sehen bekam, das sei ein "kurzer Blick" auf das gewesen, was er mit den Spielerinnen vorhabe, sagte Straus. Im Prinzip ist so früh in der Saison, mit einem neuen Chef an der Seitenlinie und einer neuen Chefin namens Stanway auf dem Platz, jedes Spiel auch irgendwo noch ein Testspiel. Das Rückspiel gegen Real Sociedad freilich war eher eine Gratwanderung aus Test- und K.-o.-Spiel, "das bisher wichtigste der Saison" (Dallmann), und jetzt wisse man schon sehr viel genauer, wohin die Reise gehe: "Mit Georgia wussten wir ja auch nicht genau, wie sie läuft, wo sie hinspielt. Ich glaube, es ist schon strukturierter nach vorne jetzt", sagte die Mittelfeldspielerin, die vor dem 2:0 (23.) von Stanway steil geschickt worden war. Es sei eben wichtig, dass man sich immer besser kennenlerne.

Es wäre schon ein "heftiger Schlag" gewesen, auszuscheiden, räumte Straus nun ein, die Konsequenzen habe man sich ehrlicherweise vorab gar nicht so richtig vorgestellt. Er musste weiterhin einräumen, dass es sich ja auch nur in der ersten Halbzeit um das Spiel handelte, das er, der selbsterklärte Kontrollfreak, gerne sehen möchte. Streng genommen begann der Schlendrian schon kurz vor dem Pausenpfiff, als die Gäste aus dem Nichts den 1:3-Anschlusstreffer erzielten - gerade einmal zwei Minuten nach der vermeintlichen Entscheidung, dem 3:0 durch Lea Schüller. Und in der 48. Minute strich der Ball ganz knapp am Pfosten der Münchnerinnen vorbei. Und auch wenn die eingewechselten Jovana Damnjanovic und Emelyne Laurent das Spiel noch einmal ein wenig belebten, so befand sich die Mannschaft trotzdem die meiste Zeit in einem vom Trainer ungeliebten Verwaltungsmodus.

Insofern ist es von Vorteil, wenn nach dem Spiel am Sonntag in Duisburg (16 Uhr) die Mannschaft dank der Länderspielpause Zeit bekommt, sich noch ein bisschen besser kennenzulernen (auch wenn die zahlreichen Nationalspielerinnen dann freilich fehlen). Am kommenden Montag findet die Auslosung der Gruppenphase statt, danach kann Straus das Team dann auf die kommenden Gegnerinnen einstellen, die vom 19. Oktober an warten. "Die Gegner sind mir ganz egal", sagte Lea Schüller in die Freude über den Sieg hinein, man müsse ja sowieso jeden schlagen, wenn man so weit kommen wolle, wie sie es sich zum Ziel gesetzt hätten: ins Finale nämlich. Schüller hatte mit ihrem Tor im Hinspiel und dem zwischenzeitlichen 3:0 am Donnerstag, ihrem 50. Treffer für den FC Bayern, maßgeblichen Anteil daran, dass die Saison jetzt nicht schon gefühlt vorbei ist, sondern gerade erst so richtig beginnt.

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